Iran: Wenn im Präsidentenpalast die Lichter ausgehen

Im Iran könnte es wegen der Energiekrise zu Sozialprotesten kommen.

Der Präsidentenpalast steht bereits im Dunkeln, während Millionen Iraner frieren. Könnte dies das Ende der Regierung bedeuten?

Im Iran spitzt sich die Energiekrise zu. Der iranische Präsident Masoud Pezeshkian entschuldigte sich bei der Bevölkerung und will in Gottes Namen versuchen, dass so etwas nicht mehr passiert. Dabei ist der Weg aus dem aktuellen Desaster nicht ansatzweise klar. Energiesparen soll helfen. Der Präsidentenpalast steht im Dunkeln.

In einer Videokampagne forderte Pezeshkian Medienberichten zufolge im Dezember die iranische Bevölkerung auf, den Energieverbrauch zu reduzieren, indem sie die Temperatur in ihren Häusern um mindestens zwei Grad senkt.

Kritischer Punkt ist erreicht

Dazu sind Regierungsbüros geschlossen oder haben nur noch eingeschränkte Öffnungszeiten. Schulen und Hochschulen arbeiten nur noch online. Autobahnen und Einkaufszentren sind dunkel und Industrieanlagen bekommen keinen Strom, was die Produktion fast zum Stillstand brachte.

Obwohl der Iran über die zweitgrößten Gasreserven und die viertgrößten Erdölreserven verfügt, spitzten sich im Jahresverlauf diese Energieengpässe zu und erreichten jetzt laut Pezeshkian einen kritischen Punkt.

Regierung hat offenbar keine Lösung

„Wir müssen uns bei den Menschen entschuldigen, dass wir uns in einer Situation befinden, in der sie die Hauptlast tragen müssen. So Gott will, werden wir nächstes Jahr versuchen, dass dies nicht passiert“, sagte der Präsident besänftigend, da sich bereits Wut auf der Straße entladen hatte und Industrieführer vor milliardenschweren Verlusten warnten.

Auf den Punkt brachte es der Besitzer einer der größten Fabriken für Baumaterialien. Sein Betrieb habe Revolution, Krieg und Sanktionen überlebt, aber nichts davon sei so chaotisch und stressig gewesen wie die letzten Ereignisse. Im privaten Sektor mache sich ein überwältigendes Gefühl von Unsicherheit breit. Das Land drifte in unbekanntes Terrain ab. Eine Krise löse eine andere ab, und die Regierung scheine das nicht in den Griff zu bekommen.

Kraftwerke bekommen kein Gas

Offiziellen Angaben zufolge fehlen am Tag etwa 350 Millionen Kubikmeter Gas, damit das Land funktioniert. Infolge sinkender Temperaturen stieg die Nachfrage, sodass die Behörden Gas rationierten, indem sie die Versorgung von Kraftwerken einstellten, aber Privathaushalte hier außen vor blieben.

„Die Politik der Regierung besteht darin, Gas- und Wärmeabschaltungen für Privathaushalte um jeden Preis zu verhindern“, erläuterte Seyed Hamid Hosseini, Mitglied des Energieausschusses der Handelskammer, diese Maßnahme. „Sie versuchen verzweifelt, die Krise zu bewältigen und den Schaden einzudämmen, denn dies ist wie ein Pulverfass, das explodieren und im ganzen Land Unruhen auslösen kann.“

Am 20. Dezember mussten 17 Kraftwerke vom Netz gehen. Der Rest war nur teilweise betriebsbereit. Das staatliche Energieunternehmen Tavinar warnte Industriebetriebe, dass sie sich auf weitreichende Stromausfälle einstellen müssten, die Tage oder Wochen dauern könnten. Das brachte sowohl die staatlich kontrollierte als auch private Industrie ins Trudeln.

Energiesektor ist veraltet

Die Gasknappheit führten iranische Behörden auf westliche Sanktionen zurück. Diese verhinderten Investitionen in die Erschließung von Gasfeldern, den Bau von Kraftwerken und die Steigerung der Effizienz.

Dem hielt Arezoo Karimi, die für das Nachrichtenportal IranWire über die iranische Wirtschaft berichtet, gegenüber der DW entgegen, dass Teheran mit Einnahmen aus Ölgeschäften geopolitische Prioritäten finanziert und regionale Verbündete wie das Bashar-Assad-Regime in Syrien unterstützt habe.

„Der Iran hat Berichten zufolge über 25 Milliarden Dollar für Syrien ausgegeben, hauptsächlich durch Ölunterlieferungen“, so Karimi. „Dieses Vorgehen, regionale Allianzen gegenüber Infrastrukturinvestitionen zu priorisieren, hat dazu geführt, dass der iranische Energiesektor dringend modernisiert werden muss.“

Iran sucht Schulterschluss in Moskau

Hinzukommt, dass der Erzfeind Israel im Februar zwei Gasleitungen in die Luft sprengte. Im Zuge dessen griff die Regierung laut Hosseini heimlich auf Notreserven zurück, um die Versorgung von Millionen von Menschen aufrechtzuerhalten. Mehr als 95 Prozent der Haushalte sind an die Gasversorgung angeschlossen.

„Der Iran hat 430.000 Kilometer Gasleitungen installiert, um sogar in die entlegensten Dörfer Gas zu liefern. Diese Priorität der privaten gegenüber der industriellen Nutzung hat jedoch schwere wirtschaftliche Verluste verursacht. Gasengpässe haben zur Abschaltung industrieller Anlagen geführt und der Wirtschaft erheblich geschadet“, stellte Energieexperte Hossein Mirafzali das Problem einer derart einseitigen Energieversorgung.

Der iranische Präsident Masoud Pezeshkian plant nun laut Medien, am 17. Januar 2025 Moskau zu besuchen, um ein Kooperationsabkommen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu unterzeichnen. Die Unterzeichnung dieses strategischen Partnerschaftsabkommens soll mit dem Datum der geplanten Amtseinführung des 47. US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar zusammenfallen. Beide Länder wollen Stärke demonstrieren.

Bei der Modernisierung von Produktion und Pipelines half der russische Gaskonzern Gazprom bislang nicht. Staatliche Medien zeigten den Präsidentenpalast nachts ohne Licht. Findet die Regierung keine Lösung für die Energiekrise, könnten die Lichter hier für immer ausgehen.