Iran: Wird Johnson deeskalieren oder nur Trump assistieren?
Der iranische Präsident offeriert einen Tausch: den festgesetzten iranischen Tanker gegen den festgesetzten britischen
Wie sich der neue britische Premierminister gegenüber Iran verhalten wird, ist schwer voraussehbar, weil es von Boris Johnson heißt, dass er immer für Überraschungen gut ist. Von einem Tory-Abgeordneten wird die Absicht Johnsons übermittelt, aus dem Nuklear-Abkommen mit Iran (JCPOA) auszusteigen.
Damit würde er, dem eine besondere Nähe zu Trump nachgesagt wird, in die Fußstapfen des US-Präsidenten treten. Zwar käme dieser Schritt nicht wirklich überraschend, dennoch würde dies einen deutlichen Positionswechsel markieren, den London bis dato nicht vollziehen wollte. Bislang vertrat Großbritannien, zusammen mit Frankreich und Deutschland, ein europäisches Gegenüber zu Trumps Position.
Diese signalisierte trotz der Übermacht der USA, wenn es um die Durchsetzung des Wirtschaftskrieges mittels Sanktionen gegen Iran geht, zumindest ein gewisses Maß an einer eigenen Haltung im Konflikt, woraus sich ein größerer politischer Möglichkeitsraum für Deeskalation und Verhandlungen ergibt, als wenn alle nur auf der Härtelinie stehen, die die Politik des "maximum pressure" aus den USA vorgibt.
Das Entern des iranischen Tankers Grace 1 Anfang des Monats durch britische Marines bei Gibraltar und die anschließende Festsetzung des Schiffs berichtigten allerdings Illusionen über eine eigenständige Politik Großbritanniens. In Gang gesetzt wurde der Akt durch die USA, wie die spanische Regierung mitteilte. Die Rechtsgrundlagen für die Festsetzung wurden erst kurz zuvor zusammengeschustert und haben große Lücken und Mängel (Stand der Kriegsvorbereitung gegen den Iran).
"Pudel der USA"
Großbritannien machte sich damit erneut zum "Pudel der USA", wie kommentiert wurde. Der Guardian-Journalist Simon Tisdall schrieb in einem international viel beachteten Artikel davon, dass die britische Regierung mit der Aktion gegen Iran in eine Falle gelaufen sei, in der das Team des Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton eine maßgebliche Rolle gespielt haben soll. Das würde bedeuten, dass die Briten übereifrig, schlecht unterrichtet und politisch kurzsichtig gehandelt hätten, ohne ein eigenständiges politisches Profil.
Dies passt gar nicht zum Image, auf das Boris Johnson großen Wert legt. Der jüngste Vorschlag aus Iran wird nun zum ersten Test darüber, wie Johnson, der schon mal Außenminister war, ohne dass einem dazu Bemerkenswertes in Erinnerung geblieben ist, nun als Premierminister außenpolitische Marken setzen wird. Die "Iran-Krise" wird einige Gelegenheiten dazu geben.
Wird Johnson auf "maximum pressure" setzen wie sein politischer Freund Trump oder einen eigenen Kurs einschlagen, der klug mit Deeskalation arbeitet, so dass politische Verhandlungen im Vordergrund stehen?
Die Tausch-Offerte
Vom iranischen Präsidenten Rouhani kommt eine Tausch-Offerte. Der vor Gibraltar festgesetzte iranische Tanker Grace 1 könnte gegen den vor Irans Küste festgesetzten britischen Tanker Stena Imperio ( Persischer Golf: Iran verschärft die "abgestufte Reaktion" ausgetauscht werden. Laut New York Times soll die Offerte mit einer Bereitschaft auf iranischer Seite verbunden sein, "indirekte Gespräche oder Gespräche hinter den Kulissen über den Abbau von Spannungen zu führen".
Auch bei der Tausch-Offerte spielte ein Vermittler, nämlich Irak, wo man besonders wenig Wert darauf legt, dass die Spannungen mit Iran steigen, eine Rolle. Der irakische Ministerpräsident Abdul-Mahdi war für zwei Tage in Iran. Danach kam die Offerte. Zuvor hatte die nun von Ben Wallace abgelöste britische Verteidigungsministerin Penny Mordaunt mit dem irakischen Ministerpräsidenten telefoniert und laut Guardian darum gebeten, Verhandlungen über die Herausgabe des britischen Tankers einzuleiten.
Informationen der britischen Zeitung zufolge äußerte sich US-Verteidigungsminister Mark Esper am gestrigen Mittwoch im Sinne einer Deeskalation - mit den bekannten Bedingungen: "Wir versuchen zu deeskalieren und zugleich wollen wir deutlich die Botschaft übermitteln, dass wir ohne Vorbedingungen, zu jeder Zeit, an jedem Ort, sie (die Vertreter Irans) treffen wollen um mit ihnen darüber zu reden, wie wir wieder Verhandlungen aufnehmen können."
Bekanntlich gibt es hier - wie schon früher bei den mühseligen und langen Verhandlungen zur JCPOA - ganz unterschiedlich Auffassungen darüber, was "ohne Vorbedingungen" bedeutet. Für Iran bedeutet dies, dass die Sanktionen und damit die Verschärfung des Wirtschaftskriegs ausgesetzt werden. Die USA sehen das anders.
Wie Johnson mit der Konfrontationspolitik gegen Iran umgeht, wird wahrscheinlich vor allem davon abhängen, welchen Part ihm die USA zuteilen ("good cop" oder Verstärker der eigenen Politik). Mit dem Brexit, der das Herzstück der Politik Johnsons neben seinem Kommunikationstalent ausmacht, begibt sich Großbritannien in größere Abhängigkeit zu den USA.
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