Istanbul: Opposition gewinnt Neuwahl
Schlappe für Erdogan: CHP-Kandidat Ekrem Imamoglu konnte seinen Vorsprung deutlich ausbauen
An Wahltagen in der Türkei ist man an Skandale gewöhnt: Schießereien unter verfeindeten Gruppen, Versuche der Wahlfälschung, Druck auf Wähler und Politiker, die sich gegenseitig übel beschimpfen. An diesem Sonntag gab es nichts von alldem.
Im Gegenteil. Der Wahltag verlief ruhig und ohne Zwischenfälle. Zehntausende Istanbuler hatten ihren Sommerurlaub abgebrochen, um in der Stadt ihre Stimme abgeben zu können, nachdem der erste Wahlgang auf Druck von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan annulliert worden war.
Und schon am frühen Abend, kaum eine Stunde nach Beginn der Auszählung, zeichnete sich ein klares Bild ab: Ekrem Imamoglu, der Oppositionskandidat der CHP, der von einem breiten Parteienbündnis unterstützt wurde, konnte seinen Vorsprung sogar noch deutlich ausbauen.
Nach ersten Zahlen holte er fast 54 Prozent der Stimmen, während AKP-Kandidat Binali Yildirim mit knapp 45 Prozent weit abgeschlagen war. Yildirim wartete daher nicht lange und gestand rasch seine Niederlage ein. Und auch die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu verkündete das Ergebnis schon weit vor 19 Uhr.
In Istanbul waren knapp zehn Millionen Menschen wahlberechtigt, und die Wahlbeteiligung war mit 84,4 Prozent ähnlich hoch wie beim ersten Wahlgang Ende März. Am Ende dürfte die erzwungene Neuwahl der größte Fehler in Erdogans Karriere gewesen sein. "Wenn wir Istanbul verlieren, verlieren wir die Türkei", hatte er im Wahlkampf gesagt.