Informationsfreiheitsgesetz gerettet
Zumindest auf Bundesebene half die FDP der Kuh vom Eis
Die FDP hat im Bundesrat das rot-grüne Bundes-Informationsgesetz gerettet. Die von der FDP mitregierten vier Bundesländer haben sich darauf verständigt, das Gesetz den Bundesrat passieren zu lassen.
Die FDP-Bundestagsfraktion hatte eine weitergehende Informationspflicht der Behörden verlangt. In den einzelnen Bundesländern fordert die FDP bisher keine Landes-Informationsgesetze.
Rettung durch die FDP
Manchmal erinnert sich die FDP doch noch an ihre früher einmal führende Rolle als Bürgerrechtspartei. Dafür standen früher vor allem Namen wie Gerhard Baum und Burkhard Hirsch sowie die nach dem Bruch der sozial-liberalen Koalition 1982 zur SPD gewechselten Politiker Andreas von Schoeler, Günter Verheugen und Ingrid Matthäus-Maier.
Der stellvertretende Ministerpräsident des Landes Niedersachsen, Walter Hirche, der die Abstimmung der von der FDP mitregierten Länder koordiniert und diese im Präsidium der Bundespartei vertritt, erklärte
Der grundsätzliche Anspruch der Bürger nach Information muss rechtlich umgesetzt werden. Deshalb werden die Länder, in denen die FDP mitregiert, das Gesetz nicht blockieren auch wenn es im Detail fachliche Mängel gibt.
Die Länder, in denen die Liberalen mitregieren, folgen damit der Linie der Bundestagsfraktion der FDP, die das Gesetz ebenfalls grundsätzlich begrüßt hatte. Im Bundestag hatte sich die FDP bei der Abstimmung über das Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz- IFG) der Stimme enthalten. In einem Antrag forderten die Liberalen unter Federführung ihrer Abgeordneten Gisela Piltz – die sich als Mitglied des Bundestagsinnenausschuss konsequent gegen Schilys Sicherheitshysterie und für Datenschutz engagiert – ein wesentlich weitergehendes Akteneinsichtsrecht der Bürger. In ihrem Entschließungsantrag (Bundestagsdrucksache 15/5625) kritisieren Gisela Piltz und die FDP vor allem die von den Ministern Schily, Struck, Eichel und Fischer zu verantwortende Aushöhlung des vorliegenden IFG:
Ein Informationsfreiheitsgesetz soll die Transparenz, Akzeptanz und Effizienz staatlichen Handelns erhöhen. Es soll der Korruptionsbekämpfung dienen, vertrauensbildend und Streit vermeidend wirken und einen Beitrag zur Entbürokratisierung leisten. Dabei hat es die öffentlichen Belange sowie Belange des Datenschutzes und des Schutzes von Betriebsgeheimnissen zu wahren. Hinter diesem Anspruch bleibt der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes zum Teil deutlich zurück.
Im Weiteren kritisieren die FDP-Abgeordneten, das Ausnehmen ganzer Behörden von der Anwendung des Gesetzes sei sachlich nicht gerechtfertigt und führe zu einem erheblichen Verlust an Informationsfreiheit. Sie entspreche auch nicht internationalem Standard. Weiter heißt es:
Aufgabenspezifische Ausnahmen vom Grundsatz der Informationsfreiheit, namentlich bei den Ressorts Inneres, Finanzen, Verteidigung und Äußeres sind mit dem Transparenzziel des Informationsfreiheitsgesetzes nicht vereinbar. Besonders problematisch ist das Versagen eines Informationsanspruchs für den Fall, dass fiskalische Interessen des Bundes beeinträchtigt werden. Die Ausnahme gerade dieses Bereiches aus der Informationsfreiheit ist unter dem Gesichtspunkt der Korruptionsbekämpfung zweckwidrig.
Korrupte Bundesfinanzbeamte
So schlummern gerade im Bereich des Bundesfinanzministeriums einige recht interessante Korruptionsfälle vor sich hin. Erwähnenswert ist der Fall des Ministerialbeamten Uwe W., der in seiner damaligen Funktion als obererster Zollbeamter der Republik vor paar Jahren kurz vor einer großangelegten Haussuchung bei dem traditionsreichen Hamburger Zigarettenhersteller R. sich ausgerechnet mit dem Vorstand des Unternehmens zu einem leckeren Essen traf. Während der Zigarettenfirmen-Vorstand kurz nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens komplett ausgewechselt wurde, fand sich der Ministeriale nicht etwa im Archivkeller des Finanzministeriums wieder, sondern war fortan zuständig für die Genehmigung von Hedgefonds in Deutschland – trotz des gegen ihn laufenden Disziplinarverfahrens.
Zuvor hatte W. noch alles unternommen, um die bis dahin recht erfolgreiche Zollfahndung durch geschickte Desorganisation faktisch zu zerschlagen. Mancher Zollfahnder sieht deshalb zwischen der deutschen Finanzverwaltung und öffentlicher Verwaltung etwa in Palermo keine wesentlichen Unterschiede. Fragen von Telepolis zum seit Jahren laufenden Disziplinarverfahren gegen Uwe W. werden übrigens vom Bundesministerium der Finanzen nicht beantwortet. Um das Ministerium irgendwann doch noch zu einer Antwort zu veranlassen, wurde eine Petition im Bundestag eingereicht.
In den Ländern kein Interesse am IFG
Während die FDP also im Bund für die Zukunft solche Mauscheleien unterbinden möchte, hält sie sich in den Ländern merklich zurück. So kam die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag nach einem Besuch in Schweden zu dem Ergebnis, dass die dort seit über hundert Jahren mit Verfassungsrang geadelte Informationsfreiheit viel Arbeit macht und am ungestörten Regieren hindere. Der Landtagsabgeordnete Jörg-Uwe Hahn schrieb an Telepolis:
Ich darf für die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag mitteilen, dass die Forderung nach Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes eingehend diskutiert wurde. Letztlich überwogen die datenschutzrechtlichen Bedenken gegen ein solches Vorhaben, so dass wir derzeit keinen Handlungsbedarf für eine Änderung sehen. Im Übrigen bestehen auch Bedenken hinsichtlich der Rechtfertigung des doch beträchtlichen zusätzlichen Aufwandes für die staatlichen Stellen, die ein solches Gesetz zur Folge hätte. Diese Schwierigkeiten wurden uns im Rahmen einer Innenausschussreise nach Stockholm im Mai dieses Jahres im Grundsatz auch bestätigt.
Im benachbarten Rheinland-Pfalz haben SPD und FDP sich zwar früh darauf verständigt, dem Bundes-IFG im Bundesrat zuzustimmen – aber im eigenen Land haben bisher weder SPD noch FDP ein solches Gesetz auf den Weg gebracht. In der vorherigen Legislaturperiode versteckten sich SPD und FDP hinter der Bundespolitik (Länderregierungen gegen Informationsfreiheit). Damals hieß es, man wolle abwarten, was im Bund passiere. Die gleiche Position hatte und hat auch das damals rot-grün und heute schwarz-gelb regierte Niedersachsen. Immerhin habe die Niedersachsen-FDP, so der niedersächsische FDP-Abgeordnete Jörg Bode gegenüber Telepolis in ihrem Wahlprogramm ein Landes-IFG gefordert. In der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und FDP sei durch CDU-Ministerpräsident Wulf eine „wohlwollende Prüfung“ zugesagt worden. Bode:„Mehr war leider nicht drin.“
Immerhin war mehr drin als in Baden-Württemberg. Dort reagiert ein Regierungssprecher auf die Frage nach dem Informationsfreiheitsgesetz mit einem ungläubigen „Was soll das sein? Nie gehört!“
Verständlich – denn auch hier haben die Liberalen bisher kein solches Gesetz gefordert. Aus der FDP-Landtagsfraktion verlautet, ein Landes-IFG „war noch nicht so ein großartiges Thema für uns.“. Und auch im schwarz-gelb-regierten Sachsen-Anhalt ist ebenfalls bisher keine Informationsfreiheit geplant.