In der Rolle eines Sozialarbeiters

Computersimulation soll Verständnis für die soziale Arbeit wecken

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Die Arbeit von Sozialarbeitern lässt sich auch als Arbeit mit dem Menschen beschreiben. Im Mittelpunkt steht die Hilfe zur Bewältigung in Krisensituationen. Um Verständnis für die vielschichtige Arbeitsweise der Sozialarbeit zu wecken, nutzt die Stadt Wien eine Computersimulation. Hier wird das Denken und Handeln in komplexen Systemen vermittelt.

Am Beispiel eines einfachen Falles aus der Alltagspraxis der Sozialarbeit kann sich der Spielende in die Rolle eines Sozialarbeiter der Stadt Wien versetzen und versuchen, diesen Fall zu lösen.

"Eine Schule meldet, dass ein dreizehnjähriger Schüler schon seit mehreren Monaten die Schule nur höchst unregelmäßig besucht und im letzten Monat den Schulbesuch völlig verweigert hat. Die Schule vermutet einerseits eine erhebliche Verwahrlosungsgefahr durch Herumtreiben des Buben mit Freunden, die ebenfalls nicht zur Schule gehen, andererseits befürchten die Lehrer auch eventuell einen depressiven Rückzug, weil der Bursche zu allen anderen Mitschülern den Kontakt völlig abgebrochen hat."

Die Simulation ist vom Spielansatz ähnlich aufgebaut wie das inzwischen berühmte Spiel "Ökolopoly" und dessen Nachfolger Ecopolicy 2. Auch hier hat man nur wenige Einflussmöglichkeiten, die man durch so genannte Aktionspunkte verändern kann. So wirkt bei der Umweltsimulation zum Beispiel mehr Aufklärung direkt auf den Grad der Umweltverschmutzung. Bei der Sozialarbeitersimulation gibt es neun Variablen, von denen der Spieler aber nur vier unmittelbar beeinflussen kann. Daraus ergibt sich eine indirekte Wirkung auf die anderen Variablen.

Die neun Variablen sind: "Maßnahmen der Sozialarbeiterin" (arbeitet an den Problemen des Jugendlichen), "Stimmung des Jugendlichen" (traurig, fad, antriebsarm), "Schulleistungen des Jugendlichen" (nicht genügend, bleibt sicher sitzen), "Arbeitsbelastung der Sozialarbeiterin" (kann mit Mühe die nötige Zeit aufbringen), "Einstellung der Mutter zum Problem" (der Junge hat auch seine guten Seiten), "Einstellung des Vaters zum Problem" (der Junge braucht eine harte Hand), "Streit der Eltern über das Problem" (vielleicht sollten wir mehr Zeit mit dem Jungen verbringen), "Alkoholkonsum des Vaters" (ab und zu greift er zur Flasche) und das "Schulklima" (neutral, sachlich). Einflussmöglichkeiten bestehen bei den Variablen "Maßnahmen der Sozialarbeiterin", "Arbeitsbelastung der Sozialarbeiterin", "Einstellung der Mutter zum Problem" und das "Schulklima". Auch wenn die Angaben recht klischeehaft sind, so entsprechen sie doch oft den typischen Alltagssituationen, denen Sozialarbeitern begegnen. Insgesamt können bis zu 21 Aktionspunkte vergeben werden, um Einfluss zu nehmen.

Das Computerspiel, das noch nicht für die breite Öffentlichkeit zugänglich ist, wurde von der Grundlagenforschung der MAG ELF (Amt für Jugend und Familie in Wien) in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften entwickelt. Die inzwischen preisgekrönte Forschungsarbeit (Sozialisationschancen und Betreuungsstrukturen) basiert auf umfangreichen Aktenanalysen. Die Studie unterstreicht die These, dass es keine typischen Familienkonstellationen gibt, die Devianz zwingend produzieren. Sie verdeutlicht den Zusammenhang, dass bestimmte Kommunikationsmuster eine gewünschte Entwicklung stützen. Insofern kann ein derartiges Spiel das Wissen über die Systemdynamik erweitern und dabei helfen, Verständnis für Handlungsstrategien und Zielsetzungen hinsichtlich der Effektivität der Maßnahmen zu wecken.

Im Spiel mit den veränderbaren Variablen erkennen die Teilnehmer nach jeder Spielrunde unmittelbar den Einfluss. Doch wie in der realen Praxis ergeben sich zum Teil gänzlich andere Reaktionen als von den Spielern intendiert. Den angenommenen Fall zu einem positiven Abschluss zu bringen, erscheint hier als Spielziel. Doch genauso wie in der Praxis scheinen die Spieler die Situation nicht komplett steuern zu können. Durch die unterschiedlichen Reaktionen auf das Setzen der Aktionspunkte kommen Stellungnahmen wie "Das ist ja gemein!" oder "Das ist frustrierend!". Die Spieler verstehen recht schnell, dass sich Verhaltens- oder Einstellungsänderungen nicht auf Anhieb ergeben. Die Kommentare kann man als Spiegelbild der Praxis der Sozialen Arbeit auffassen. Die Spieler erkennen, dass "Sozialarbeit eine schwierige und herausfordernde Arbeit" ist.

Es bleibt zu wünschen, dass die Spielhersteller sich eine Vertriebsform überlegen, damit diese Computersimulation der Sozialen Arbeit in den Ausbildungsbetrieb der Fachhochschulen Eingang finden kann. Zumindest sollte eine Onlinespielmöglichkeit keine allzu großen Schwierigkeit machen.