Iran: Welche Entspannungspolitik ist möglich?

Die neue US-Regierung setzt "bis auf Weiteres" die harte Sanktionspolitik fort

Es könnte sich ja auch einmal in diesen Krisenzeiten etwas zum Besseren wenden? Zum Beispiel die Beziehung zwischen USA, Israel und Iran. Die weniger auf harte Konfrontation setzen würde, sondern auf mögliche Kooperationen und Öffnungen, was einen erheblichen Einfluss auf die Spannungen im Nahen Osten hätte. Und damit letztlich einer ganzen Generation Jüngerer in eigentlich gut situierten Ländern wie dem Libanon, dem Irak oder in Syrien bessere Aussichten statt fortdauerndem Chaos verspräche.

"Healing" heißt das große Motto der neuen US-Administration. Sie will innenpolitisch wiedergutmachen, was der abgelöste Präsident Trump an Schaden angerichtet hat, so die Maxime. Außenpolitisch gibt es ähnlich gelagerte Motive der Neuen, die mit "wieder mehr Glaubwürdigkeit erlangen" als Schlagwort wiedergegeben werden könnten, und eine Kontinuität der US-Politik, die Trump nicht unterbrochen, sondern weitergeführt hat. Iran hat darin die Rolle einer Bedrohung.

Zwar hatte Biden angekündigt, dass er Trumps Austritt aus der Nuklearvereinbarung rückgängig machen werde und einen Wiedereintritt in die JCPOA anstrebe - immerhin waren der neue US-Präsident sowie sein Außenminister Blinken wie auch der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan und andere Schlüsselfiguren im Team Obama am Zustandekommen der Vereinbarung von 2015 beteiligt - , aber: Die Situation hat sich seit der Unterzeichnung und seit dem Austritt der USA aus dem Atomabkommen im Jahr 2018 verändert.

Dazu zählen etwa die Abraham-Abkommen, die Israel über US-Vermittlung mit den Golfstaaten allen voran mit den Vereinigten Arabischen Emiraten geschlossen hat sowie die Unterstützung dieser Abkommen und der darin beschlossenen Normalisierungspolitik mit Israel durch Saudi-Arabien, und dazu zählen die Erfahrungen über die Auswirkungen der überaus harten US-Sanktionspolitik gegenüber Iran und Syrien.

Die neue Administration findet Gefallen an der Sanktionspolitik der alten

Sie hat als politisches Instrument großen Eindruck auf führende Vertreter der neuen US-Regierung gemacht. Keine Überraschung also, dass Präsident Biden Ende Januar signalisierte, dass die Sanktionen bis auf Weiteres aufrechterhalten werden sollen - in der Kenntnis dessen, was sie in der Bevölkerung Irans anrichten.

Alles spricht dafür, dass auch die Regierung Biden den Druck auf Iran beibehalten will. Auch wenn öffentliche Äußerungen - vor allem im US-Wahlkampf - den Akzent auf größere Verhandlungsbereitschaft legten und einen neuen, weniger konfrontativen Ansatz vermitteln oder suggerieren wollen. Im Hintergrund spielt noch immer das Kalkül mit, die Bevölkerung gegen die Führung zu mobilisieren. Dass die Führung in Teheran tatsächlich ein repressives Machtregime ausübt, steht auf einem anderen Blatt. Damit kann sich die US-Außenpolitik arrangieren, wie sich an vielen Beispielen zeigen lässt.

Ziel: Neuverhandlungen

Jedenfalls gibt es diese Gemeinsamkeit zwischen der abgelösten und der neuen US-Regierung: Auch das Team Biden will neue Verhandlungen mit Iran, mit dem Ziel, Ablaufdaten des alten JPOA-Abkommens verändern (Stichwort: "sunset provisions").

Wie es Äußerungen aus der Biden-Administration nahelegen, will man wie zuvor Trump das iranische Raketenprogramm in eine neue Abmachung mithineinnehmen und man will Absprachen über iranische Einflusssphären in der Region Middle East treffen. Was letztlich auf Verabredungen über die Präsenz von Milizen hinausläuft, die Iran nahestehen oder die direkt mit den Revolutionären Garden verbunden sind.

Iran bleibt bei einem Nein zu solchen Nachverhandlungen. Stattdessen pocht Teheran auf die JCPOA-Vereinbarung, Ergebnis jahrelanger Verhandlungen. Iran verhalte sich genau nach deren Vorgaben, wie Außenminister Zarif in einem neun-minütigen Videoausschnitt der bekannten CNN-Journalistin Amanpour erklärt. Erneut, muss man hinzufügen.

Seit Iran sich dem Austritt der USA folgend nach einer Wartezeit entschlossen hatte, vereinbarte Bedingungen des JCOPA zur Urananreicherung oder zur Lagerung von Uran in mehreren Schritten auszusetzen, machte man geltend, dass man sich damit innerhalb des JCPOA-Regelwerks befinde, dass Teheran an der Atomabmachung festhalte.

Das steht im Widerspruch zum Bild, das die Berichterstattung in der internationale Medienöffentlichkeit vermittelt. Diese konzentriert sich darauf, die Regelverstöße Irans darzustellen.

Für Iran war dagegen das Wiedereinsetzen von Sanktionen seitens der USA der ganz große Verstoß gegen die JCPOA-Abmachungen und deren Geist. Daher fordert die Teheraner Regierung nun, dass erst die US-Sanktionen aufgehoben werden, bevor man selbst wieder zur Erfüllung der JCPOA-Bedingungen zurückkehren wolle. US-Präsident Biden hatte verlauten lassen, dass die USA erst dann zur Atomabkommen mit Iran zurückkehren würden, wenn das Land die Bedingungen erfülle.

"Wer bewegt sich zuerst?"

Das erinnert an das frühere mühselige taktische Hickhack über Vorbedingungen, die die Jahre vor dem Zustandekommen des JCPOA prägten. Das könnte sich wie zuvor zu einer sehr schwierigen Geschichte entwickeln.

Als Lösung der Machfrage "Wer bewegt sich zuerst?" wird nun vom iranischen Außenminister Zarif ein Europäer als Vermittler ins Spiel gebracht: der EU-Außenbeauftragte Josep Borell. Ob er aus der Sackgasse hilft?

Vor gut 12 Jahren, also fünf Jahre vor dem Atomabkommen mit Iran, versuchte sich Volker Perthes von der deutschen Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP) daran, die "schwierige Geschichte" aufzuschlüsseln1. Als zentralen Punkt hob er heraus, dass ein amerikanisch-iranischer Dialog nicht nur die Bedrohung zum Gegenstand haben sollte, die die USA und ihre westlichen Bündnispartner in Iran sehen und betonen, sondern dass es auch darum gehe, "die strategischen Ängste Irans zu reduzieren". Die USA, so Perthes im Jahr 2008, seien der einzige Staat, der mit Blick auf die sicherheitspolitischen Sorgen des Landes etwas anzubieten hat.

Friedensnobelpreis für Trump?

Das gilt angesichts der Rolle, die China nun spielt oder Russland im Nahen Osten, nicht mehr in dieser Deutlichkeit. Einiges bleibt aber gültig. Die USA hätten etwas anzubieten. Nämlich eine kluge Entspannungspolitik. Während der letzten Jahre war Trump, der ja mancherorts als Friedenspolitiker bezeichnet wird, auf einem Kurs, der auf Erhöhung der Spannungen setzte.

Wie oft war von möglichen bevorstehenden militärischen Auseinandersetzungen die Rede, von einer möglichen kriegerischen Eskalation? Aufgemischt wurde das Ganze mit Äußerungen, die Sympathie für einen Regime Change deutlich machten.

Die reale, konkrete Härte, mit denen die Drohungen begleitet wurden, das Programm des maximalen Drucks über Sanktionen, der tödliche Anschlag auf General Suleimani, haben weder dazu geführt, dass Irans Vertreter, wie es Trump vorhersagte, "auf Knien zum Verhandlungstisch zurückkehren", noch zu einer Schwächung der iranischen Position in der Region. Zeit für einen neuen Ansatz. Dem neuen außenpolitischen US-Team wird auch von kritischen Beobachtern große Kompetenz attestiert. Die Frage ist, wie sie sie nutzen werden.