Indien: Modi und die ungeliebten Aktivisten
- Indien: Modi und die ungeliebten Aktivisten
- Auch Wasserkraft-Großprojekte bergen Gefahren
- Das Problem bleibt der steigende Energiebedarf
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In Indien verspricht Ministerpräsident Modi, dass Wirtschaftswachstum um jeden Preis die Lösung aller Probleme sei - hinduistischer Nationalismus ist für den pragmatischen Großunternehmer dabei nur "modernes" Mittel zum Zweck
In den drei Räumen von INSAF in New Delhi, einer Dachorganisation von etwa 700 NGOs, herrscht ein ständiges Kommen und Gehen: Hier erzählt beispielsweise eine Lehrerin aus dem Bundesstaat Bihar, dass sie von Lokalpolitikern erpresst wird, Geld für ihre Schule zu bezahlen, in der sie kostenlos Bildung für die Ärmsten zur Verfügung stellt - ansonsten werde die Schule geschlossen. Und ein Gewerkschaftler aus Bengalen, kämpft dafür, dass der neue Tarifvertrag für die Teepflücker einen Tageslohn von über zwei Dollar am Tag garantiert. Da Ministerpräsident Modi ständig davon redet, jeden Inder aus der Armut zu holen, müsste dies theoretisch in seinem Sinne sein.
Der Aktivist S. Dhar kommt gerade aus dem bengalischen Dorf Bhangar wo sich die Bewohner seit 2013 gegen den Bau eines Kohlekraftwerks auf ihrem Ackerland wehren: "Die Stimmung war aufgeheizt. Die Dorfbewohner und die Polizisten lieferten sich Scharmützel, als plötzlich Schüsse fielen - zwei Dorfbewohner wurden tödlich getroffen (Die Polizei bestreitet, die Schüsse abgegeben zu haben). Überall in Indien werden Menschen im Namen des öffentlichen Interesses von ihrem Land vertrieben. Wir versuchen, sie mit rechtlichen Beistand zu unterstützen."
"Nun hat uns die Regierung auch noch verboten ausländische Spendenmittel anzunehmen", sagt Wilfred d'Costa, der Vorsitzende von INSAF, und fügt mit fatalistischem Lächeln hinzu: "Im Jahr 2013 hatten sie unsere Konten eingefroren, mit der Begründung, unsere Aktivitäten richteten sich gegen das öffentliche Interesse. Der High Court sprach uns dann frei." Vor allem greife die Regierung INSAF wegen deren Unterstützung für die indische Anti-Atom-Bewegung an, erklärt d'Costa. Die veralteten russischen Reaktoren in Kudankulam seien nur die Spitze des Eisberges (vgl. Veraltete oder gar gefälschte Komponenten im indischen Kernkraftwerk Kudankulam?).
"Wir wollen", so der INSAF-Vorsitzende, "zudem darauf aufmerksam machen, dass unsere Regierung [für die Stromproduktion] plant, bis zum Jahr 2060 die Kapazität der Atomkraftwerke auf 600 GW zu erhöhen. Dies soll durch den Bau der neusten Generation an Schnellen Brütern erreicht werden. Allen Gefahren für zukünftige Generationen zum Trotz, will die Regierung mit allen Mitteln nicht nur militärische, sondern auch zivile Atommacht sein."
Ich wende ein, dass Indien es immerhin mit Demokratie versuche. In China würden Menschen wie er wahrscheinlich schon seit Jahren in einem Arbeitslager sitzen. D'Costa winkt ab. "Dass mit der Demokratie erzählen sie mal unser Regierung. Bis jetzt hat sie mehr als 200.000 Anzeigen gegen Anti-Atom Aktivisten gestellt." Es habe allein in Kudankulam Monate gegeben, da seien 6000 Menschen angezeigt, Krieg gegen den Staat zu führen - zehn Mal mehr als im umkämpften Kaschmir zur gleichen Zeit.
Tausende seien verhaftet, fünf Demonstranten erschossen worden: "In unserem Fall versucht es die Regierung jetzt mit dem Paragraphen 12, 4(e) des Foreign Contribution (Regulation) Acts von 2010 und den Foreign Contribution (Regulation) Rules von 2011. Diese besagen, dass einer Organisation, die ausländische Spendengelder erhält, die Lizenz entzogen werden kann, wenn gegen einen der Vorsitzenden ein gerichtliches Verfahren läuft. Egal, ob derjenige später freigesprochen wird oder nicht."
Im Jahr 2015 sind auch die Konten von Greenpeace Indien eingefroren worden. Amnesty International hat die indische Regierung auf die Fragwürdigkeit des Foreign Contribution Act hingewiesen. Wenn man bedenkt, dass gegen 34 Prozent der Abgeordneten der Lok Sabha (indisches Unterhaus) Verfahren anhängig sind, darunter Mord und Vergewaltigung, kann der Eindruck entstehen, dass es hier um anderes geht. "Alles was dem schnellen wirtschaftlichen Wachstum im Wege steht, soll mundtot gemacht werden, das war auch vor Modi nichts anders, nur drückt er jetzt aufs Tempo", setzt d'Costa hinzu.
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