Ist es das Ende vom Trump-Reich?

Seite 2: Können sich die USA aus dem Sturm befreien?

1. Trump gewinnt keine Wahlen (mehr). Selbst beim Sieg 2016 über Clinton konnte er nicht die Mehrheit der Stimmen, den "popular vote" gewinnen. Nur das "electoral college", bei dem die sogenannten Wahlmänner und -frauen aus den Bundesstaaten über die Wahl entscheiden, verschaffte ihm den Sieg.

Bei der letzten Präsidentschaftswahl konnte Joe Biden von den Demokraten trotz Trumps ständigen Lügen, Aufhetzungen und egomanischen Medienangriffen, wenn auch nur hauchdünn, den Sieg erringen – zumindest was das "electoral college" angeht, bei den Stimmen insgesamt war der Abstand klarer.

Die Zwischenwahlen im November letzten Jahres zeigen, dass sich Trumps Wahlstern weiter im Sinkflug befindet. Viele der republikanischen Kandidat:innen für den Senat oder das Repräsentantenhaus, die Trump unterstützte, fielen durch. Eine Unterstützung wirkte sich meist negativ aus.

Vor allem junge Wähler ziehen den Republikanern und Trump zunehmend einen Strich durch die Rechnung. Sie wählen mit großen Mehrheiten progressive Kandidaten. Und diejenigen, die 2016 bei Trumps Wahl zehn Jahre alt waren, werden 18 und damit wahlberechtigt sein, wenn 2024 ein neuer Präsident gewählt und viele Sitze im Kongress vergeben werden. Es geht für die MAGA-Truppe ("Make America Great Again") in die falsche Richtung.

Während Trump am Dienstag in New York vor Gericht erscheinen musste, erlitten am selben Tag die Trump-Republikaner erneut zwei große Schlappen. Im Bundesstaat Wisconsin wurde eine Liberale gegen den Republikaner-Kandidaten in den dortigen Obersten Gerichtshof gewählt.

Damit ist der Supreme Court dort nun nach sehr langer Zeit wieder liberal, was aus diversen Gründen große Konsequenzen auch auf die anstehende Präsidentschaftswahl und die Machtbalance im Kongress haben könnte.

Denn über diesen den Republikanern bisher zugeneigten Gerichtshof planten die Trump-Anhänger, die Präsidentschaftswahl 2024 rechtlich angreifen zu können. Zugleich hatte der dortige Supreme Court eine Neueinteilung der Wahlkreise durchgeboxt, die republikanische Kandidaten bewusst bevorzugt.

Das könnte jetzt wieder rückgängig gemacht werden und den Demokraten neue Sitze im Kongress bringen. Der Journalist John Nichols aus Wisconsins nennt in The Nation diese Wahl daher "die wichtigste Wahl für das Jahr 2023".

In Chicago, die drittgrößte Stadt der USA, gewann zeitgleich ein progressiver Demokrat gegen den republikanischen Herausforderer und ist jetzt neuer Bürgermeister. Brandon Johnson kommt aus der Gewerkschaftsbewegung. Eine kappe Entscheidung, sicherlich, der "Wind of Change" bläst nicht mächtig, aber unablässig in eine Richtung.

2. Trump fehlt mehr und mehr die Mobilisierungskraft. Der von ihm angestiftete Staatscoup-Versuch am 6. Januar 2021 und die "Stop-The-Steal"-Kampagne sollten der Höhepunkt seiner Chuzpe-Strategie bilden, mit der er die Macht einfach mit einem Mob an sich reißen wollte.

Aber anstatt sich an die Spitze zu stellen, zog er sich ins Weiße Haus und später dann auf sein Luxus-Anwesen Mar-a-Lago zurück. Jetzt werden die, die seinen Rufen folgten, angeklagt oder sind bereits wegen schwerer Verbrechen wie Volksverhetzung verurteilt worden. Das wirkt nicht gerade mobilisierend für seine Anhänger.

Vor gut einer Woche verkündete Trump im texanischen Waco seine erneute Kandidatur um die US-Präsidentschaft. Sein erster Wahlkampfauftritt, groß angekündigt. Es sollte ein Fanal, eine Angriffserklärung werden. Er prahlte, dass Zehntausende gekommen sein. Auswertungen zeigen, dass es einige tausend Anhänger waren, die sich versammelten.

Trump hatte versprochen, dass seine Fans bei seiner Ankunft vor Gericht in Manhattan in Jubel ausbrechen würden – aber in Wirklichkeit war das Ganze ein ziemlicher Reinfall. Einige hundert Pro- und Anti-Trump-Demonstrierende hatten sich eingefunden.

Das Herzstück des Protests – ein Auftritt von Marjorie Taylor Greene, der QAnon-anhängenden, rechtsextremen republikanischen Verschwörungstheoretikerin – entpuppte sich als Farce. Keiner konnte sie richtig mit ihrem Megafon hören. Nach drei Minuten brach sie ab und verschwand.

Der Konzernkritiker und ehemalige Präsidentschaftskandidat Ralph Nader sieht in der Anklage Trumps eine "erste Wende" in Sachen Rechtlosigkeit. Das müsse nun erweitert werden. Der Trump-Analyst Johnston spricht von schleichendem Machtverlust:

Die Realität sieht so aus, dass Donald Trumps Unterstützung schwindet und immer mehr in Richtung Ohnmacht schrumpft. Er hat nicht einmal die Unterstützung der Mehrheit der Republikaner, und die Republikaner in Amerika sind eine Minderheitspartei.

Wie der ehemalige US-Arbeitsminister Robert Reich sagt, will Donald Trump nicht US-Präsident, sondern Führer einer faschistischen Nation werden. Aber ein faschistischer Führer muss dafür das System, auch das politische und das Rechtssystem, überwältigen.

Als US-Präsident ist ihm das nicht gelungen. Der von ihm angestiftete Staatscoup misslang. Nun bröckelt sein Reich. Und das ist wahrscheinlich erst der Anfang. Aber wenn nicht Trump – was dann?

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind weiter ein gespaltenes Land. Doch die Misserfolge von Trumps Chuzpe-Strategie nehmen zu. Es sind zugleich Erfolge progressiver Kampagnen und gut organisierter Bewegungen, die den politischen Egomanen zunehmend in die Schranken weisen. Die nächsten zwei Jahre werden zeigen, ob sich die USA aus dem Trump-Sturm befreien können.