Iran will Weltraummacht werden

Mit dem erfolgreichen Flug der Kavoshgar 1-Rakete demonstrierte der Iran den Start seines Weltraumprogramms, das zumindest auch eine militärische Komponente hat

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Anfang Februar eröffnete der Iran mit dem Abschuss einer Rakete sein lang geplantes Weltraumzentrum. Im Mai oder Juni will man einen Nachrichtensatelliten ins All schicken. Ein wichtiger Schritt für die zivile Nutzung des Weltraums, der aber, ähnlich wie das Atomprogramm der Islamischen Republik, gleichzeitig eine militärische Komponente hat. Das Weltraumprogramm könnte die Grundlage zur Entwicklung von Langstreckenraketen sein, die nukleare Sprengköpfe aus dem iranischen Atomprogramm transportieren.

Abschuss der Kavoshgar-1-Rakete

Irans Präsident, Mahmoud Amadinedschad, gab im neuen Weltraumzentrum persönlich den Befehl zum Start der Rakete Kavoshgar 1(Explorer). Wie üblich bei großen offiziellen Anlässen im Iran wurde der Start live im Staatsfernsehen gesendet. „Wir sind heute Zeugen, wie der Iran seinen ersten Schritt ins Weltall macht“, erklärte das Staatsoberhaupt, der die wissenschaftliche Entwicklung seines Landes als eine Hauptaufgabe seiner Präsidentschaft betrachtet. Mahmoud Amadinedschad will den Iran, so gut es geht, vom Westen unabhängig machen. Schließlich sei er „ein teuflisches und beherrschendes System“, das Völker und Nationen glauben lässt, sie wären nicht zu gleichen Leistungen fähig.

Der Abschuss der Kavoshgar 1 war angeblich bereits der zweite Versuch des Irans, die westliche Dominanz im Weltraum zu untergraben. Im Februar 2007 wurde eine Test-Rakete abgeschossen, von der man im Westen allerdings nicht glaubt, dass sie tatsächlich das All ereichte. Diesmal scheint jedoch alles nach Plan gegangen zu sein. „Kavosghar 1 hat ein Höhe zwischen 200 und 250 Kilometer erreicht“, sagte Mohsen Mir Shams von der iranischen Weltraumorganisation. „Seit ihrem Start sendet die Rakete in Echtzeit Daten zurück zur Basis, die von uns ausgewertet werden, ob die Systeme perfekt arbeiten oder nicht.“

Bis zum Sommer plant man einen Nachrichtensatellit aus eigener Produktion mit dem Namen Omid (Hoffnung) im All zu positionieren. „In einer Höhe von 650 Kilometern über der Erde“, so Mohsen Mirshams, „der über den Iran sechsmal innerhalb von 24 Stunden fliegen kann.“ Es wäre der zweite iranische Satellit, der um die Erde kreist. 2005 wurde ein Satellit aus russischer Produktion in seine Umlaufbahn gebracht. Iran möchte bis 2010 seine Land- und Handyverbindungen von 22 Millionen auf 80 Millionen steigern. Gleichzeitig sollen auch die Internetkapazitäten ausgeweitet und die gegenwärtig 5,5 Millionen Benutzer auf 35 Millionen erhöht werden.

Weiter Diskussion über neue Hinweise auf iranisches Atomwaffenprogramm

Die neuesten iranischen Vorhaben im Weltraum spielten bei der Diskussion um das Atomprogramm der Islamischen Republik bisher kaum eine Rolle. Im Bericht der IAEA (Internationale Atomenergie Agentur) von letzter Woche wurde der Iran von den meisten Vorwürfen, die es bisher gab, freigesprochen. Die Islamische Republik betrachtete dies als einen großen Erfolg und als Beweis für den friedlichen Charakters seines Atomprogramms. Präsident Mahmoud Amadinedschad wurde in Teheran als „nuklearer Sieger“ gefeiert.

Am vergangenen Montag gab es in Wien, dem Sitz der IAEA, unerwartet eine neuerliche Sitzung über das Atomproblem Iran hinter verschlossenen Türen. Die USA präsentierten neue Informationen, die der CIA und andere Geheimdienste der 35 Mitgliedsländer der IAEA gesammelt haben. Im Gegensatz zum US-Bericht von 2007, der den Stopp der atomaren Waffenproduktion des Irans im Jahr 2003 bestätigte, soll es nun doch verdächtige Aktivitäten geben. „Aktivitäten“, die laut Simon Smith, dem britischen IAEA-Delegierten, „über das Jahr 2003 hinausgehen“. Auf der vertraulichen Sitzung wurden Videos und Dokumente gezeigt, die nahe legen, dass der Iran an Raketen arbeitet, die keine normalen Sprengköpfe transportieren und in Höhen operieren, in denen konventionelle Waffensysteme nicht eingesetzt werden.

Die meisten der präsentierten Dokumente wurden von den USA vorgelegt und hatten ein klares Ziel, den Iran zu entlarven: Was auch immer die Islamische Republik behaupten möge, sie baut nach wie vor atomare Waffen. Wenn dem tatsächlich so ist, müsste das an einem streng geheimen und versteckten Ort stattfinden. Die bisher bekannten Produktionsanlagen stehen, laut Informationen von IAEA und der CIA, still.

Die Geheimdienstunterlagen wurden von der IAEA Teheran zur Einsicht und Stellungnahme überlassen. Der iranische UN-Botschafter, Mohammed Khazee, bezeichnete alles als haltlos und von einer Oppositionsgruppe fabriziert. „Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber nach meinen Informationen wurden einige der Anschuldigungen von einer Terrorgruppe fabriziert, die auch als solche in den USA und ebenfalls in Europa geführt wird.“

Der Botschafter meinte damit die „Muhadschedin Khalq“ oder auch bekannt unter „Volks-Muhadschedin-Organisation“, die die islamische Republik bekämpfen (Böse Iraner und gute Iraner im Irak). Seit 1997 stehen diese Muhadschedins in den USA, und in der EU seit 2007, auf der Liste verbotener terroristischer Gruppen. 2002 hatte die Organisation den entscheidenden Tipp über die iranische Atomwaffenproduktion publik gemacht, die daraufhin unter dem Druck des UN-Sicherheitsrates und der IAEA eingestellt wurden. Die neu vorgelegten Materialien seien diesmal, so der iranische UN-Botschafter, jedoch völlig frei erfunden.

Von den Inhalten der geheimen Sitzung in Wien bei der IAEA wusste Giora Eiland, der ehemalige Sicherheitsberater der israelischen Premierminister Ariel Sharon und Ehud Olmert, noch nichts, als er sich in der Jerusalem Post Gedanken über iranische Atomwaffen machte. Die viel diskutierte Anreicherung von Uran sei nur der erste Schritt zu einer Atomwaffe, was der Iran angeblich bereits Ende dieses Jahres mit seinen Zentrifugen der Atomanlagen erreicht hat. Danach muss das angereicherte Material in einer weiteren Produktionsphase militärisch einsatzfähig gemacht werden. Im Falle des Iran, so Giora Eiland, würde das zwischen sechs und 12 Monaten dauern, bis man es in eine Bombe einbauen könnte. Der zeitraubende und kostenintensive Aufwand bleibt vergebens, sofern keine „angemessene Möglichkeiten“ bestehen, die Bombe an die gewünschten Bestimmungsorte zuschicken.

Mit der Hilfe von Freunden

Man weiß nicht, wie weit der Iran mit der Produktion von angereichertem Material ist und ob dessen militärische Umwandlung angestrebt wird, aber er scheint kurz davor zu stehen, zumindest „angemessene Möglichkeiten“ zum Transport einer Atombombe zu besitzen. Das Weltraumprogramm ist der Beweis dafür. Raketen, die einen Nachrichtensatelliten ins All bringen, können auch eine Atombombe tragen und diese Tausende von Kilometern vom Abschussort entfernt an ein Ziel bringen.

Die Kavoshgar 1, die Anfang Februar ins All geschossen wurde, ist angeblich in nur neun Monaten von iranischen Ingenieuren gebaut worden. „Sie war keine Reproduktion einer ausländischen Version“, sagte Irans Präsident, Mahmoud Amadinedschad. Ganz ohne fremde Hilfe kommt aber das Raketenprogramm des Irans nicht aus. Russland, Nordkorea und auch China greifen mit technischem Knowhow und Produktionsteilen unter die Arme. 2003 wurde ein Millionen schweres Technologie-Abkommen mit Nordkorea unterzeichnet. Russland lieferte Produktionsstätten, Diagramme und praktische Anleitungen zum Bau von Raketen, China verschiedene Einzelteile

Bei der gestarteten Kavoshgar 1 soll es sich in Wirklichkeit um die Shahab 4 handeln, ein iranischer Neubau der russischen SS-4, die 1962 von Russland während Kuba-Krise stationiert wurden. Von dieser Rakete mit einer Reichweite von 4500 Kilometern gab es auch eine Raumfahrtversion. Es wird vermutet, der Iran entwickelt Nachfolgemodelle, die Shahab 5 und Shahab 6, mit möglicherweise längerer Reichweite und besserer technischer Ausstattung. Das Navigationssystem Glonass, das das russische Pendant zum GPS der USA und dem geplanten Europas ist. Soll 2009 funktionsfähig und 2011 auf einen Meter präzise sein. 24 Satelliten im Weltall liefern die nötigen Daten dafür.

Die iranischen Langstreckenraketen könnten in wenigen Jahren neben konventionellen auch atomare oder chemische Sprengköpfe tragen. Ausgeschlossen ist auch nicht eine Spezialbestückung mit elektromagnetischen Impulsen oder Anti-Radar-Funktionen. Alles aus Russland oder China, die beiden großen Konkurrenten auf dem Milliarden-Raketen-Markt des Irans, zu denen Nordkorea im Vergleich eine eher untergeordnete Rolle einnimmt.