Innenministerium erweitert angeblich PKK-Verbot
Verboten werden Fahnen und Symbole der kurdischen Partei PYD und der Volksverteidigungseinheiten der YPG/YPJ. Ankara dürfte sehr zufrieden sein
Vor den Kulissen inszeniert die deutsche Regierung Konfliktbereitschaft. "Hart und kontrovers" in der Sache" sei sein Treffen mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu verlaufen, sagte SPD-Außenminister Gabriel. Cavusoglu gab existentielles Pathos dazu: Deutschland solle sich entscheiden, ob es die Türkei "als Freund oder Feind" sehe. Für die Türkei gebe es keinen Grund, Deutschland als Feind zu sehen, so der türkische Regierungsvertreter laut Tagesschau vor zwei Tagen.
Zu dem Zeitpunkt musste Cavusoglu bereits wissen, dass die deutsche Regierung der türkischen hinter den Kulissen in einem ihrer zentralen Anliegen sehr entgegen gekommen war. Sie diente sich gewissermaßen als verlängerter Arm der türkischen Kurdenpolitik in Deutschland an.
Das Bundesinnenministerium (BMI) hat nämlich nach Informationen von Civaka Azad am 2. März eine Ausweitung des PKK-Verbots angeordnet. Damit kommt sie den Forderungen der türkischen Regierung nach, stärker gegen die PKK vorzugehen.
Die Liste der "Auslandsableger der PKK" wurde laut dem Bericht von Civaka Azad ausgeweitet. Hinzugekommen sind die PYD (Partei der Demokratischen Einheit), die Volksverteidigungseinheiten der YPG/YPJ (Frauen) sowie "sämtliche Frauen- und Jugendorganisationen", wie etwa der Verband der Studierenden aus Kurdistan (YXK), der in vielen deutschen Städten vertreten ist. Verboten werden deren Fahnen und Symbole. Das Vereinsverbot gegen die "Arbeiterpartei Kurdistan" (PKK) besteht laut BMI seit 1993. Damit einher geht ein Betätigungsverbot.
"Weitreichende Folgen für das innenpolitische Klima in Deutschland"
Von einem solchen Betätigungsverbot ist für die genannten Organisationen nicht die Rede. Allerdings habe das Symbolverbot "weitreichende Folgen für das innenpolitische Klima in Deutschland", so die Bewertung von Civaka Azad.
Es sei ein "direkter Angriff auf die politische Identität von etwa 800.000 in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden", weil grundgesetzlich geschützte Rechte, wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, weitgehend ausgehebelt würden. Die Folgen beschreibt die Publikation so:
Vermehrte Auseinandersetzungen mit der Polizei bei vom Verlauf her friedlichen Demonstrationen sind vorprogrammiert und politisch gewollt, um das Feindbild der angeblich gewaltbereiten Kurdinnen und Kurden aufrecht zu erhalten. Die Folgen werden weitere Hunderte von Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen Artikel 20 Vereinsgesetz aufgrund des Zeigens verbotener Symbole sein.
Civaka Azad
Die innenpolitische Fraktionssprecherin der Linken, Ulla Jelpke, verurteilt die Kooperation zwischen der deutschen und der türkischen Regierung ("wahrhaftig beschämend") und stellt das Arrangement zwischen Berlin und Ankara in einen größeren politischen Zusammenhang:
Es ist doch unglaublich, wie einerseits weiterhin das Erdogan-Regime als Steigbügelhalter des dschihadistischen Terrors im Mittleren Osten hofiert wird und andererseits die entschiedensten Kämpfer gegen den IS-Terror kriminalisiert werden. (…) Mit diesen Verboten folgt die Bundesregierung - anders als die USA und Russland - der Sichtweise Ankaras, wonach es sich bei diesen Organisationen um terroristische Vereinigungen handelt.
Ulla Jelpke
Man kann es auch so auf den Punkt bringen: Die "Terroristen" der PYD versuchen sich in Syrien an einem demokratischen Projekt, das seinesgleichen in der Region sucht, die Kämpfer der YPG/YPJ sind eine Speerspitze im Kampf gegen den IS, die Verteidigungseinheiten der Frauen (YPJ) sollen die Offensive auf die IS-Hochburg Rakka anführen. Die USA wie auch Russland geben ihnen Rückdeckung.
Wie schräg oder verworren die Pläne der Bundesregierung in der Region aussehen, war bereits an der Unterstützung der obskuren gegnerischen Milizen in Syrien, die mit Dschihadisten im Kampfbund standen, zu sehen und zuletzt in den Waffenlieferungen an die KDP-Peshmerga von Barsani, der ebenfalls auf der Seite Erdogans steht.
Nun, nachdem Vorwürfe laut wurden, dass Peshmergas im Dienste Barzanis Jesiden mit deutschen Waffen angegriffen haben (siehe Erdogans Kriege und die Naivität der Bundesregierung), hat die Bundesregierung eine Delegation in den Nordirak gesandt, um die Sache zu überprüfen. Die KDP-Pesmerga in Shengal und Khanasor bekamen vom Besuch der Deutschen Wind. Die Waffen wurden schnell versteckt, heißt es in einem Bericht der Nachrichtenagentur ANF.