Indien: Modi und die ungeliebten Aktivisten

Seite 3: Das Problem bleibt der steigende Energiebedarf

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Ende März zurück in New Delhi frage ich d'Costa ob es ihm denn lieber sei, wenn weiterhin 300 Millionen Inder ohne Stromanschluss blieben. Mit einem Lächeln, das besagt, er habe die Frage schon 100 Mal gehört, antwortet er: "Wir sind nicht gegen Fortschritt, sondern für Nachhaltigkeit der Projekte." Atomenergie sei nachweislich eine der teuersten Energien, dazu lade sie den zukünftigen Generation weitere Kosten und Gefahren auf:

Die Luftverschmutzung in unseren Städten ist apokalyptisch, und bis 2022 soll die Stromversorgung aus Kohle verdoppelt werden. Wenn Modi verspricht, in den nächsten fünf Jahren 100 GW Strom Kapazitäten aus Sonnenenergie zu gewinnen, sind wir mit ihm. Aber warum müssen es vor allen Großprojekte sein, die von ausländischen Konzernen finanziert werden?

(Wilfred d'Costa)

Was sagt er zum Vorwurf, dass Organisationen wie seine aus dem Ausland finanziert würden, um Indiens Entwicklung zu behindern? Auf seiner Website benennt INSAF das christliche Hilfswerk Brot für die Welt als seinen Hauptspender. "Das Verdrehen von Tatsachen und auf Nationalismus setzten, ist gerade überall in Mode - ob in Kudankulam oder in Jaitapur (wo der französische Konzern Areva in einem Erdbebengebiet das größte Atomkraftwerk Indiens baut): Es sind ausländische Ingenieure, die ausländische Anlagen bauen. Und es sind ansässige Bewohner und indische Aktivisten, die dagegen protestieren", klagt er.

Auch der Hugli, ein Mündungsfluss des Ganges, ist mit bis zu 1,5 Millionen Kolibakterien pro Zentiliter verschmutzt. Trotzdem werden seine Fische noch auf dem Markt verkauft. Foto: Gilbert Kolonko

Wie schätzt d'Costa die Lage nach Modis Wahlsieg in Indiens bevölkerungsreichsten Bundesstaat Utthar Pradesh ein? Wird es für Menschenrechts - und Umweltaktivisten noch schwerer als bisher? Der INSAF-Vorsitzende nickt. "Natürlich. Modi gaukelt vor, das ein schnell steigendes Wirtschaftswachstum die Lösung aller Probleme ist und somit höchstes öffentliche Interesse. Die Aktivisten, die auf die Folgen dieser Politik hinweisen, die Schäden für Mensch und Natur, handeln nach seiner Logik gegen das öffentliche Interesse."

Dabei sitzt der Premierminister genau genommen im Glashaus, wie d'Costa listig anmerkt. Weil Modi den Religiösen unter seinen Anhängern versprochen habe, zumindest den heiligen Ganges zu einem sauberen Fluss zu machen, verstoße er gewissermaßen ebenfalls gegen öffentliche Interesse. "Jeden Tag leiten mehr als 700 verschiedene Industrien 500 Millionen Liter ungeklärte Abwässer in den Ganges", sagt d'Costa und fügt mit bitterer Ironie hinzu: "Ein eindeutiger Wettbewerbsvorteil für die heimische Industrie würde bei einer Säuberung des Ganges zunichte gemacht."

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