Inflation trifft vor allem Geringverdiener

Seite 2: Verbraucher zahlen die Zeche des Wirtschaftskriegs

Das ist die eine Seite des Geldgeschäfts. Die andere erfordert nicht weniger Mittel: Große Gas-Importeure wie Uniper werden mit viel staatlichem Geld gestützt, weil das alte Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert – langfristig und günstig Gas in Russland einkaufen, dies mit ordentlichem Aufschlag an die weiterverteilenden Regionalversorger und Stadtwerke verkaufen. Die so ihrerseits sichere und auskömmmliche Gewinne einstreichen.

Jetzt muss ein Konzern wie Uniper das aus politischen Gründen ausfallende preiswerte Gas aus Russland ersetzen gegen teures Gas aus anderen Ländern. Gegenüber den Weiterverteilern ist der Konzern aber vertraglich gebunden, zu den alten Vorkriegskonditionen zu liefern. Entsprechende Millionenverluste fallen an.

Die Lösung der Ampel-Koalition: Einerseits durch staatliche Beteiligung den Konzern absichern, andererseits die teurere Gasbeschaffung über Umlagen an alle Verbraucher weiterreichen.

Die haben zwar die Wirtschaftssanktionen gegen Russland nicht bestellt, aber für das Gute in der Welt muss man halt auch mal verzichten. Und wehren können sie sich außerdem nicht. Die Beschaffungs- und die Speicher-Umlage kommen zu den bereits seit Mitte vergangenen Jahres nach oben gehenden Tarifen hinzu.

Im Sommer 2021 wurde Gas auf dem kurzfristigen Spotmarkt der Börse noch mit rund 30 Euro die Megawattstunde gehandelt. Im August pendelte der Preis um die 250 Euro. Im Vergleich zur Umlage liegt hier das weitaus größere Problem für viele Verbraucher.

Die hohen Energiepreise treiben die Inflation, also dass das liebe Geld weniger wert ist. Andersherum formuliert: Der konkrete Reichtum, die Warenwelt, ist gar nicht gewachsen, dafür aber der abstrakte Reichtum, die Euros, die zum Erwerb nötig sind.

Die gleiche Menge Gas, Öl, Kohle kostet nun mehr, auch viele Lebensmittel und Autos. Das wird nun allgemein beklagt – so als gäbe es keine Akteure, sondern eine "Entwicklung", die in der Marktwirtschaft halt öfter vorkommt.

Wenn der "Vermittler" Geld zum unsicheren Kandidaten wird

Ohne ein gewisses Maß an Geldentwertung ist der Kapitalismus aber nicht zu haben. Schuldenmachen bildet den Hebel für die Unternehmen, in der Konkurrenz mit ihresgleichen die Oberhand zu gewinnen. Mit Kredit werden neue Maschinerie finanziert, mehr Personal, größere Produktionshallen und so weiter. Auf dass die eigenen Waren sich am einfachsten verkaufen und den meisten Gewinn bringen.

Und wie das bei einem Wettbewerb so läuft – es gibt Gewinner und Verlierer. Nicht jeder Kredit realisiert sich in einem erfolgreichen Geschäft. Bei denen das nicht klappt, steht einer gewachsenen Summe geliehenen Geldes kein entsprechend gewachsenes Geschäft gegenüber. So steigt die Geldmenge überproportional an im Vergleich zur verkauften Warenmenge – Inflation.

Das wäre ja schon mal ein Argument gegen dieses Wirtschaftssystem: Es ist offenbar chaotisch und unberechenbar. Was Otto Normalmensch für die Geldvermehrung seines Arbeitgebers geschuftet und dafür ein Gehalt bekommen hat, ist noch lange nicht ein sicherer Anteil am konkreten Reichtum. Mal mehr, mal weniger, je nachdem, wie hoch die Inflation ausfällt. Was ist das für ein Mittel, an das Lebensnotwendige zu gelangen, wenn seine Tauglichkeit notorisch unsicher ist?