Islamismus ist politischer Islam
Die deutschen Islamverbände sollten gründlich überprüft werden. Der politische Islam muss konfrontiert werden, ohne in rechte anti-muslimische Hetze zu verfallen. Kommentar
Vor drei Wochen griff ein Islamist in Dresden ein schwules Paar an und ermordete Thomas L. Vor zwei Wochen enthauptete ein Islamist den französischen Lehrer Samuel Paty. Letzte Woche griff ein weiterer Islamist unter "Allahu Akbar"-Rufen Besucher der Kirche Notre-Dame im französischen Nizza an und tötete drei Menschen. Sechs weitere Menschen wurden verletzt. Bereits 2016 wurden in Nizza 86 Menschen und in Berlin 12 Menschen bei einem islamistischen Attentat getötet. Dann am Montagabend der Anschlag in Wien, bei dem der Täter, ein Islamist und IS-Anhänger, vier Menschen tötete.
Islamismus ist politischer Islam. Eine Debatte darüber ist überfällig. Es ist an der Zeit, die deutschen Islamverbände einer gründlichen Überprüfung zu unterziehen und dem politischen Islam den Kampf anzusagen, ohne in rechte anti-muslimische Hetze zu verfallen.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Nicht alle gläubigen Moscheebesucher sind Islamisten - allerdings sind sie in vielen Moscheen einer Propaganda ausgesetzt, die den Islamismus befeuert und zur Spaltung der muslimischen Gemeinschaft, wie auch der deutschen Gesellschaft insgesamt beiträgt.
Wie harmlos sind die Islamverbände wie DITIB und Islamische Föderation?
Ende Oktober wurde die Berliner Mevlana-Moschee in Friedrichshain-Kreuzberg wegen des Verdachts auf Erschleichung von Corona-Soforthilfen von der Polizei durchsucht. Obwohl die Soforthilfe nicht für gemeinnützige Vereine vorgesehen ist, soll u.a. das Konto der Mevlana-Moschee benutzt worden sein. Der türkische Präsident Erdogan warf den Berliner Behörden daraufhin Rassismus und Islamfeindlichkeit vor.
Die Mevlana-Moschee steht in Verbindung zur Islamischen Gemeinschaft Milli-Görüs (IGMG), die vom Verfassungsschutz wegen islamistischer und antidemokratischer Haltungen beobachtet wird. Die IGMG ist eine islamistische Bewegung, die auf Erdogans Ziehvater Necmettin Erbakan zurückgeht und heute der Saadet Partisi (Glückseligkeitspartei) zugerechnet wird. Sie lehnt den Laizismus ab und strebt wie Erdogan die Umwandlung der Türkei in einen islamischen Staat an.
1976 wurde die IGMG-Berlin gegründet und 1980 in "Mevlana-Moschee und Koranschule e.V." umbenannt. Die Mevlana Moschee ist Gründungsmitglied des Dachverbandes "Islamische Föderation in Berlin e.V.", dem 26 von 70 Berliner Moscheen angehören. Die Islamische Föderation erstritt sich gerichtlich das Recht, in Berlin an Schulen islamischen Religionsunterricht erteilen zu dürfen. Bis heute verlängert der Senat den entsprechenden Vertrag mit der Islamischen Föderation regelmäßig, wohl wissend, dass dort der politische Islam gepredigt wird.
1980 wurde der Lehrer Celalettin Kesim bei einer Demonstration gegen den Militärputsch in der Türkei am Kottbusser Tor von Mitgliedern der benachbarten Mevlana-Moschee getötet. Der mutmaßliche Täter wurde wegen Landfriedensbruch zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt. Als strafmildernd hielt das Gericht damals dem Täter zugute, dass er, "nach seiner ganzen Ideenwelt" an eine gute Sache geglaubt habe, wenn diese auch dem hiesigen Denken fremd sei, berichtete der Tagesspiegel am 3.9.1981
2004 berichtete das ZDF-Magazin Frontal21 über "Hasspredigten" des Imams Yakup Taşçı in der Moscheegemeinde. Selbstmordattentäter wurden zu Helden stilisiert, Deutsche als "stinkende Ungläubige" bezeichnet, die "in der Hölle landen".
2006 wurde bekannt, dass Taşçı in seinen Predigten dafür geworben habe, Gewinnanteile der islamischen Holding Yimpaş zu erwerben, die in den 1990er Jahren Anlagen türkischer Bürger veruntreute. Zudem soll der arbeitslos gemeldete Taşçı staatliche Leistungen vom Jobcenter Berlin-Mitte bezogen haben, obwohl er über knapp eine halbe Million Euro auf dem Konto einer türkischen Bank verfügte. Er entging einer verfügten Ausweisung, indem er freiwillig in die Türkei zurückkehrte.
In den kommenden Jahren wurde es still um die Mevlana-Moschee, keiner interessierte sich mehr für das, was in dieser und in den anderen Moscheen passierte. Nun geht es im Rahmen der Corona-Pandemie wieder um die Erschleichung von öffentlichen Geldern durch die Mevlana-Moschee.
Der Moscheen-Dachverband DITIB untersteht direkt der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet und besitzt den Status einer "Diyanet-Auslandsorganisation". "Eine Verknüpfung religiöser und politischer Anliegen war von Anfang an intendiert, wurde aber lange Zeit in Deutschland nicht als Problem erachtet…"1
Die Imame dieser Moscheen werden von Ankara geschickt und bezahlt, die Freitagsgebete aus Ankara werden zu 100% übernommen. Gepredigt wird dort der politische Islam. Bevor Diyanet 2016 den Vorstand und die Imame durch regierungstreue Vertreter ersetzte, zählte die seit 1982 existierende Berliner Sehitlik-Moschee zu den liberalen Gemeinden innerhalb der DITIB.
Siegeszug des politischen Islams
Im März 2017 begrüßte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu (AKP) vom Balkon des türkischen Generalkonsulats in Hamburg seine Anhänger mit dem "Wolfsgruß", dem Erkennungsgruß der faschistischen Grauen Wölfe. Die Übergänge zwischen Anhängern der Muslimbrüder, Milli Görüs und den faschistischen Grauen Wölfen sind fließend. Man trifft sich in den Moscheen der Verbände.
Viel zu lange wurde diese Entwicklung nicht beachtet, verharmlost oder unter den Teppich gekehrt. Die schleichende Islamisierung der Türkei wurde von deutschen Politikern nicht beachtet, obwohl Türkei-Experten vor dieser Entwicklung warnten. Erdogan galt lange als "Reformer" und genoss Sympathien bis in die Grüne Partei. Ditib und die Vereine der Gülen-Bewegung galten als Vertreter des liberalen Islam. So konnte sich in den letzten zwanzig Jahren der politische Islam in allen gesellschaftlichen Bereichen Deutschlands etablieren.
Ihre Netzwerke reichen vom islamischen Religionsunterricht an Schulen, der Mitgliedschaft in den bürgerlichen Parteien, Unternehmerverbänden, Projekten in der Familienhilfe, Gefängnisseelsorge, Dolmetschertätigkeiten in Gerichten und Migrationsbehörden, bis in die Polizei, die Nachrichtendienste und die Bundeswehr. Nicht zu vergessen, dass auch der türkische Geheimdienst MIT in diesen Institutionen seine Leute platziert hat. Dass sich Erdogan auch bei uns immer häufiger lautstark pöbelnd zu Wort meldet, ist daher kein Zufall.
Da in der Türkei die Wählerbasis bröckelt, setzt Erdogan auf die konservativen und nationalistischen Wähler in der Diaspora. Er schürt bei ihnen Empörung über den französischen Präsidenten Macron, weil dieser sich hinter die Motive seines von einem Islamisten enthaupteten Lehrers, nämlich die Verteidigung der Meinungs- und Kunstfreiheit, gestellt hat. Die Empörung über den französischen Präsidenten Macron und seine Verteidigung der Publikation von Mohammed-Karikaturen im Unterricht nutzt Erdogan, um gegen Macron Stimmung zu machen.
In Macron will Erdogan den schärfsten Kritiker der derzeitigen türkischen Außenpolitik in der EU treffen. Die emotionalisierte Stimmung in der muslimischen Welt heizt er an und nutzt sie für die Ausbreitung des politischen Islams.
Auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten der Linken, Sevim Dagdelen, bestätigte die Bundesregierung enge Verbindungen Erdogans zu Islamisten: Erdogan habe "seine ideologischen und politischen Wurzeln" in der Milli-Görus-Bewegung, heißt es in der Regierungsantwort. Es gebe auch Verbindungen von Funktionären von Milli-Görüs und der Muslimbruderschaft zur türkischen Religionsbehörde Diyanet und zum Dachverband DITIB. Der türkische Staat sei weiterhin bemüht, "Einfluss auf türkeistämmige Gemeinschaften in Deutschland zu nehmen" und "punktuell den politischen Willensbildungs- und Entscheidungsfindungsprozess in der deutschen Gesellschaft insgesamt zu beeinflussen". Konsequent fordert Dagdelen:
"Das islamistisch-nationalistische Erdogan-Netzwerk ist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Deutschland und muss zerschlagen statt staatlich gefördert werden."
Wie umgehen mit den Organisationen des politischen Islam?
Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sitzt seit vielen Jahren Ditib wie auch die Islamische Föderation und damit Milli Görüs im Migrationsbeirat. Obwohl dieser Bezirk traditionell links ist und seit Jahren grün regiert wird, will keiner das heiße Eisen anpacken. In den Sitzungen werden allenfalls die Augen verdreht, wenn ein Moschee-Vertreter anmerkt, mit einem anerkannten großen Träger der Familienhilfe, der erst seit einem Jahr Mitglied im Beirat ist, sitze die kurdische Arbeiterpartei (PKK) mit am Tisch. Widerspruch gibt es kaum, alle setzen auf solidarischen Dialog.
"Wir müssen diese Gruppen einbinden, nur so haben wir Einflussmöglichkeiten" und "wir tragen sonst zur Spaltung der türkischen Community bei" sind gängige Totschlagargumente, wenn deren Beteiligung und Förderung kritisch hinterfragt wird. Aber nach Jahrzehnten der "Einbindung" ist Radikalisierung und nicht Demokratisierung der muslimischen Gemeinschaft das Ergebnis.
In anderen Bundesländern sieht es nicht besser aus. Trotz des zunehmenden Trends zum Islamismus werden diese Verbände in einigen Bundesländern und auf Bundesebene weiter an Gremien beteiligt: Die bei der Deutschen Islamkonferenz (DIK) beteiligten Verbände bestehen überwiegend aus Verbänden des politischen Islam wie z.B. Ditib, Zentralrat der Muslime (ZMD) und Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland. In deren Unterorganisationen befinden sich Milli Görüs - aber auch die türkischen Ultranationalisten der ATIB.2
In Berlin wurde zuletzt 2018, unter einer rot-rot-grünen Regierung, der Vertrag mit der Islamischen Föderation zum islamischen Schulunterricht verlängert. An der Berliner Humboldt-Universität wird an einem Institut für islamische Theologien gearbeitet. Gute Sache, ist der erste Gedanke, endlich werden unabhängige Imame und Imaminnen ausgebildet. Aber weit gefehlt: Im Beirat des Instituts sitzen der ZMD und die Islamische Föderation Berlin - also Vertreter des politischen Islams.
Die dritte Gruppe im Beirat ist "die Islamische Gemeinde der schiitischen Gemeinden in Deutschland (IGS), dessen Funktionäre beim 'Qudstag' mitmarschieren und in vielerlei antiwestliche und antisemitische Aktivitäten verstrickt sind", schreibt Susanne Schröter in ihrem Buch "Politischer Islam. Stresstest für Deutschland". "Immerhin", so wird der Wissenschaftsstaatssekretär Steffan Krach dort zitiert, "werden keine Personen in den Beirat bestellt, die bereits an verfassungsfeindlichen Aktivitäten teilgenommen haben…" Dass die Organisationen, die hinter den Personen stehen, den politischen Islam repräsentieren, wird jedoch ausgeblendet.
Ein Projekt der rot-rot-grünen Regierung ist auch das House of One, wo unter einem Dach das Judentum, das Christentum und der Islam repräsentiert werden sollen. Eigentlich ein tolles Projekt - würde der Islam von einem liberalen Vertreter repräsentiert.
Im Frühjahr 2020 sollte auf dem Gelände der ehemaligen Petri-Kirche in Berlin-Mitte der Grundstein gesetzt werden. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Termin verschoben. Vielleicht könnte das als Denkpause genutzt werden. Denn im Gegensatz zum Rabbiner Andreas Nachama und dem Pfarrer Gregor Hohberg ist der Vertreter des Islams, der Imam Kadir Sanci, nicht unumstritten, da er als Vertreter des "Forums für interkulturellen Dialog" der Gülen-Bewegung angehört.
Erdogan und der Prediger Fetullah Gülen waren einst in der AKP Weggefährten. Sie verband das gemeinsame Ziel, die laizistische Türkei zu re-islamisieren. Als Erdogan die Gülen-Bewegung zu mächtig und Gülen ein islamischer Konkurrent wurde, wurde die Gülen-Bewegung 2010 kaltgestellt. Der endgültige Bruch kam mit dem misslungenen Putsch im Juli 2016, für den Erdogan Gülen verantwortlich macht. Gülen lebt heute im Exil in den USA und unterhält weltweit Moscheen und islamische Schulen. Auch die Gülen-Bewegung bemüht sich, modern und weltoffen zu sein, ist allerdings auch ein Teil des politischen Islam und versucht ihrerseits, ihren Einfluss in Europa zu festigen.
Gülen und Erdogan wollen aus der Türkei einen islamischen Staat machen und setzen auf Gehirnwäsche vom Kindergarten bis zur Universität. Beide versuchen die türkischsprachige Community zu indoktrinieren. Dies weist auf das Dilemma mit der islamischen Religion.
Viel zu lange wurden die türkischen islamischen Dachverbände als Vertreter eines liberalen Islams betrachtet, der den Säkularismus respektiere. Viel zu spät hat man die islamistische Agenda Erdogans realisiert, allen Warnungen zum Trotz. Nur sehr langsam werden liberale Moscheen wie z.B. die Ibn Rushd-Goethe-Moschee in Berlin als mögliche Alternative wahrgenommen.
Das "House of One" habe sich mit einer Charta dazu verpflichtet, weitere muslimische Partner ins Projekt zu holen, berichtet Imam Sanci. Dies sei eine Chance "jenseits festgefahrener, politisierter Konstellationen neue Wege im interreligiösen Dialog zu beschreiten". Die liberale Ibn Rushd-Goethe-Moschee, die Weddinger kurdische Moschee oder die Aleviten sind jedenfalls nicht daran beteiligt.
Fragt sich, wo eigentlich liberale muslimische Partner für das "House of One" gesucht werden?
Denn in den letzten Jahren haben sich etliche neue Verbände gegründet, zum Teil aus Abspaltungen der Ditib, wie z.B. der Ditib-Jugendverband, der sich jetzt "Muslimisches Jugendwerk" nennt.
Was läuft hier falsch?
Erster Fehler: Man verschließt in Deutschland die Augen davor, dass es sich bei den meisten Dachorganisationen von Moscheen um Vertreter des politischen Islam handelt und sich darin auch offensichtliche Islamisten und Faschisten tummeln. Das beste Beispiel ist Ditib, die ganz offiziell der türkischen Religionsbehörde unterstellt ist. Obwohl das mittlerweile bekannt ist, werden immer noch Verträge in einigen Bundesländern zur Erteilung des islamischen Religionsunterrichts an Schulen erteilt. Die Werte, die dort vermittelt werden, tragen zu den zunehmenden Problemen in den Schulen bei, wo Lehrer und Lehrerinnen als Ungläubige diffamiert und nicht respektiert werden.
Zweiter Fehler: Islamistische Aktivitäten werden kaum geahndet, z.B. wenn in den Moscheen Kinder martialische Theaterstücke in Militäruniformen aufführen, wenn für den Sieg der türkischen Armee bei ihren völkerrechtswidrigen Interventionen in Syrien gebetet wird oder wenn wie aktuell im kriegerischen Berg-Karabach-Konflikt einseitig Partei für Aserbaidschan bezogen und gegen Armenier gehetzt wird. Stattdessen werden die kurdische und die türkische Linke in Deutschland kriminalisiert, obwohl diese seit Jahren nachweisbar keine "terroristischen" Aktivitäten entfalten.
Dritter Fehler: Islamistische und türkische rechtsradikale Aktivitäten werden nicht als gleich gefährlich wie rechtsradikale deutsche Aktivitäten behandelt. Dabei handelt es sich um zwei Seiten der gleichen Medaille. Beide Lager sind von Hass gegen Andersdenkende geprägt und streben eine totalitäre Gesellschaftsordnung an, die unsere Demokratie bedroht.
Vierter Fehler: Die fehlende Differenzierung zwischen dem Islam als Religion und dem Islamismus, also dem politischen Islam, der politische Macht beansprucht. Diese fehlende Differenzierung hat den politischen Islam der Muslimbrüder und von Milli Görüs hoffähig gemacht. Dabei lässt sich der Islamismus so wenig mit dem Koran rechtfertigen wie die Kreuzzüge mit der Bibel.
Was tun? - Lösungsmöglichkeiten
Wie kann man die Fehler der Vergangenheit möglichst schnell ausbügeln, um die zunehmende Radikalisierung innerhalb der muslimischen Bevölkerung und innerhalb der Gesellschaft zu stoppen?
Als erstes, und das macht uns Frankreich gerade vor, muss man konsequent gegen Einrichtungen des politischen Islams vorgehen. Deren Propaganda hat nichts mit dem Islam als Religion zu tun. Moscheen und Dachverbände, die im Dienste Erdogans stehen, haben nichts in unseren politischen Gremien oder in Schulen zu suchen. Alle Verträge mit Organisationen, die den politischen Islam vertreten, müssen gekündigt und Förderungen eingestellt werden.
Stattdessen müssen Organisationen, die den liberalen Islam vertreten, gefördert werden. Dazu gehören neben den alevitischen Gemeinden auch diejenigen türkischen und kurdischen Moscheen, die sich zu einer demokratischen, laizistischen Gesellschaft bekennen. Die Moscheen anderer Nationalitäten müssen ebenso überprüft werden, denn auch dort gibt es eine Radikalisierung.
Zweitens ist es wichtig, die Religionsfreiheit, aber auch die Freiheit der Religionskritik zu verteidigen. Grenzen zwischen Religionskritik und Beleidigung dürfen nur von deutschen Gerichten festgelegt werden. Die hiesigen muslimischen Religionsgemeinschaften müssen dieses Prinzip ohne Wenn und Aber akzeptieren und in ihre Moscheen hineintragen.
Eine nicht-rassistische Religionskritik muss genauso wie gegenüber dem Christentum auch gegenüber dem Islam erlaubt sein. Immer wieder wird auch unter Linken Kritik an den Islamverbänden allzu schnell als rassistisch oder anti-muslimisch vom Tisch gewischt. Dahinter steckt die Angst, mit der anti-muslimischen Propaganda der AfD gleichgesetzt zu werden. Demokratische Parteien dürfen sich aber nicht von einer islamistischen Lobby instrumentalisieren lassen, deren Schutzpatron der türkische Präsident Erdogan ist.
Islamismus und Rechtsradikalismus bestärken sich
Wie können wir das Monster "Islamismus" wohl gemerkt: nicht den Islam, bekämpfen, ohne das Monster "Rechtsextremismus" zu stärken?
Islamisten und Rechtsextreme haben gemeinsam, dass sie der Hass auf eine Gruppe treibt. Der Mensch als Individuum spielt für sie keine Rolle: Es sind "die Juden", "die Armenier", "die Kurden", "die Linken", "die Migranten", "die Islamfeinde" etc.. Eine Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) stellte schon 2018 fest, dass sich Islamisten und Rechtsradikale in ihrer Ideologie und ihrem Diskurs gegenseitig bestärken.
Von daher dürfen wir den Rechten nicht das Feld überlassen. Wir müssen den Menschenhass, den beide Lager befeuern und der unsere Demokratie bedroht, öffentlich machen.
Frankreich, das die größte islamistische Szene hat, geht zurzeit mit gutem Beispiel voran: der salafistische Tarnverein "Baraka City" wurde vom französischen Innenministerium aufgelöst. Der Verein gehört zum Netzwerk der Muslimbruderschaft und verfügt über beste Verbindungen nach Ankara. Nach der Auflösung des Vereins bat Idris Sihamedi, der Vorsitzende des Vereins, per Twitter bei Erdogan um politisches Asyl für sich und sein Team. Sihamedi hat gute Gründe dafür: Bezogen auf das Attentat auf Charlie Hebdo und seine Redaktion schrieb er: "Für einen Gläubigen ist es das schönste im Leben, als Märtyrer zu sterben. (…) Das ist es, was uns von ihnen unterscheidet. Wir lieben den Tod, so wie sie das Leben."
Er zitiert damit den Al-Qaida-Attentäter Mohamed Merah, der im März 2012 in Toulouse und Montauban sieben Menschen tötete und sechs weitere verletzte. Sein Asylantrag dürfte durchgewunken werden, denn Sihamedis kam nach dem Vereinsverbot in der türkischen staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu ausgiebig zu Wort. Erdogan persönlich setzte sich für seinen Verein Baraka City ein. Das Büro des Vereins in der Türkei wird von Mehmet Uzun, einem Unterstützer von Dschihadisten in Syrien, geführt, ist in der Auflösungserklärung des französischen Innenministeriums zu lesen
Der französische Präsident hat vor, die faschistische Organisation "Graue Wölfe" zu verbieten. Das ist auch in Deutschland ein längst überfälliger Schritt und wird seit Jahren von Migrantenverbänden und einigen wenigen Politikern gefordert. Denn wie beschrieben, die Übergänge zwischen Nationalisten und Islamisten sind fließend. In der Türkei besteht eine Koalition zwischen Erdogans AKP und der faschistischen MHP, deren paramilitärischer Arm die Grauen Wölfe sind.
Es ist an der Zeit, dass auch die deutsche Politik gegenüber dem politischen Islam endlich einmal klare Kante zeigt.