Industrieländer auf dem falschen Kurs

Seite 2: 6,6 Millionen Kubikmeter Atommüll

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Ein weiteres ungelöstes Problem der Menschheit, das angesichts der Klimakrise etwas aus dem öffentlichen Bewusstsein gerückt ist, ist die sichere Lagerung von Atommüll, der in den letzten 70 Jahren der Nutzung der Kernenergie angefallen ist. Wie in dem am gestrigen Montag erschienenen World Nuclear Waste Report 2019 - Focus Europe festgestellt wird, verfügt kein Land der Erde über ein funktionstüchtiges Endlager für abgebrannte atomare Brennstäbe.

Finnland ist das einzige Land, das derzeit ein Endlager baut, Schweden und Frankreich haben Standorte für zukünftige Endlager festgelegt. In den USA gibt es lediglich ein Endlager für Uran aus Atomwaffen, nicht aber für Brennstäbe aus ziviler Nutzung.

Laut dem Bericht, der von der Grünen Rebecca Harms initiiert wurde, lagern in Europa derzeit über 60.000 Tonnen abgebrannter nuklearer Brennelemente in Zwischenlagern, meist an den Kraftwerksstandorten, davon 25 Prozent in Frankreich, 15 Prozent in Deutschland und 14 Prozent in Großbritannien. Der Schweizer Geologe und Sozialwissenschaftler Marcos Buser sagte bei der Präsentation des Berichts:

Immer größere Mengen an hochradioaktivem Müll müssen für immer längere Zeiten zwischengelagert werden, da bislang kein Land der Welt ein geologisches Tiefenlager für hochradioaktive Abfälle in Betrieb genommen hat. Das Problem ist, dass diese Zwischenlager auch unter Sicherheitsaspekten nicht für eine derart langfristige Nutzung konzipiert wurden.

Marcos Buser

Diese Menge wird sich in Zukunft die Menge des Atommülls angesichts der Stilllegung und des Rückbaus von Atomkraftwerken noch deutlich erhöhen. Dabei stoßen Zwischenlager schon jetzt an die Grenzen ihrer Kapazitäten. Rechnet man schwach- und mittelradioaktiven Abfall hinzu, werden die europäischen Reaktoren (Russland und die Slowakei nicht einberechnet) über ihre gesamte Lebensdauer 6,6 Millionen Kubikmeter an strahlenden Abfälle produzieren, so die Schätzung.

Die derzeitige Lagerung in Abklingbecken, aber auch die Wiederaufbereitung von radioaktiven Abfällen stelle ein Risiko für Umwelt und Gesundheit dar, zu dem es aber bislang keine ausreichenden Studien gebe. Neben der ungelösten Entsorgungsfrage und den Risiken der Lagerung wird in dem Bericht bemängelt, dass die Kosten für Rückbau, Zwischen- und Endlagerung von Kraftwerksbetreibern wie auch von Staaten unterschätzt würden. Zudem würde das Verursacherprinzip nicht konsequent angewandt. Dadurch würden diese Kosten aber letztlich den Steuerzahlern auferlegt.

Der WDR berichtete übrigens gerade über Transporte von radioaktivem Material aus der Urananreicherungsanlage Urenco in Gronau nach Russland. Offiziell wird das deklariert als Wertstoff zur Wiederaufbereitung, doch ein großer Teil des radioaktiven Materials verbleibe dabei als Müll in Russland, wobei es deutliche Zweifel gibt, dass dieser dort sicher gelagert wird.