Joint Venture zwischen Schwein und Huhn
Während die drei atlantischen Freihandelsverträge, CETA, TTIP und TiSA kontrovers diskutiert werden, liegt über den Freihandelsverträgen zwischen der EU und den Staaten Afrikas der Schleier des Desinteresses - dabei bietet auch der von der EU verfochtene Ansatz des Economic Partnership Agreement (EPA) Anlass für Kritik
Ziel von Freihandelsverträgen ist die maximale Deregulierung der Märkte und eine möglichst umfassende Privatisierung. Man will dem Markt den Vorrang vor staatlichen Gestaltungsmöglichkeiten geben. Im Unterschied zu den Freihandelsverträgen mit Amerika ist der einseitige Vorteil für die Länder der EU bei EPA kaum zu übersehen: Sie dienen eher den Interessen der EU an einem freien Zugang zu den Rohstoffen Afrikas und einem ebenfalls freien Zugang europäischer Konzerne zu afrikanischen Märkten als dem Gemeinwohl in afrikanischen Staaten und erinnern ein wenig an die Geschichte vom Joint Venture zwischen einem Schwein und einem Huhn zur Produktion von "Ham and Egg", bei dem es dem Schwein an die Substanz geht.
Was soll sich ändern?
In der Vergangenheit erhielten zahlreiche afrikanische Staaten zollfreie Marktzugänge in die EU und hätten durch die Erhebung von Schutzzöllen oder die Einrichtung von Importquoten für die eigene Wirtschaft, die Möglichkeit, eine lebensfähige und stabile Ökonomie in ihren Ländern aufbauen können. Die EPA wollen mit diesen Optionen aufräumen und forder Freihandel, bevor sich in den afrikanischen Staaten ein stabiles Wirtschaftsgefüge etablieren kann.
Seit dem Jahre 2004 drängt die EU zahlreiche afrikanische Staaten als Teil der sogenannten AKP-Staaten (Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten) zum Abschluss der EPA-Freihandelsabkommen. Doch die betroffenen afrikanischen Staaten stellten immer häufiger fest, dass sich durch ein Freihandelsabkommen mit der EU ihre Position eher verschlechtert, als verbessert.
Zwar können afrikanische Produzenten von der verbilligten Einfuhr moderner Maschinen oder Düngemittel profitieren, gleichzeitig wird jedoch der Aufbau einer eigenen Industrie in diesen Bereichen verhindert. Die afrikanischen Länder können mit einer Wirtschaft wie der Deutschen nicht konkurrieren. Das führt dazu, dass durch den Freihandel und die EU-Importe bestehende Industrien gefährdet werden und zukünftige Industrien gar nicht erst entstehen, weil sie dem Wettbewerb mit der EU-Wirtschaft ausgesetzt sind.
Handelsliberalisierung bietet für Europa einseitige Vorteile
Die Staaten der EU profitieren davon, dass die afrikanischen Staaten ihre Importzölle für über 80% der Waren streichen müssen und auf Rohstoffe künftig keine Exportzölle erhoben werden dürfen.
Für die afrikanischen Länder bringen die angestrebten Handelserleichterungen jedoch mehrere grundsätzliche Probleme mit sich:
Die noch im Aufbau befindlichen Industriesektoren in Afrika sind der Konkurrenz aus der EU nicht gewachsen. Europäische Waren, die deutlich preiswerter produziert werden können, dürften die afrikanischen Märkte überschwemmen, den lokalen Wettbewerb zerstören und die Entwicklung neuer Unternehmen schon im Keim ersticken. Die Transformation der Wirtschaft von der Gewinnung von Rohstoffen hin zur verarbeitenden Industrie wird ausgebremst. Dies wird auch durch das Verbot von Exportzöllen auf Rohstoffe forciert, das den afrikanischen Staaten die Möglichkeit nimmt, die Wertschöpfung im Lande zu fördern. Die mangelnde Konkurrenzfähigkeit der afrikanischen Staaten führt zu sinkenden Wechselkursen. Der Wegfall der Importzölle beschert den betroffen Staaten deutliche Einnahmeverluste und wird die Löcher in den Staatshaushalten drastisch anwachsen lassen.
Durch die in allen Verträgen verankerte Meistbegünstigungsklausel werden die afrikanischen Staaten gezwungen, jegliche Handelsvorteile, die sie in Zukunft möglicherweise einem anderen Partner zugestehen, automatisch auch der EU einzuräumen. Die dient in erster Linie dazu, dass China sich im Handel mit Afrika künftig keine Vorteile verschaffen kann.
Aktuelle Situation
15 Staaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) sowie Mauretanien haben am 10. Juli 2014 ein EPA mit der EU paraphiert. Am 22. Juli 2014 folgte ein weiteres EPA mit sechs Staaten des südlichen Afrikas (SADC) und im Oktober des gleichen Jahres unterzeichneten die Mitglieder der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC mit Kenia, Ruanda, Burundi, Tansania sowie Uganda) ein Wirtschaftsabkommen mit der EU.
Wie wurden die Widerstände der afrikanischen Staaten überwunden?
Den afrikanischen Staaten, die sich lange gegen die EPAs gewehrt hatten, wurde die Pistole auf die Brust gesetzt. Es wurde ultimativ mit dem Entzug der Zollfreiheit gedroht, wenn sie die EPAs nicht unterzeichnen würden. In der nächsten Stufe wurde von europäischer Seite Strafzölle erhoben, die in Afrika sehr schnell sichtbaren Schaden verursachten. Wer weiß, dass 90 Prozent von Kenias Blumenexporten nach Europa gehen, sieht den Sprengstoff dieser Maßnahmen. Nachdem Futtermittelhersteller, Bauern und Händler in die Pleite rutschten und zahlreiche Arbeitsplätze verloren gingen, war der Widerstand schnell gebrochen.
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