Jemen-Einsatz der Bundeswehr: Geballter Zynismus
Gastkommentar zum Beschluss des Bundeskabinetts, Soldaten und Polizisten zur Überwachung des Waffenstillstands in den Jemen zu entsenden
Heute, am 10. April 2019 hat das Bundeskabinett die Entsendung von bis zu 10 deutschen Soldaten und Polizisten als Teil einer UN-Mission von insgesamt 75 Militärbeobachtern zur Überwachung des Waffenstillstands in der jemenitischen Hafenstadt Hodeida beschlossen.
In einem Brief von Staatssekretär Nils Annen an Abgeordnete des Auswärtigen wie des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages wird der Einsatz wie folgt begründet: "Die deutsche Teilnahme an der Mission liegt im Jemen-politischen, regionalpolitischen und VN-politischen Interesse Deutschlands und leistet einen wichtigen Beitrag zu der Umsetzung von Sicherheitsratsbeschlüssen und zur Stärkung von Friedensmissionen der Vereinten Nationen." Zugleich berichtet Tagesschau.de, dass in einer geheimen Sitzung des Bundestages das Eingeständnis der Bundesregierung bekannt wurde, wonach im Jemen-Krieg deutsche Rüstungsgüter eingesetzt werden.
Die Bundesregierung lockerte das Waffenembargo gegenüber Saudi-Arabien demnach im Wissen, dass mit deutscher Beteiligung gebaute Kampfflugzeuge wie Tornado und Eurofighter weiter bei den Terrorangriffen gegen die jemenitische Zivilbevölkerung zum Einsatz kommen. Die Frage der Endverbleibsgarantie wurde deshalb durch die Bundesregierung uminterpretiert, so dass auch der Einsatz deutscher Waffen im Jemen-Krieg durch Saudi-Arabien als kompatibel mit den deutschen Endverbleibsbestimmungen gewertet wird.
Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Vor dem Hintergrund, dass durch die fortgesetzten Waffenlieferungen an den Aggressor Saudi-Arabien die Bundesregierung Deutschland indirekt zur Kriegspartei im Jemen-Krieg macht, ist die Entsendung von deutschen Militärbeobachtern in den Jemen mehr als zynisch. Deutschland ist in diesem Konflikt in keinem Fall neutral und verletzt bewusst die ungeschriebene UN-Regel, dass bei Beobachtungsmissionen keine Soldaten von Großmächten, Konfliktparteien oder Staaten mit unmittelbaren Interessen zum Einsatz kommen sollten.
Zugleich soll der Einsatz der deutschen Öffentlichkeit ein friedenspolitisches Engagement der Bundesregierung im Jemen suggerieren, das es so gar nicht gibt. Denn im Gegenteil heizt die Bundesregierung durch ihre Waffenlieferungen, die den saudischen Bombenkrieg erst ermöglichen, den Konflikt weiter an und macht sich mitschuldig an den furchtbaren Kriegsverbrechen der islamistischen Kopf-Ab-Diktatur.
An vielen Frontabschnitten geht der Krieg im Jemen jedenfalls mit unverminderter Härte weiter. Durch die Angriffe der saudisch geführten Kriegskoalition droht weiter Millionen Menschen der Hungertod. Täglich werden Zivilisten getötet. Am 8. April 2019 berichtete UNICEF über die Bombardierung zweier Schulen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa. Mindestens 14 Kinder seien getötet worden. Von 16 weiteren Kindern, die verletzt wurden, kämpften einige noch in Krankenhäusern um ihr Leben, so das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.
Der Jemen-Einsatz der Bundeswehr ist nichts als ein zynischer Ablasshandel für die deutschen Waffenlieferungen zur Fortsetzung des Terrorkriegs der Fürsten der Finsternis in Riad. Militärbeobachter in den Jemen sollten Staaten entsenden, die wirklich neutral sind und keine geopolitischen Interessen in der Region haben. Wenn die Bundesregierung wirklich etwas für die Menschen im Jemen tun wollte, müsste sie einen sofortigen und umfassenden Waffenstopp für die gesamte Jemen-Kriegskoalition erklären, allen voran für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Sevim Dagdelen ist stellvertretende Vorsitzende und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.
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