Israel und die Apartheid-Debatte
Seite 2: Apartheid ist ein klar definierter Rechtsbegriff
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Doch Apartheid ist kein Kampfbegriff, es ist ein "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" (Art. 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998) mit präzisen juristischen Tatbeständen.
Nach der "Internationalen Konvention über die Bekämpfung und Bestrafung der Apartheid" von 1973 "bezeichnet der Ausdruck "Verbrechen der Apartheid", der die damit verbundene Politik und Praxis der Rassentrennung und -diskriminierung, wie sie im südlichen Afrika betrieben wurden, mit einschließt, (...) unmenschliche(n) Handlungen, die zu dem Zwecke begangen werden, die Herrschaft einer rassischen Gruppe über eine andere rassische Gruppe zu errichten und aufrechtzuerhalten und diese systematisch zu unterdrücken."
Art. 7, Abs. 2, Lit. h des Römischen Statuts definiert das "Verbrechen der Apartheid" als "unmenschliche Handlungen (...), die von einer rassischen Gruppe im Zusammengang mit einem institutionalisierten Regime der systematischen Unterdrückung und Beherrschung einer oder mehrerer anderer rassischer Gruppen in der Absicht begangen werden, dieses Regime aufrechtzuerhalten."
Der Begriff hat sich schon lange von seinem ärgsten und bekanntesten Beispiel in Südafrika getrennt, und ist nicht mit dem weißen Herrschaftssystem mit untergegangen. In Art. 2 hat die Anti-Apartheid-Konvention eine Reihe von strafbaren Tatbeständen aufgeführt, die sowohl von Südafrika wie Israel erfüllt werden. Nicht ohne Grund war Israel bis zum Fall der weißen Herrschaft der neben Südafrika am meisten in der UNO verurteilte Staat.
Kein Ausweis des Antisemitismus der Generalversammlung, nur ein Beweis der langen, aber vergeblichen Auseinandersetzung mit einer inakzeptablen, die Prinzipien der UNO missachtenden Politik.
Bezeichnend ist, dass die meisten der alten Kolonial- und jetzigen Nato-Staaten, von den USA bis Deutschland, das Übereinkommen nicht unterzeichnet oder ratifiziert haben. Sie befürchten, dass ihre eigenen Bürger und Organisationen einer Strafverfolgung wegen Unterstützung und Begünstigung der Apartheid ausgesetzt werden könnten.
Schließlich hat auch das Russel-Tribunal zu Palästina auf seiner Sitzung im November 2011 in Kapstadt befunden, dass "Israel das palästinensische Volk einem institutionalisierten Regime der Herrschaft unterwirft, welches nach internationalem Recht auf Apartheid hinausläuft. Palästinenser in den besetzten Gebieten seien "einer besonders schweren Form der Apartheid unterworfen".
Das Tribunal schloss mit dem Urteil, "dass Israels Herrschaft über das palästinensische Volk, wo immer es lebt, auf ein einziges integriertes System der Apartheid hinausläuft."5
Blinde Flecken in der Berichterstattung
Aber die deutsche Presse hatte es sich mehrheitlich bereits zur redaktionellen Leitlinie gemacht, derart unerfreuliche Meldungen zu übergehen oder auf den "Terror der radikalislamischen Hamas" abzulenken.
Wir müssen die systematische und institutionalisierte Unterdrückung in der Doktrin der jüdischen Staatlichkeit im israelischen Regime sehen, die gerade in den (bisher nicht definierten) Grenzen der Grünen Linie Israels herrscht.
Die israelische Gesetzgebung und der Aufbau der israelischen Staats- und Verwaltungsinstitutionen kulminieren in der zionistischen Ideologie vom jüdischen Staat und dem damit verbundenen Ausschluss der arabischen Bevölkerung.
Sie sind eindeutig auf die "systematische Unterdrückung und Beherrschung" der Palästinenserinnen und Palästinenser gerichtet. Dass diese Politik auch noch auf einer rassistischen Einstellung basiert, verstärkt den Charakter eines Apartheidverbrechens, ist dafür jedoch keine Voraussetzung.
Der Bericht von Amnesty basiert auf einer Recherche von vier Jahren. Dem Bericht mag es an "Sensibilität fehlen", wie die taz rügt. Dieser Vorwurf wäre allerdings eher der jahrzehntelangen Besatzung als dem Bericht über sie zu machen. Ihm fehlt auch nicht die "Genauigkeit", eine weitere Kritik.
Er bietet eine Fülle detaillierter Beweise für "ein grausames System der Beherrschung und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", wie Amnesty seinen Bericht überschrieben hat. Und er eröffnet hoffentlich nach dem ersten Schock eine weniger voreingenommene und verkrampfte Debatte, über das, was in Israel und den besetzten Gebieten geschieht.
Der Uno-Menschenrechtsrat hat am 27. May 2021 erneut die Bildung einer internationalen Kommission beschlossen, die die Verstöße Israels gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte untersuchen soll. Sie wird dann erfahren, wie weit die Versicherung von Außenminister Lapid geht, für "genaue Prüfungen offen" zu sein.
Die alte Bundesregierung hat gegen diesen Beschluss gestimmt. Für die neue Bundesregierung sollte dieser Bericht von Amnesty der Anlass sein, endlich in ihrer Staatsräson aufzuräumen. Darin hinein gehört schon lange nicht mehr die bisher praktizierte Obstruktion aller Organisationen der UNO, die nur versuchen, den Palästinensern und Palästinenserinnen ihre selbstverständlichen Rechte zu verschaffen. Die Presse wird ihr auch dann folgen.