Impeachment gegen Trump: "Politisches Theater"

Grafik: TP

Zweites Amtsenthebungsverfahren gegen ehemaligen US-Präsidenten erreicht erst nach dem Ende seiner Amtszeit den Senat

Drei Wochen nach dem Personalwechsel im Weißen Haus begann der Senat gestern eine Debatte über ein Amtsenthebungsverfahren. Es richtet sich nicht gegen den amtierenden Präsident Joseph Biden, sondern gegen den bereits ausgeschiedenen Donald Trump. Deshalb ist die Zulässigkeit des Verfahrens umstritten: Sektion 9 des Artikels 1 der US-Verfassung verbietet dem Kongress nämlich, über Schuld und Unschuld einfacher Bürger zu entscheiden - dies ist auch dem Gewaltenteilungsgrundsatz nach alleine der Judikative vorbehalten.

Memorandum von Trumps Anwälten

Die Demokraten, die dieses zweite Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anstrengten, argumentieren deshalb, dass es im Repräsentantenhaus am 13. Januar in Gang gesetzt wurde, als der Republikaner noch sieben Tage im Amt war. Zudem drehe es sich um ein Ereignis, das am 6. Januar geschah: Donald Trumps Rede auf einer Demonstration in Washington (vgl. Amtsenthebung kurz vor Amtsende?). Die Anwälte des Ex-Präsidenten entgegneten in einem am Montag veröffentlichten Memorandum auf den Vorwurf, bei dieser Rede habe es sich um eine "Anstiftung zum Aufruhr" gehandelt, dass der damalige Präsident darin explizit dazu aufrief, sich "friedlich" zu verhalten.

Die darin ebenfalls vorgebrachte Meinung, ihm und den Amerikanern sei die Wahl "gestohlen" worden, ist dem Memorandum nach von der Redefreiheit gedeckt. Das Wort "Kämpfen" habe der damalige Präsident erkennbar metaphorisch eingesetzt. Dass die Randalierer nicht von dieser Rede zu einem gewaltsamen Handeln angeleitet wurden sei auch daran erkennbar, dass die Sicherheitsbehörden bereits vorher über Erkenntnisse zu möglichen Attacken verfügten und dass sich der später entsprechend auffällige Teil der Demonstranten bereits 19 Minuten vor dem Ende von Trumps Rede Richtung Kapitol absetzte. Daran ändere auch die Trump-Made-Me-Do-It-Strategie nichts, mit der die Anwälte von mindestens zwölf der Randalierer derzeit versuchen, die Schuld ihrer Mandanten vor Gericht als möglichst gering darzustellen.

Supreme Court legte 1969 drei Voraussetzungen für den Tatbestand fest

Würde der Vorwurf der Anstiftung zum Aufruhr nicht vor dem Kongress, sondern vor einem regulären Gericht verhandelt, könnte Trump mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Freispruch rechnen. Im 1969 verhandelten Fall Brandenburg v. Ohio hat der Supreme Court nämlich drei Voraussetzungen festgeschrieben, die erfüllt sein müssen, damit dieser Tatbestand zutrifft: Außer der "Ermutigung zu gewalttätigen oder gesetzlosen Handlungen" gehört dazu auch ein nachweisbarer Wunsch des Redners und eine objektive Wahrscheinlichkeit, dass sich dieser Wunsch durch die Rede erfüllt.

Wäre es anders, müssten sich auch Demokraten davor fürchten, angeklagt zu werden. So kommentierte beispielsweise die demokratische Repräsentantenhausabgeordnete Cori Bush am Wochenende einen Gefängnisaufstand in St. Louis mit dem verkürzten Martin-Luther-King-Zitat "A riot is the language of the unheard", ohne zu erwähnen, dass der Bürgerrechtler in der Rede, in der er das sagte, Gewalt explizit verdammte. Sogar die demokratische Repräsentantenhaussprecherin Nancy Pelosi müsste sich dann fragen lassen, ob ihre 2017 abgesetzte Behauptung "Unsere Wahl wurde gehijackt!" nicht mit verantwortlich für Ereignisse wie das ungenehmigte Eindringen von Kohlendioxidausstoßgegnern in den Kongress am 13. November 2018 war.

Candace Owens zieht Kandidatur 2024 in Betracht

Viele Republikaner werten das zweite Amtsenthebungsverfahren aber nicht nur deshalb als "politisches Theater", sondern auch, weil es im Senat weit von der nötigen Zweidrittelmehrheit entfernt ist. Außer ihren 50 Stimmen bräuchten die Demokraten im Senat dazu mindestens die von 17 Republikanern - aber nur fünf tendieren dazu, in dieser Frage mit der gegnerischen Partei zu votieren: Mitt Romney, Ben Sasse, Susan Collins, Lisa Murkowski und Pat Toomey.

Ob das vom Demokratischen Mehrheitsführer Charles Schumer vorgebrachte Argument, ein mit Zweidrittelmehrheit verabschiedetes Amtsenthebungsverfahren ermögliche es anschließend mit einfacher Mehrheit, Trump die erneute Annahme politischer Ämter zu verbieten, wesentlich mehr republikanische Senatoren anzulocken vermag, ist fraglich. Viele fürchten, damit einen Teil ihrer Wähler vor den Kopf zu stoßen - und hinter dem spätestens am 6. Januar politisch "verbrannten" Trump hat sich längst eine Generation neuer und aussichtsreicherer potenzieller Kandidaten aufgebaut - darunter die in Sozialen Medien sehr präsente Candace Owens, die am 6. Februar bekannt gab, sie denke bereits über ein Antreten nach.

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