Indien: Zwangsvegetarismus

Butterhuhn und Rindfleischmasala. Foto: Alpha. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Fleischgeschäfte und Restaurants werden mit Verweis auf fehlende Genehmigungen und Verstöße gegen Vorschriften geschlossen oder zum "freiwilligen" Zumachen während der Hindu-Fastenzeit gedrängt

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Vom 28. März bis zum 5. April fasten dieses Jahr nicht nur fromme Christen, sondern auch fromme Hindus, die während der neun Vasanta-Navaratri-Tage nicht nur kein Rindfleisch, sondern überhaupt kein Fleisch zu sich nehmen. In fünf indischen Bundesstaaten haben religiöse Aktivisten dieses Jahr Restaurants und Händler, die Fleisch anbieten, "gebeten", ihre Gaststätten und Geschäfte bis zum 6. April geschlossen zu halten. Angeblich halten sich alle ganz "freiwillig" daran.

Im mit gut 220 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten indischen Bundesstaat Uttar Pradesh wurden zudem zahlreiche Schlachthöfe und Fleischgeschäfte von der Polizei geschlossen. Diese Maßnahmen begründeten die Behörden mit fehlenden Genehmigungen und Verstößen gegen Hygiene-, Bau-, Umwelt- und andere Vorschriften. Fleischhändler, deren Läden zugemacht wurden, riefen darauf hin zu einem Streik auf und beschuldigten die Behörden, ausschließlich gegen Moslems vorzugehen und Hindu-Fleischhändler, die gegen Vorschriften verstoßen, in Ruhe zu lassen.

Der Korrespondent der BBC konnte diesen Vorwurf nach einer Überprüfung jedoch nicht bestätigen. Einen anderen Vorwurf räumten die Behörden von Uttar Pradesh ein: Dass viele der jetzt geschlossenen Geschäfte bereits sehr lange Zeit ohne Genehmigung existierten. Nun prüft man angeblich ein neues Schnellverfahren, mit dem sie Genehmigungen beantragen und ausgestellt bekommen können.

Der neue Regionalregierungschef: Ein vegetarisch und zölibatär lebender Hindu-Priester

Dass die Schließungen der Schlachthöfe und Fleischgeschäfte jetzt durchgeführt wurde, liegt daran, dass die Hindu-Partei BJP bei den Regionalwahlen Mitte des Monats mit knapp 40 Prozent Stimmenanteil die Zahl ihrer vorher 47 Sitze mehr als versechsfachen konnte und mit ihrer Dreiviertelmehrheit von 311 der insgesamt 403 Sitze den Hindu-Priester Yogi Adityanath zum Regionalregierungschef machte.

Der kahlgeschorene 44-Jährige, der in der Öffentlichkeit stets eine orangefarbene Robe trägt, lebt nach eigenen Angaben das ganze Jahr über vegetarisch und zölibatär. Seine Anhänger halten ihn teilweise für die Reinkarnation einer Gottheit und glauben, dass er mit seinen 500 Kühen, Affen, Hunden und Vögeln sprechen kann.

Umstritten ist der als möglicher Nachfolger des 20 Jahre älteren Ministerpräsidenten Modi gehandelte Politiker aber nicht deshalb, sondern wegen kritischer Äußerungen zum Islam, dem knapp ein Fünftel der Bewohner Uttar Pradeshs anhängt. Kongressparteipolitiker wie Manish Tewari werfen ihm unter anderem vor, dass er ein Einreisemoratorium nach US-Vorbild befürwortet und mit "Anti-Romeo-Streifen" die Verführung und Konversion von Hindu-Mädchen durch moslemische Männer verhindern will.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.