In den USA boomt das Geschäft mit Schusswaffen
Vor allem seit Obamas Präsidentschaft und der Radikalisierung der Konservativen rüsten die Amerikaner nach der Devise auf, dass der Besitz von Schusswaffen für mehr Sicherheit sorge
Nach dem Amoklauf in Newton im Dezember 2012, bei dem 20 Schüler und sechs Lehrkräfte getötet wurden, wollte die US-Regierung schärfere Gesetze für den Kauf und Besitz von Waffen, ein Verbot von halbautomatischen Waffen und die Begrenzung der Zahl der Kugeln in einem Magazin auf 10 durchsetzen. Die Gesetzesvorschläge scheiterten jedoch im Kongress, nur in einigen Bundesstaaten wie in Kalifornien, Connecticut, Maryland oder New York wurden schärfere Gesetze verabschiedet.
Schon im Vorfeld der von der US-Regierung geplanten Gesetze stiegen die Waffenkäufe weiter an, es kam zu ersten Versuchen, Waffen mit 3D-Druckern herzustellen, und die Waffenlobby forderte, dass in jeder Schule bewaffnete Sicherheitskräfte zum Schutz der Schüler eingesetzt werden sollen. Manche Hersteller üben Druck auf die Politik aus und drohen mit Verlagerung, wenn schärfere Gesetze eingeführt werden sollten. So hatte Beretta letztes Jahr angekündigt, die Fabrik aus Maryland nach Tennessee zu verlegen. Im Mai 2013 trat in Maryland, wo ein Gouverneur der Demokraten regiert, ein schärferes Waffengesetz in Kraft.
Seit Jahren steigen die Verkäufe von Schusswaffen, die Amerikaner rüsten auf, um sich zu schützen, weil so viele Waffen im Umlauf sind und auch schnell geschossen wird. Nicht zuletzt sind die Polizisten in den USA schießfreudig und töten, seit Januar dieses Jahres sind mindestens 318 Menschen von Polizisten mit Schusswaffen getötet worden. Insgesamt starben durch Gewalt mit Schusswaffen nach Auswertungen von Medienberichten seit 1. Januar 2015 über 3200 Menschen, über 5700 wurden verletzt.
Offizielle Zahlen gibt es dank der mächtigen Waffenlobby nicht. Die NRA hatte 1993 ihren Einfluss geltend gemacht, um eine solche Zählung zu verhindern, nachdem die Centres for Disease Control (CDC) eine Statistik veröffentlicht hatten, dass das Risiko für Mitglieder eines Haushalts steigt, durch eine Schusswaffe getötet zu werden, wenn eine solche in dem Haushalt vorhanden ist (Warum es in den USA keine offiziellen Zahlen zu Schusswaffenopfern gibt). Das CDC zählt nur die Todesfälle in 16 Bundesstaaten und kommt hier für 2012 bereits auf 9.786 Menschen, die mit Schusswaffen getötet wurden.
2013 brummte die Waffenindustrie. Nach den Zahlen des the Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives (ATF) wurden 2013, neuere Zahlen liegen noch nicht vor, mit 10,8 Millionen produzierten Schusswaffen ein Rekord eingestellt. Der Grund ist, dass sich viele Menschen noch schnell mit Schusswaffen eindecken wollten, bevor schärfere Gesetze kommen, die Hersteller rechneten also mit einem Boom. Allerdings steigen die Waffenverkäufe schon seit einigen Jahren an, genauer: seit dem Amtsantritt von Barack Obama, der zur Radikalisierung der Konservativen etwa durch die Tea-Party-Bewegung geführt hat. Zwischen 2001 und 2007 schwankte die Produktion zwischen 3-4 Millionen Schusswaffen, 2008 wurden bereits 4 Millionen und 2012 8,6 Millionen hergestellt.
Entsprechend stieg auch die Zahl der "Background Checks" von Waffenkäufern, die das FBI durchführt. Wurden 1999 bis 2005 jährlich um die 9 Millionen Zulassungsprüfungen durchgeführt, so waren es 2006 erstmals 10 Millionen. Seitdem steigt die Zahl kontinuierlich an. 2010 waren es 14 Millionen, 2012 19 Millionen und 2013 bereits 21 Millionen.
Das Crime Prevention Research Center, dessen Präsident der Maxime folgt: "More Guns, Less Crime", hat vor kurzem eine Umfrage unter 53 Ökonomen gemacht, die zwischen 2007 und 2013 Studien über Waffengesetze veröffentlicht haben. Geantwortet haben allerdings nur 35, davon 32 aus den USA und Kanada, 2 kommen offenbar aus Australien, einer aus Schweden. Das hindert das "Forschungszentrum", das erklärt, "akademische Qualitätsforschung" zu betreiben, allerdings nicht daran, die Meinungen der nordamerikanischen Wissenschaftler gleichwertig mit denen der "Wissenschaftler aus der ganzen Welt" zu stellen, zu denen auch die nordamerikanischen gerechnet werden, weil man mit 3 Wissenschaftlern kaum eine Aussage machen kann. Warum ausgerechnet nur Wirtschaftswissenschaftler befragt wurden, wird nicht weiter begründet. Herauskam natürlich, dass mit überwältigender Mehrheit die These vertreten wird, dass Waffen mehr zur Selbstverteidigung als zum Begehen von Verbrechen werden, dass schusswaffenfreie Zonen Kriminelle anziehen, dass Schusswaffenbesitz die Zahl der Suizide nicht erhöht oder dass das verdeckte Mitführen von Schusswaffen die Sicherheit verbessert.
Gleichwohl scheint es sich tatsächlich um die Einstellung der meisten Amerikaner zu handeln. So sagten nach einer Pew-Umfrage 2014 57 Prozent der Befragten, Schusswaffen würden Menschen davor schützen, zu Opfern eines Verbrechens zu werden, 2012 sagten dies 48 Prozent. Nach einer ebenfalls 2014 von Gallup durchgeführten Umfrage waren 63 Prozent der Meinung, dass der Besitz von Schusswaffen eine Wohnung oder ein Haus sicherer machen würden. Im Jahr 2000 hatten dies erst 35 Prozent gesagt, 51 Prozent meinten damals noch, es würde das Zuhause gefährlicher machen. Republikaner sind mit 81 Prozent größere Waffenfreunde als Demokraten mit 41 Prozent, 67 Prozent der Männer fühlen sich mit Waffen sicherer, bei den Frauen sind es 58 Prozent.
Offenbar steigt die Angst in den USA. Und je mehr Waffen vorhanden sind, desto eher werden sich die Menschen aufrüsten, um für vermeintliche Sicherheit zu sorgen. Die USA liegen beim Waffenbesitz weltweit an der Spitze. Pro 100 Einwohner gibt es 90 private Schusswaffen. In Deutschland sollen es 30, in Polen 1,3 oder in Rumänien 0,7 sein.