Islam an Deutschen Schulen – aber staatlich geprüft: Eine alte Debatte flammt neu auf

Von der Interpretation der Suren hängt viel ab. Symbolbild: Pixabay Licence

Deutscher Lehrerverband fordert einheitliche Regelung und staatlich ausgebildete Religionslehrer. Kann staatlicher Islamunterricht Radikalisierung verhindern?

Neu ist die Debatte nicht – islamischer Religionsunterricht findet an Schulen in mehreren deutschen Bundesländern statt, doch seine Ausgestaltung gleicht einem Flickenteppich. Eine einheitliche Regelung zur Qualifikation der Lehrkräfte gibt es bisher nicht.

Islamunterricht: Der bundesdeutsche Flickenteppich

2021 hat Bayern den "Islamischen Unterricht" als Wahlpflichtfach eingeführt. Die Qualifikation der Lehrkräfte erfolgt mit dem Studiengang "Islamischer Unterricht (Lehramt)" an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Auch in Schleswig-Holstein gibt es einen "islamkundlichen" Unterricht in staatlicher Verantwortung.

In Hessen und Niedersachsen wird islamischer Religionsunterricht in Kooperation mit islamischen Verbänden erteilt. Die Lehrpläne entwickeln dort Religionsgemeinschaften und staatliche Stellen gemeinsam.

In Berlin verantwortet dagegen der islamische Landesverband "Islamische Föderation Berlin" (IFB) den Religionsunterricht, begonnen wurde damit bereits 2001. In weiteren Bundesländern gibt es unterschiedliche Modellprojekte.

Lehrerverband will Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht

Nach Meinung des Deutschen Lehrerverbands muss sich das ändern: Die größte Lehrerorganisation außerhalb der DGB-Gewerkschaften fordert eine staatliche Ausbildung von Islamlehrern in allen Bundesländern für den Unterricht an Schulen. "Wir müssen einen Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht aufbauen", sagte Lehrerverbandspräsident Stefan Düll der Neuen Osnabrücker Zeitung (Montag).

Einen verpflichtenden Ethikunterricht fänden viele muslimische Eltern nicht ausreichend, so Düll. "Vielmehr drücken sie immer wieder ihren Wunsch aus, dass ihre Kinder eine islamische Unterweisung unter staatlicher Aufsicht, gerne auch an der Schule, erhalten."

Vor der Qualität von außerschulischen Angeboten und den dort vermittelten Werten hätten sie häufig "berechtigte Sorge". Sie wollten ihre Kinder "im Sinne eines aufgeklärten Islam erziehen und dabei professionelle Unterstützung, aber keine Unterweisung, die von anderen Staaten wie der Türkei oder dem Iran kontrolliert wird".

Warnung vor Kooperation mit Islamverband Ditib

Deshalb müssten Angebote unter staatlicher Aufsicht im Sinne des Grundgesetzes geschaffen werden, sagte Düll.

Die Grünen-Politikerin und Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor sieht im Islamunterricht auch einen Beitrag zur "Extremismusprävention" – sofern nicht Verbände wie die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (Ditib) mitmischen und "Gläubige stärker an die Türkei als an Deutschland" binden, wie sie die Ausrichtung 2019 einschätzte.

Kalifat-Demos als Antwort auf die Bombardierung Gazas

Neue Nahrung erhielt die Debatte nach dem 7. Oktober 2023 auch, weil angesichts des Israel-Gaza-Krieges auch fundamentalistische Gruppen wie "Muslim Interaktiv" in Essen und Hamburg mit dem Slogan "Das Kalifat ist die Lösung" protestiert hatten. Die Organisatoren hatten als Grund angegeben, Politik und Medien würden sich angesichts der Eskalation verstärkt islamfeindlich äußern und Muslime diffamieren.

Allerdings waren im Gegensatz zu den Aufmärschen der Kalifats-Befürworter auch zahlreiche Proteste säkularer Gruppen gegen die Bombardierung Gazas verboten worden. "Muslim Interaktiv" durfte nach bundesweiter Kritik zuletzt in Hamburg mit der Auflage demonstrieren, kein Kalifat für Deutschland zu fordern.