Ist die NPD verboten gut oder verboten schlecht?
Dienstag wird in Karlsruhe die Entscheidung mitgeteilt, wie (un)gefährlich die neonazistische Partei für die Demokratie (noch) ist
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe teilt am Dienstag mit, ob die NPD verboten wird oder nicht. Schon die Einleitung des Verbotsverfahrens durch die Bundesländer war umstritten, weil die NPD unterdessen möglicherweise als zu unbedeutend angesehen wird, um noch eine echte Gefahr für die Demokratie darzustellen. Der Bundesrat hatte im Namen der Länder den Antrag auf das Verbot der NPD im Dezember 2013 gestellt, doch seitdem haben sich in Deutschland Aktionsformen und Parteienlandschaft rechts der CDU verändert.
Rückblick: Nachdem das erste NPD-Verbot unter anderem wegen der V-Leute der Verfassungsschutzämter gescheitert war, beantragten Ende 2013 die Bundesländer erneut ein Verbot der neonazistischen Partei. Im Zuge des Verfahrens forderte das Bundesverfassungsgericht im März 2015 mehr Infos über die nunmehr abgeschalteten V-Leute (Bundesländer sollen für das NPD-Verbot nacharbeiten). Die Antragsteller reichten Daten und neue Belege für die Verfassungsfeindlichkeit der Partei nach (Neue Belege für das NPD-Verbot). Im März 2016 wurde in Karlsruhe drei Tage lang öffentlich verhandelt.
Allerdings schwebte nahezu immer auch das Damoklesschwert über dem Verfahren, dass die NPD zu unbedeutend ist oder werden könnte, sie also zu ungefährlich für die Demokratie ist. Selbst wenn das Bundesverfassungsgericht die Partei als verfassungsfeindlich einstufen würde, würde ein Verbot vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wohl keinen Bestand haben, weswegen Karlsruhe derlei bei seiner Entscheidung schon berücksichtigen und die Partei nicht verbieten würde, so die Befürchtung.
Schon Ende Dezember gab es Medienberichte, dass die Bundesregierung nicht von einem Verbot der Partei ausgehe. Kurz darauf hieß es in Berichten, auch die Bundesländer rechneten mit einer Niederlage.
Seit 2013 hat sich vieles verändert am rechten politischen Rand. So wies die Rechtsextremismus-Expertin und Fachjournalistin Andrea Röpke in einem Interview darauf hin, dass NPD-Funktionäre "längst auch in anderen Strukturen aktiv" seien, selbst wenn sie als solche nicht erkennbar seien. Die Partei habe in den letzten Jahren Anti-Asyl-Initiativen und "Pegida"-Ableger mit geprägt. "Pegida" und die Alternative für Deutschland (AfD) hätten "Parolen und zum Teil […] Strategien" der NPD übernommen.
Parlamentarisch verlor die NPD in den letzten Jahren Mandate in Landtagen und die ihr deswegen zustehenden Mittel aus der Parteienfinanzierung. Demgegenüber konnte die AfD sowohl parlamentarisch als auch bei verschiedenen Protestformen der NPD Teile der Sitze, Gelder, Wähler und Sympathisanten streitig machen. Auch wenn die NPD noch rund 340 Mandate oftmals in ostdeutschen Kommunalparlamenten hält, sie wird immer unbedeutender. Aktionistisch machen neue Parteien wie die neonazistischen "Die Rechte" oder "Der III. Weg" sowie neurechte Spontitruppen wie die "Identitäre Bewegung" der NPD Konkurrenz.
Parteichef Frank Franz glaubt indes, seine Partei werde nach einem gescheiterten Verbotsverfahren wieder neu erstarken und für sie breche eine "neue Zeit" an. Die NPD werde "nicht verboten. Da sind wir uns sehr sicher", sagte Franz. Sein Vorgänger Udo Voigt, der für die NPD im Europaparlament sitzt, scheint da einen anderen Blickwinkel einzunehmen. Er kommentierte kürzlich, dass man "eine Idee, deren Zeit gekommen ist, durch ein Verbot [nicht] stoppen" könne.
Das sind keine wirklich neuen Töne von Voigt. Derlei Aussagen gehören seit Jahrzehnten zum Textbaukasten in der rechtsextremen Propaganda, wenn es um das Verbot von Parteien, "Kameradschaften" und Aktionsbündnissen geht. Angesichts der teils fremdenfeindlichen Grundstimmung hätten sie heute jedoch eine andere Bedeutung als noch vor Jahren. Und das Dank des völkischen Flügels der AfD, "Pegida", der "Identitäten Bewegung", neurechter Denkzirkel, deren Medien und Aktionsformen sowie der immer weiter eskalierenden Hetze rechter Trolle in den Foren und (a)sozialen Medien auch ganz ohne die NPD.