Japan veröffentlicht Richtlinien zum Selbstschutz bei Raketenangriffen
Japans Regierung stellt sich hinter Trump und droht Nordkorea, es würden alle Optionen auf dem Tisch liegen, aber die Sorge wächst
Unter Protesten richtet das US-Militär noch schnell vor der Wahl in Südkorea das Raketenabwehrsystem THAAD ein. Heftige Kritik gab es dafür von China und Russland, auch in Südkorea ist es umstritten. Einwohner protestierten gegen die Einrichtung bei der unangekündigten Ankunft einiger Transporter mit den Raketen und Radarsystemen in Seongju.
Konservative Politiker begrüßen zwar die Installation, haben jedoch wenig Chancen bei der anstehenden Wahl. Moon Jae-in von der liberalen Demokratischen Partei ist aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat und kritisierte die Installation, die ohne parlamentarische Zustimmung und damit nach ihm "unter Missachtung des Volkswillens und der demokratischen Verfahren" geschieht.
Kim Jong-un, der derzeit sehr häufig öffentlich auftritt, gibt sich hingegen unbekümmert. Mit seiner Anwesenheit wurden gestern umfangreiche Militärübungen aus Anlass der Gründung des Militärs vor 85 Jahren ausgeführt. Man beschränkte sich auf das Abfeuern konventioneller Waffen, nachdem man am 16. April neue Raketen, darunter die Langstreckenrakete Pukguksong-3 bzw. Attrappen, auf einer großen Militärparade vorgeführt hatte.
Nicht nur in Südkorea ist man in Sorge, dass ein militärischer Konflikt mit Nordkorea ausbrechen könnte, da das ganze Land von nordkoreanischen Raketen erreicht werden kann, zudem fürchtet auch noch die Existenz weiterer Tunnels, durch die im Fall eines Konflikts nordkoreanische Spezialeinheiten ins Land eindringen könnten. Nordkorea soll 200.000 gut ausgebildete und gerüstete Soldaten in Spezialeinheiten haben.
In Japan gibt sich auch die Regierung von Ministerpräsident Abe sehr besorgt, da nordkoreanische Raketen das Land erreichen könnten. Anfang März hatte Nordkorea vier Raketen Richtung Japan abgefeuert, drei sind in der 200-Meilen-Zone vor der Küste ins Wasser gestürzt. Am 5. April feuerte Nordkorea zur Begrüßung des Treffens von Donald Trump mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping erneut eine Mittelstreckenrakete Richtung Japan, auch wenn sie bereits nach 60 km ins Meer stürzte, ob absichtlich oder nicht, ist nicht bekannt.
Dass Japan in der Reichweite nordkoreanischer Raketen liegt, wurde vom Regime schon 1998 demonstriert, als eine Taepodong-1-Mittelstreckenrakete abgefeuert wurde, um einen Satelliten ins All zu bringen. Der Versuch scheiterte zwar, aber die Rakete soll mehr als 1600 km geflogen sein - und zwar über Japan hinweg.
Ministerpräsident Abe, der auf die Militarisierung setzt und das nach dem Zweiten Weltkrieg auf Selbstverteidigung begrenzte Militär Schritt für Schritt offensiver zu machen sucht, hatte schon gleich den Giftgasangriff in Syrien dazu benutzt, um Angst in Japan zu säen, dass auch Nordkorea Raketen mit Sarin nach Japan abschießen könnte. Politiker seiner Partei fordern, dass Japan die Möglichkeit haben müsste, auf einen Raketenangriff zurückzuschlagen, also Japan auch offensive Raketen besitzt, mit denen andere Länder angegriffen werden können. Gerade führen der Verband des US-Flugzeugträgers Carl Vinson und japanische Kriegsschiffe Übungen durch, um Nordkorea zu bedrohen. Abe stellt sich auch hinter Trump und droht Nordkorea, es würden alle Optionen auf dem Tisch liegen.
Höchstens 10 Minuten Zeit, wenn in Nordkorea eine Rakete abgeschossen wird
In Südkorea, wo man weiterhin den militärischen Ambitionen Japans skeptisch gegenübersteht und im Konflikt über die japanischen Kriegsverbrechen insbesondere an den Frauen steht, rief man Japans Regierung zu Mäßigung auf. Die aber legt nun nach nun nach, ob aus berechtigter Sorge oder aus anderen politischen Erwägungen heraus, ist schwer auszumachen.
Das Büro des Regierungschefs hat neue Richtlinien zum Selbstschutz veröffentlicht, in denen gesagt wird, was man tun müsse, wenn eine nordkoreanische Rakete abgefeuert wird. Dann nämlich habe man gerade noch 10 Minuten Zeit. So schreibt die Regierung, dass eine Rakete, wie sie am 7. Februar 2016 von Nordkorea abgefeuert wurde, 10 Minuten benötigen würde, um über Okinawa zu fliegen. Die Regierung organisierte auch Treffen mit den lokalen Behörden, um zu besprechen, was diese machen müssten, wenn eine Rakete in ihr Gebiet einschlagen sollte. Die Ergänzungen seien aufgrund des erhöhten Interesses der Bürger gemacht worden, heißt es seitens der Regierung.
Allerdings gibt es bereits ein Warnsystem namens J-Alert, das bei einem drohenden Raketenangriff Behörden über Satellit, Telefon und Internet warnt, die wiederum die lokale Bevölkerung über Fernsehen, Radio, Handys oder Lautsprecher informieren. In den auf der Website zum Zivilschutz publizierten Richtlinien zum "Selbstschutz vor bewaffneten Angriffen und Terrorismus" werden die Menschen aufgefordert, im Fall eines Alarms ruhig und besonnen, aber sofort zu reagieren. Die Menschen sollen dann, wenn sie sich draußen aufhalten, zum nächsten stabilen Gebäude begeben oder, wenn möglich, in ein Einkaufszentrum unter dem Boden. Sitzen sie in Autos, sollen sie diese unverschlossen auf der linken Straßenseite parken. In den Häusern sollen sie alle Türen und Fenster schließen, Wasser, Gas und Klimasysteme ausschalten und sich am besten hinlegen, Schutz unter Tischen suchen und fern von Fenstern bleiben.
Es sei allerdings "extrem schwierig" auszumachen, wo eine Rakete nach einem Abschuss landen wird, sie werde es aber in kurzer Zeit tun. Jedes Mal, wenn eine Rakete abgefeuert wird, gebe es Warnungen in dem Gebiet, in dem erwartet wird, dass sie einschlägt. Es sei aber auch sehr schwierig zu wissen, ob die Raketen mit konventionellen Sprengköpfen ausgerüstet oder mit chemischen, biologischen oder nuklearen Waffen. Je nachdem würde sich der Schaden "stark unterscheiden". Vorbereiten soll man sich auch auf eine Invasion vom Meer aus oder aus der Luft. Hier müssten die Bürger damit rechnen, jederzeit evakuiert zu werden. Im Gegensatz zu Angriffen mit Marschflugkörpern sei hier leichter zu entdecken, wenn ein Angriff stattfinden, aber mit den Zielen gebe es auch Schwierigkeiten.
Bei Angriffen mit chemischen biologischen und nuklearen Waffen werden besondere Anweisungen gegeben. So sollen etwa Fenster bei chemischen oder biologischen Angriffen verschlossen und verklebt werden. Bei Atombomben solle man nicht in das Licht schauen, sich sofort hinter einen Gegenstand oder in ein Gebäude zurückziehen, die Nase und den Mund mit einem Handtuch verdecken und möglichst schnell gegen den Wind weggehen. Bei einer schmutzigen Bombe soll man sich so verhalten wie bei einer plötzlichen Explosion und den Anweisungen der Behörden folgen.
Allerdings meint Osakas Bürgermeister, es könne einige Minuten dauern, bis entdeckt wird, dass eine Rakete abgefeuert wurde, weswegen es vielleicht nur 4-5 Minuten Vorwarnzeit gebe. Geübt wurden an manchen Orten bereits Evakuierungen, notwendig seien zu deren Anordnung aber Gesetzesänderungen. Übungen sollen auch in Kooperation mit dem Verteidigungsministerium stattfinden.