Internationalisierung des katalanischen Konflikts
Seite 3: Der Aufbau der Republik soll von unten gegen die Repression aus Spanien durchgesetzt werden
- Internationalisierung des katalanischen Konflikts
- Die "Macht der Gewalt"
- Der Aufbau der Republik soll von unten gegen die Repression aus Spanien durchgesetzt werden
- Die Bürgermeister: Ein Machtvakuum verhindern
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Dass der Aufbau der katalanischen Republik langwierig wird und mit starkem zivilen und gewaltfreien Ungehorsam gegen die spanische Repression durchgekämpft werden muss, ist eigentlich allen klar. Der "organisierten Bevölkerung" und der Basis der Unabhängigkeitsbewegung in Stadtteilen und Dörfern kommt eine entscheidende Rolle bei der Aufgabe zu, "die Republik zu verteidigen".
Das ist seit ihrer Ausrufung am Freitag der zentrale Slogan. Katalonien befand sich in einem Wochenende im scheinbarem Normalzustand, an dem sich mit Ausnahme von Neonazi-Übergriffen bei einer Unionisten-Demonstration in Barcelona wenig ereignete.
Doch das Auge des Sturms ist vorübergezogen und wie erwartet ist der Sturm mit den Anklagen am Montag losgebrochen, sekundiert von neuen Durchsuchungen der paramilitärischen Guardia Civil bei der Regionalpolizei Mossos d'Esquadra.
Der "Konstituierende Prozess"
Aber die Repression und die Tatsache, dass sich Puigdemont und diverse Minister im Ausland befinden, darf nicht davon ablenken, dass nun in Katalonien der "Konstituierende Prozess" in Gang gesetzt werden muss. Den beiden Wörtern, die bisher nur eine diffuse Vorstellung ausgedrückt hatten, kommt nun die Forderung nach dringlicher Umsetzung zu.
Denn im zweiten Beschluss vom vergangenen Freitag, als die Unabhängigkeit im katalanischen Parlament beschlossen wurde, ist auch die Einleitung des Prozesses festgelegt worden. Die katalanische Regierung müsse "sofort die nötigen Ressourcen und zur Verfügung stehenden materiellen Mittel zur Verfügung zu stellen", um dies umzusetzen. In 15 Tagen soll sich ein Beratungsgremium, der eine allein unterstützende Rolle spielen soll.
Bestimmend sein soll darin die "organisierte Zivilgesellschaft" und die Gemeinden sollen die Debatten fördern. In nur einem Monat, so ist es festgelegt, soll sich eine Plattform aus Teilnehmern der Zivilgesellschaft bilden. Der "Nationale Pakt für den Konstituierenden Prozess" soll dann bis zum 27. April 2018 Ergebnisse auf den Tisch legen, um konstituierende Wahlen in der katalanischen Republik abzuhalten.
Die Verwurzelung in der sozialen Frage und der breite Teilnahme der Bevölkerung an dem Prozess soll den großen Unterschied der katalanischen Republik zur Carta Magna der spanischen Monarchie bilden. Im Parlamentsbeschluss heißt es, dass der Prozess, "demokratisch, basierend auf der Bevölkerung und unter deren Beteiligung, transversal verlaufend und verbindlich" sein müsse.
Es handele sich um die Chance, die "aktuellen demokratischen und sozialen Defizite in einer katalanischen Republik zu beseitigen", um zu einer "stärker prosperierenden, gerechteren, sichereren, nachhaltigeren und solidarischeren Gesellschaft zu kommen".
Der Unterschied zur spanischen Verfassung von 1978
Der Unterschied zur 1978 von den wenigen sogenannten "Vätern der Verfassung" ausgearbeiteten spanischen Verfassung ist damit sehr deutlich. Zu deren Schreibern gehörte auch der politische Ziehvater von Mariano Rajoy. Manuel Fraga Iribarne hatte sich vom Minister der Franco-Diktatur plötzlich, nachdem der die Monarchie restauriert und den König zum Nachfolger ernannt hatte, zum Demokraten gewandelt.
Dieser Faschist durfte sich an der Ausarbeitung der Verfassung beteiligen, die geheim in Hinterzimmern und vor dem Säbelrasseln der Militärs verfasst wurde, die dann 1981 doch noch einmal einen Putschversuch unternommen haben. Man muss sich das einmal für Deutschland vorstellen, wenn Mitglieder der Hitler-Diktatur unsere Verfassung hätten mit ausarbeiten dürfen. Somit wird vielleicht klar, warum man in Spanien darin kein Notwehrrecht findet, aber solch schwammige Paragraphen wie den 155.
Zwar muss sich das katalanische Modell selbst erst noch erschaffen, doch wurden verschiedene Verfassungsreformen mit Bürgerbeteiligung weltweit der letzten Jahre im Detail studiert, wie in Irland, Island, Bolivien, Ecuador, Chile oder auch in Schottland, wo der Prozess nach dem Nein beim Referendum zunächst ausgesetzt wurde.
Einer derer, die daran beteiligt waren, ist der Politologe der Universität Pompeu Fabra. Für Jaume López ist es undenkbar, dass "im 21. Jahrhundert Verfassungen in Hinterzimmern verfasst oder reformiert werden". Und für den dritten Mann in der katalanischen Regierung ist das ebenfalls die Maxime: Für Außenminister Raül Romeva können in wahren Demokratien solche Vorgänge "nicht vertikal und von oben dirigiert" werden. Sie müssten stattdessen "horizontal und partizipativ" sein.