"Jugend gefährdende Schriften?"
Was sind das eigentlich für Magazine, die regelmäßig an Deutschlands Hochschulen ausliegen? Der Autor hat sie zwei Semester lang gesammelt
Kritik am mangelhaften Bewusstsein für universitätsspezifische und damit verbundene allgemeine Bildungs- und Gesellschaftsfragen bei Studierenden wird, wenn überhaupt, meistens nur in Verbindung mit den anderen Aspekten und Adressaten universitätsbezogener Kritik geübt: Hauptsächlich werden in diesem Themenfeld die Kritik an der staatlichen oder landesgesteuerten Bildungspolitik, an den sozialen Anforderungen und persönlichen Ausgangsbedingungen für die Studierenden sowie am zunehmenden Hofieren der Privatwirtschaft seitens universitärer Stellen in den Vordergrund gestellt. Natürlich hängen all diese Punkte zusammen, natürlich übt jeder einzelne Faktor einen Einfluss auf die jungen Leute aus.
Zu diesem Beitrag gibt es eine Gegendarstellung am Ende des Textes.
Ein Aspekt, der für die studentische Meinungsbildung ebenfalls von Bedeutung ist, wird allerdings nie ausführlich thematisiert: Die verschiedenen, auf Studierende ausgerichteten und bundesweit erscheinenden Hochglanzmagazine, die monatlich oder zweimonatlich an den Hochschulen ausliegen. Diese Publikationen sind umso interessanter, als sie ja vermeintlich alle angesprochenen Aspekte des universitären Universums zumindest in Teilen oder sporadisch widerspiegeln sollten. Bildungspolitik, Anforderungen und Einflussnahmen der Privatwirtschaft, persönliche studentische Befindlichkeiten, Zustände an einzelnen Unis, strukturelle Probleme von Hochschulen und in akademischen Berufen etc. sollten sich darin thematisiert finden, so dass es die Mühe lohnen könnte, nach Gemeinsamkeiten dieser Publikationen zu schauen. Daraus wiederum könnten vorsichtige Rückschlüsse (oder: Hypothesen) auf das in der Studierendenschaft verbreitete Gedankengut abgeleitet werden.
Selbstverständlich wäre es falsch, von vornherein gewissen Publikationen einen hohen Wirkungsgrad zu unterstellen. Angesichts ihrer relativ starken Präsenz in den Hochschulgebäuden und den überaus hohen Druckauflagen und angesichts der Tatsache, dass es eben gleich mehrere konkurrierende Zeitschriften in diesem Segment gibt, erscheint es aber doch nützlich, diesen Typ von Publikationen näher zu analysieren.
Dabei ist es zu Beginn eines solchen Unterfangens vielleicht am Besten, sich mit einer grundlegenden Zwiespältigkeit abzufinden:
Einerseits sind die zu betrachtenden Produkte mit einem gewissen Anspruch versehene journalistische Elaborate, denen auch eine gewisse Vielfalt eignet. Obwohl wahrscheinlich die meisten Menschen, die sich ein Mal längere Zeit an Hochschulen bewegt haben, eine Ahnung davon haben, was in solchen Zeitschriften hauptsächlich zu finden sein wird (und sie folglich entweder als angenehmes Material gegen Langeweile ansehen oder als totale Zeitverschwendung abtun), verdienen diese es dennoch, gewissenhaft auf ihre Herkunft und ihren Gehalt überprüft zu werden.
Andererseits aber, das soll hier nicht verheimlicht werden, macht selbst die sporadische Leseerfahrung sofort klar, dass zu einem eingehenden Studium derartiger Magazine auch eine große Portion Humor gehört. Die diesem Artikel zu Grunde liegende Beziehung zum Studienobjekt ist also eher von Zynismus als von Respekt geprägt.
Im folgenden Text wird ohne Vorwarnung zwischen der Darstellung von und Auseinandersetzung mit Argumentationen oder anderen Inhalten einerseits und dem Wiedergeben von Realsatire andererseits gesprungen. Dabei wird nicht der Anspruch einer wissenschaftlichen Medienanalyse erhoben. Weder liegt eine ausgearbeitete Methodologie vor, noch ist die Materialgrundlage bei allen Zeitschriftentiteln gleich groß. Es sollen auch nur ausgewählte Aspekte vertiefend beschrieben werden, allerdings ohne andere Inhalte zu verschweigen und somit die Gesamterscheinung einer Zeitschrift zu verfälschen.
Deshalb gleich vorweg: In allen analysierten Titeln finden sich interessante, sinnvolle und manchmal sogar aufwändig erarbeitete Themen. Nur sind sie in der Minderheit. Die Ausrichtung sämtlicher hier besprochener Magazine wird im Wesentlichen durch die im Folgenden kritisierten Aspekte dominiert, wenn nicht sogar definiert. Bei der Darstellung werden auch Äußerungen von in den Heften interviewten Menschen miteinbezogen, für die eine Redaktion ja erst einmal nichts kann. Allerdings ist im Rahmen sowohl eines Interviews als auch eines Artikels eine kritische Nachfrage oder Distanzierung möglich. Das geschieht so gut wie nie. Allgemein in Erinnerung behalten werden sollte außerdem, dass auch dauerhaft nicht vorkommende Inhalte einer Publikation angekreidet werden können.
Im Folgenden wird, nach einer Vorstellung der analysierten Titel, auf drei Aspekte Bezug genommen: Die mangelhafte, oft gar nicht vorhandene Trennung von Inhalten und Werbung, die Perspektiven auf Bildungs- und Hochschulpolitik und die allgemeinere, v.a. auf die Welt der Lohnarbeit bezogene Ideologieproduktion. Der untersuchte Zeitraum liegt zwischen Spätsommer 2006 und Sommer 2007.
Unicum, Unicompact, UniSPIEGEL & Co
Die längste Tradition im Versorgen des studentischen Publikums mit kostenlosen Druckerzeugnissen für die Lücken im Stundenplan hat (laut eigenem Impressum) die seit 1983 bestehende Unicum aus Bochum. Das Blatt erscheint monatlich an über 3000 Auslegestellen und hat eine stark variierende Seitenzahl: Im hier betrachteten Zeitraum waren es zwischen 34 und (nur zu Semesterbeginn) 82 Seiten. Für das Jahr 2006 wird von der Redaktion die erreichte Leserschaft auf 579.000 beziffert, was einen starken Rückgang gegenüber den vorhergehenden Jahren bedeutet. 2003 zum Beispiel waren es noch 717 000. Die Grundlage für diese Zahlen ist die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse. Deutlich niedriger ist jeweils die Druckauflage, die momentan um die 420 000 pendelt. Unabhängig davon, ob es stimmt, dass die Unicum-Hefte (von denen ja auch immer ein großer Teil im Müll landet) jeweils von durchschnittlich mehr als einer Person gelesen werden – selbst die letztgenannte Zahl liegt höher als die Druckauflagen der allermeisten deutschen Tages- und Wochenzeitungen.
Im Unicum-Verlag erscheinen außerdem zweimonatlich Unicum Beruf, eine reines Karriere-Blatt, und monatlich Unicum ABI, „das bundesweite Schülermagazin“. 2006 ließ sich der Verlag dazu etwas ganz Originelles einfallen und brachte ein „Studentinnen-Magazin“ heraus, das den Namen „Uniqueen“ trägt und in hohem Maße die schlimmsten frauenbezogenen Klischees reproduziert (Shoppen, Stylen, Romantik und Liebe in heterosexuellen Zweierbeziehungen, rote Farbtöne, Einfühlungsvermögen usw., ergänzt von viel Werbung für teure Kleidungsstücke).
Ebenfalls aus den 80ern datiert der Startpunkt für audimax aus Nürnberg. Eigentlich wird das „i“ im Namen durch ein Ausrufezeichen ersetzt, aber das lassen wir hier. Diese Effekthascherei passt auch gar nicht so sehr zu dem Blatt, es ist von allen nämlich am meisten darauf bedacht, der Leserschaft auf gleicher Ebene zu begegnen. Nicht nur wurden darin anlässlich des 20. Geburtstages persönliche Infos und Fotos des Redaktionsteams publiziert, sondern auch der ständig nötige persönliche Einsatz für den Verlag betont (welcher seinerzeit von einer Hand voll Studenten gegründet wurde).
Von allen anderen ähnlichen Zeitschriften unterscheidet sich audimax darin, dass oft persönliche Erfahrungsberichte, v.a. von Auslandsstudienaufenthalten und -praktika, zur Veröffentlichung erbeten werden. Damit hat es sich aber im Prinzip auch schon, was positive Besonderheiten betrifft. Das Blatt erscheint in einer Druckauflage von über 400.000 Stück neun Mal jährlich in der Vorlesungszeit, im Untersuchungszeitraum in einer Stärke von zwischen 22 und 38 (meist aber 30) Seiten und hat ebenfalls Ableger, und zwar fachspezifische. In den wirtschafts-, ingenieurswissenschaftlichen und informationstechnischen Fakultäten wird seit 2006 bzw. 2007 jeweils zwei bis drei Mal pro Jahr ein Extra-Heft ausgelegt, das eine um einen entsprechenden fachlichen Schwerpunkt (der v.a. Branchenreports, Portraits potenzieller Arbeitgeber usw. enthält) erweiterte Ausgabe des Standardhefts ist, welches wiederum zugleich an allen anderen Fakultäten ausliegt. Seit 2006 gibt es auch das neun Mal jährlich erscheinende audimax High Potentials (auf das hier aber nicht eingegangen wird). Alle diese Sonderausgaben haben je unterschiedliche Auflagen (zwischen knapp 30.000 und 60.000) und Verbreitung (zwischen 400 und 600 Auslegestellen). In ähnlich starker Auflage wie das Hauptformat erscheint audimax Reifeprüfung an Schulen, die zum Abitur führen. Von 2004 bis 2006 wurde von audimax außerdem ein kleineres Format für die Ferienzeit mit dem Titel „Faktor F“ herausgebracht.
Ähnlich viele derartige Publikationen kommen aus dem Haus des Münchener Verlags Evoluzione Media. Die Selbstdarstellung auf der Homepage: „Die Evoluzione Media AG wurde 1998 gegründet. Unterteilt ist das Unternehmen in die Bereiche Verlag, Beratung und Agentur (Evo+). Die Publikationen des Verlages sind die Hochschulmagazine unicompact und HI:TECH CAMPUS germany, das Abiturientenmagazin high potential CHANCES, das Netzwerk- und Karrieremagazin high potential, das Absolventenmagazin akademiker-stellenmarkt, das Innovationsmagazin opensource sowie das Fachmagazin Recruiting Journal.“
Im Folgenden wird es nur um unicompact gehen, ein um die 30 Seiten starkes Heftchen, und um das etwas umfangreichere high potential. Letzteres ist ein „Netzwerkmagazin für den Führungskräftenachwuchs“, erscheint fünf Mal jährlich und hat eine Auflage von 84 000 Stück, die an 650 Stellen an Hochschulen ausliegen. Da bei der Zielgruppe, eben den so genannten High Potentials, eine „wesentlich stärkere Fokussierung auf eine höhere Leistungsbereitschaft“ vermutet wird, möchte die gleichnamige Zeitschrift „über die Perspektiven, die sich für besonders motivierte und qualifizierte Akademiker in wichtigen nationalen und internationalen Unternehmen eröffnen“, informieren. Unicompact brüstet sich, das „einzige bundesweite Hochschulmagazin mit 10 Regionalausgaben“ zu sein. Zusammen mit einer elften, überregionalen Ausgabe beträgt die Gesamtauflage der bisher sechs, jetzt nur noch fünf Mal jährlich erscheinenden Zeitschrift rund 400.000 Stück. Die Zahl der Auslegestellen ist ähnlich groß wie bei audimax und Unicum, nämlich jenseits der 3.000.
Seit Januar 2000 gibt es UniSpiegel in der jetzigen Form. Dieses Magazin erscheint sechs Mal pro Jahr und enthält zwischen 40 und (zu Semesterbeginn) 66 Seiten, meistens aber 42. Die Druckauflage beträgt laut der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) zur Zeit rund 220 000 Exemplare. Davon liegen 140.000 Stück kostenlos an 270 Auslegestellen an den Hochschulen aus, 20 000 werden per Hand verteilt. Außerdem erhalten alle 40.000 „Studentenabonnements“ des Wochenmagazins Spiegel dieses Heft zusätzlich.
An dieser Stelle nicht vertiefend betrachtet wird die Zeitschrift duz Studium, da sie nur zwei Mal im Jahr jeweils zu Semesterbeginn erscheint, erstmals zum Wintersemester 2006/07. Nur so viel: Es ist das gemeinschaftliche Produkt eines Wissenschaftsverlags, der seit 60 Jahren die „Deutsche Universitäts-Zeitung“ duz herausbringt (die sich mit Lehre und Forschung beschäftigt, aber nicht an den Universitäten ausliegt), und der Hochschulrektorenkonferenz, der Lobbyorganisation der deutschen Hochschulleitungen. Dementsprechend propagandistisch ist auch die inhaltliche Ausrichtung. Das Heft ist explizit für Erstsemester gedacht und soll an den Unis von den Studienberatungen und bei Einführungsveranstaltungen verteilt werden. Die Auflage betrug im vergangenen Wintersemester 200.000 Exemplare. Inhaltlich ist es auf Informationen für die Neulinge zugeschnitten, z.T. sind die auch hilfreich.
Generell wird aber diese neue Welt, die die Uni ja tatsächlich für die meisten Erstsemster darstellt, sehr glorifiziert. Die Artikel bewegen sich zumeist in einem inhaltlichen Feld, das mit folgenden Schlagworten abgesteckt werden kann: Herausforderung, Fleiß, Persönlichkeitsentwicklung, Möglichkeiten, Freiheiten, Chance ergreifen, Networking, Lebenslauf, aufregend, wichtig, Europa, Internationalität. Kurz: Die universitäre (Schein-)Welt soll hier ganz offensichtlich sakralisiert und mit einem Ehrfurcht einflößenden Nimbus von Ehrenhaftigkeit und höchster Wichtigkeit ausgestattet werden. Angesichts der tatsächlichen Verhältnisse im Alltag von Forschung und Lehre, den Kämpfen und Mauscheleien auf allen Ebenen etc., nicht zuletzt auch der immer größer werdenden Anbiederung an die Wirtschaft, ist das reine Propaganda zur Initiation in ein neues Lebensumfeld und zur Erzeugung des Glaubens an die Institution.
Dass Propaganda leicht in Inkorrektheit umschlägt, ist dabei z.B. am Heft aus dem Semester 2006/07 zu sehen, wo im Zuge des Lobs der neuen, international vereinheitlichten Studienstrukturen behauptet wird, dass es nach dem Bachelor-Abschluss möglich sei, sich auszusuchen, zuerst in einen Beruf einzusteigen und dann später den Master oder gleich diesen zu machen. In Wirklichkeit suchen sich die Universitäten aus (und zwar nach Noten und Bachelor-Fächern), wer einen Master machen darf, es besteht kein Anrecht darauf. Die im Heft gewählte, enthusiastische Formulierung ist zumindest sehr missverständlich, v.a. angesichts der Tatsache, dass nur eine Minderheit der Studierenden überhaupt einen Master machen soll. Die neuen Strukturen werden ja gerade deshalb eingeführt, weil sie es ermöglichen, nach wenigen Jahren (ein Bachelor-Studium wird auf drei Jahre ausgelegt) einen Großteil der Studenten auszusieben und, je nach aktuellem Bedarf, nur einer mehr oder weniger kleinen Minderheit die Tore zur 'wirklichen' Wissenschaft zu öffnen.
Wo ist die Werbung?
Schon bei oberflächlichem oder nur sporadischem Lesen fällt das Hauptcharakteristikum dieser journalistischen Gattung auf: Die 'versteckte' oder auf verschiedene Weisen offen in redaktionelle Beiträge eingebaute kommerzielle Werbung. Dass kostenlose Zeitschriften Werbung beinhalten müssen, ist offensichtlich. audimax drückte es in einem Praktikumsangebot für die Marketingabteilung des eigenen Verlags, wo es v.a. um den Verkauf von Anzeigenplätzen ging, so aus: „Je besser der Verkauf, desto dicker die Hefte.“ Damit ist auch erklärt, warum die Anzahl der Seitenzahlen so schwankt und die Hefte zum Semesterbeginn immer die dicksten sind. Besonders gut verkaufen sich logischerweise getarnte – oder sagen wir besser: in das Layout integrierte und hauptsächlich aus Text bestehende – Werbeblöcke, die konstitutiver Bestandteil der hier untersuchten Zeitschriften sind. Nur der UniSpiegel sticht da positiv hervor. Werbeanzeigen, die wie Artikel aufgemacht sind, gibt es dort selten.
Ganz anders verfährt da das Unternehmen Evoluzione Media. Auf seiner Homepage scheint es das auch unumwunden zuzugeben. Dort heißt es: Für high potential „werden Informationen und Input, der [sic] durch die Netzwerkpartner beigesteuert wird, redaktionell verarbeitet.“ Diese Partner wiederum sind „Ausbildungsstätten für High Potentials“. Auf meine Nachfrage erklärt Chefredakteur David Lins, damit seien Universitätsfakultäten gemeint. Zum Beispiel mit der Privatuniversität Witten-Herdecke sowie mit Hochschulen in St. Gallen und Koblenz würde zusammen gearbeitet. Kommerzielle Netzwerkpartner gebe es nicht. Fragt sich nur, wie uneigennützig Privatunis und überhaupt Hochschulen im heutigen verschärften Wettbewerb um Prestige und eventuell zahlende Studierende, „Informationen und Input“ bereit stellen.
Während in dieser Zeitschrift nicht übermäßig Werbung in den inhaltlichen Beiträgen vorkommen kann – schließlich müssen ja Infos zu Bewerbungen, Einkommen, Lebenslauferstellung und andere allgemeine Karrieretipps untergebracht werden –, gibt es in unicompact kaum eine Seite, auf der nicht ein Firmenlogo oder ein angepriesenes Produkt abgebildet ist. Das Heft besteht (neben gewöhnlichen Anzeigen) größtenteils aus entsprechenden Verlosungen, Gewinnspielen und Produktinformationen (letztere gerne als Gesundheitstipps 'getarnt'), selbst die „News“ kommen manchmal nicht ohne aus. Im Winter 2006 wurden die Titelseiten von zwei Ausgaben je komplett von einem Kinoplakat eingenommen und die je einzige Seite der Rubrik „Kultur“ von der dazugehörigen Pseudo-Filmbesprechung, die als Werbeinformation bezeichnet werden muss.
Dass die Mischung aus redaktionellem und werbendem Beitrag meistens wenig gehaltvoll ist, versteht sich von selbst. Ein geradezu bedenkliches Niveau wurde aber bei der Kooperation mit einem großen Rasierwarenhersteller erreicht. Der Aufruf aus dem Herbst 2006 mit dem Titel „Wir wollen Sommerbeine!“ beginnt so: „Immer ein echter Hingucker im Sommer: Schöne gepflegte Frauenbeine. Sie zu haben lohnt sich erst recht, zumindest wenn ihr ein Bild von ihnen habt und es an ... schickt.“ Zu gewinnen gab es Reisegutscheine, als Trostpreise Rasiersets nebst Handtaschen.
Fazit: Ein „Hochschulmagazin“ ist unicompact nur, weil mit dieser Bezeichnung Geld verdient werden kann. Mit den Inhalten hat das nichts zu tun. So umfassen etwa die Sparten „Unileben“ und „Hochschule“ oft je nur eine Seite, wenn überhaupt.
Da geht Unicum weitaus geschickter – oder sagen wir: erfolgreicher – vor. Nicht nur werden dort im Lauf der Zeit viele hochschulbezogene Themen angesprochen. Was Werbung betrifft, sind dort sowohl subtilere als auch seriöser wirkende Möglichkeiten für 'product placement' vorhanden. Natürlich gibt es auch hier die Verlosungen, bei denen die zu gewinnenden Produkte sehr positiv dargestellt werden. Und auch hier fand sich bis Mai 2007 je ein (stark verkleinertes) Filmplakat auf der Titelseite, einschließlich ganzseitiger Werbeeinlage im „Kultur“-Teil. Zur Darstellung von (sehr wahrscheinlich) bezahlten Inhalten wird sich aber darüber hinaus einer überraschenden Vielfalt von Formen und Rubriken bedient. Der Durchblick bei diesem Verwirrspiel wird zum Glück dadurch ermöglicht, dass rein redaktionelle Beiträge erstens immer namentlich unterzeichnet sind und zweitens immer die gleiche Gestaltung der Kopfzeile im Seitenlayout aufweisen.
Ansonsten sind der kreativen Verschleierung keine Grenzen gesetzt: Am häufigsten sind die so genannten „Unternehmens-Specials“, von denen es pro Heft eine Handvoll gibt: Sie nehmen zwischen einer Drittel- und einer ganzen Seite ein und bestehen aus Informationen über Aktivitäten je eines großen Unternehmens, zumeist in Form von persönlichen Berichten von ehemaligen oder aktuellen Studierenden (von denen auch ein Foto präsentiert wird), welche sich in lobenden Aufzählungen der Ausbildungsprogramme und Abteilungen der jeweiligen Firma ergehen. Das Firmenlogo wird meistens hinzugefügt, die eine oder andere Kontaktadresse immer. Im untersuchten Zeitraum gab es nur eine Ausnahme zu diesem Schema, als nämlich einer dieser Beiträge von einer Unicum-Autorin unterschrieben wurde.
Eine andere, ähnliche 'Rubrik' heißt einfach nur „Special“. Diese sind mehr wie recherchierte Beiträge angelegt – aber nie namentlich unterzeichnet. Sie sind durchschnittlich kleiner und enthalten keine Erfahrungsberichte oder Unternehmenslogos, was sie unauffälliger macht. Die Logos finden sich oft wie zufällig (also nicht zentral positioniert und oft auch in nicht wirklich guter Optik) in den verwendeten Fotos.
Besonders geschickt gemacht sind die ähnlich häufig wie die „Unternehmens-Specials“ vorkommenden, nur durch ihre Hintergrundfarbe vom rein redaktionellen Teil abgesetzten Beiträge, die zwar jeweils überwiegend aus (auf Produktwerbung abzielendem) Text bestehen, aber ohne jegliche Kennzeichnung als Werbung oder irgendein Special auskommen. Zwar fehlen die oben erwähnte Kopfzeile einschließlich Seitenzahl und auch die namentliche Unterzeichnung, was ein Zeichen für bezahlten Inhalt ist. Angesichts der Farbflut in den heutigen Printmedien aller Art ist allerdings nicht zu erwarten, dass allen Menschen beim Lesen auffällt, dass gerade auch bei den Texten mit farbigem Hintergrund – der passend zum Firmenlogo gewählt wird, wenn eines vorhanden ist – diese Merkmale fehlen.
Nicht nur Firmen aus dem produzierenden oder Dienstleistungs-Bereich greifen auf diese Möglichkeit der unauffälligen Werbung zurück, bei der weder der Hersteller, noch dessen Logo oder Internetadresse angegeben werden. Auch zu Unternehmungsgründungs- und anderen von Firmen ausgeschriebenen studentischen Wettbewerben sowie zu einem Computerspiel finden sich in diesem Format ganzseitige "Artikel" – Themen, die gerade in einem Hochschulmagazin eher nicht an kommerzielle Werbung denken lassen und somit ein Höchstmaß an Tarnung versprechen. Sogar politisch käuflich scheint Unicum zu sein. In genau diesem Textformat erschien nämlich im Oktober 2006 eine ganzseitige Kritik des „Vorsitzenden der Jungen Philologen im Deutschen Philologenverband“ an der Art der Überführung des Lehramtsstudiums ins Bachelor/Master-System. Zusätzlich zu den erwähnten Merkmalen dieser Art von Artikeln weisen das übergroße Bild des Autors, das groß abgedruckte Logo seines Verbandes sowie die Tatsache, dass derartiges sonst nie im Heft zu finden ist, darauf hin, dass auch hier ein Fall von Werbung vorliegen könnte. Zudem taucht der Text nicht einmal im Inhaltsverzeichnis auf. Auf Nachfrage bestätigt David-Samuel di Fuccia, eben jener Vorsitzende, dass es sich eher um einen Werbetext handelt. Grundlage dafür sei eine generelle Kooperation zwischen Unicum und der Verbandszeitschrift des Deutschen Philologenverbandes. Die Initiative für diesen Gastbeitrag, der jährlich wiederholt werden soll, sei von Unicum ausgegangen, im Gegenzug erhalte der Unicum-Verlag die Möglichkeit, seine Produkte auf einer Seite in der Verbandszeitschrift zu präsentieren.
Zu erwähnen bliebe noch ein Fall aus der Juli-Ausgabe 2007. Dort ist zwar die Titelseite der Fernsehsendung “Germany's Next Topmodel” gewidmet, im Heft nimmt das Thema aber nur eine Doppelseite ein, für ein Unicum-Titelthema außergewöhnlich wenig. Dafür finden sich im Heft vier sehr informative Seiten zum Thema „Food&Drinks“ (plus zwei weitere mit passenden Werbeaktionen), einer Kategorie, die es sonst nie gab. Es sieht ganz danach aus, dass der eigentlich geplante Schwerpunkt kurzfristig durch eine Werbeaktion für das TV-Ereignis ersetzt wurde. Das erscheint umso wahrscheinlicher, wenn berücksichtigt wird, dass auf der letzten Seite der meisten Ausgaben einige Themen, meistens auch der Schwerpunkt der folgenden Ausgabe, angekündigt werden. Im Juni-Heft war dort das Thema Bio-Essen zu finden gewesen.
Von audimax und seinen Ablegern -ING, -Wi.Wi und -I.T. (s.o.) lässt sich im Prinzip das Gleiche sagen. Nur sind die redaktionell verarbeiteten oder verschleierten Werbeaktionen nicht so häufig anzutreffen und nicht ganz so vielfältig. Bei Verlosungen, Gewinnspielen und Kurznachrichten wird begeisterten Produktvorstellungen bisweilen viel Platz eingeräumt – mehr, als zur Erläuterung des Gewinns nötig wäre und in einer Sprache, die gar nicht erst versucht, subtil zu sein. Bis auf eine einzige Ausnahme schafft es auch audimax im hier untersuchten Zeitraum nicht, Anzeigen als solche zu bezeichnen, wie es in Printmedien üblich ist, wenn Verwechslungsgefahr besteht. Statt dessen werden die Begriffe „Sonderveröffentlichung”, „Service” oder auch „Unternehmensporträt“ gebraucht. Und selbst das nicht konsequent. Anzeigen ohne aufwändiges Design oder Bildmaterial, dafür mit viel Text und eventuell noch einer Verlosung – die also die gewohnte Trennlinie zwischen journalistischem und werbendem Beitrag sowohl optisch als auch inhaltlich zumindest verwischen – werden auch hier überhaupt nicht gekennzeichnet (wenn wir von der Hintergrundfarbe absehen). Auch vor Selbstdarstellungen von Unternehmen im normalen Artikel-Layout wird nicht zurückgeschreckt, selbst wenn die als simuliertes Interview mit einem Mitarbeiter daherkommen.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass bei dauerhafter Lektüre der erwähnten Publikationen die offensichtlichen Bemühungen um finanzielle Einnahmen regelrecht nerven. So etwa, wenn audimax mehrfach eine Abstimmung über die „Anzeige des Monats” einberuft (die Gewinnerin wird veröffentlicht, erhält also weitere Aufmerksamkeit) und dabei so tut, als ob die zur Auswahl stehenden ganzseitigen Anzeigen des je aktuellen Heftes witzig oder sonstwie kreativ seien, was sie fast ausnahmslos definitiv nicht sind. Unicum tat das Gleiche zur Ermittlung der “Anzeige des Jahres”.
Die Bildungspolitik wird durchgewunken
Die hier besprochenen "Hochschulmagazine" haben nicht das Ansinnen, primär über Entwicklungen in der Hochschulpolitik, in der Studierendenschaft oder an einzelnen Unis zu berichten. Eine Ausnahme stellt auch hier UniSpiegel dar, wo der Hintergrund des großen Nachrichtenmagazins spürbar ist. Leider hat dieser Hintergrund auch Einfluss auf die inhaltliche und politische Ausrichtung.
Wie bei den anderen Zeitschriften drückt sich nämlich die vermeintliche journalistische Neutralität in puncto Bildungspolitik v.a. in der Weigerung zu grundsätzlicher Kritik an den aktuellen Umwälzungen im Hochschulbereich aus: Die im Zuge der Internationalisierung vorgenommen Änderungen an Studienstrukturen und Hochschulzugangsregelungen sowie die Einführung von Studiengebühren werden nur mehr berichtend begleitet. Wenn überhaupt über Bildungspolitik berichtet wird. Während sich UniSpiegel gerne langen Reportagen zu anderen, oft durchaus interessanten Themen widmet, verlegt sich beispielsweise audimax im direkt hochschulbezogenen Teil eher auf Ratschläge zu Studienalltag und -planung.
Durch die richtungsweisenden hochschulpolitischen Entscheidungen von 2006 waren aber alle Magazine – mit Ausnahme von unicompact, wo es keinerlei Interesse für Politik zu geben scheint – gezwungen, sich zu entsprechenden Themen zu äußern, so dass etliche zumindest akzeptable Artikel veröffentlicht wurden, in denen die (je nach Bundesland eventuell erst geplante) Verwendung der Studiengebühren kritisch unter die Lupe genommen wurde, katastrophale Seminarüberfüllungen und bauliche Zustände von Universitätsgebäuden beschrieben wurden usw. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass es nicht wirklich Kritik ist, die da geäußert wurde, sondern lediglich Beschwerden vorgebracht wurden. Zwar ist es durchaus die Aufgabe journalistischer Arbeit, Missstände erst einmal ohne große Kommentare darzustellen. Aber die Ausrichtung sämtlicher etwas hintergründiger Artikel (eine Ausnahme ist noch am ehesten der bereits erwähnte bezahlte Gastbeitrag des Philologenverbandes in Unicum) ist so, wie wir es von der Mehrzahl der studentischen Proteste der letzten Jahre kennen: Die Reformen werden nicht grundsätzlich, sondern nur in ihrer mangelhaften Effektivität kritisiert und sich somit ihre Ziele zu Eigen gemacht. Das wird dann natürlich in den politischen und universitären Führungsetagen gefördert, indem die Umbruchsituation explizit dazu genutzt wird, die Studis vor den ideologischen Karren zu spannen. Beispielsweise sind heutzutage allenthalben konstruktive Vorschläge zur Verbesserung der Lehrsituation erwünscht, wo nun einmal schon Gebühren eingenommen werden.
Da ist es nur folgerichtig, wenn Unicum sich für ein Projekt der hauptsächlich von der Industrie finanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) gewinnen lässt, bei dem es darum geht, Hochschulen mit der Kritik an ihrer Gebührenverwendung zu konfrontieren. Dafür wurde von der INSM extra ein Redaktionsteam für eine Homepage zusammengestellt, auf der Studis Dampf ablassen und außerdem einen Fragebogen mit 23 Fragen zu ihrer Hochschule ausfüllen können. Die Aktion wurde nicht nur vor Ort an Unis beworben, sondern von Anfang an auch in einer monatlichen, einem „Unternehmens-Special“ ähnlichen Spalte in Unicum mit dem Titel „Sonderveröffentlichung der INSM in Zusammenarbeit mit Unicum“, wo z.B. der Homepage entnommene Kommentare erschienen.
Auch von sich aus hat das Magazin gar nichts gegen die Ausgestaltung des Universitätssystems nach den Bedürfnissen der Wirtschaft. Anfang 2007 wurde in Unicum Beruf ein (von der Unternehmensberatung KPMG gesponsorter)Wettbewerb zur Ermittlung des „Professor des Jahres 2006“ abgehalten, für den (auch in Unicum) studentische Vorschläge erbeten wurden. Dabei ging es ausdrücklich nicht nur um Forschung und Lehre. Der Prof als „Coach, der berufsrelevante Fähigkeiten trainiert, als Wegbereiter für die Karriere“ wurde gesucht. Folglich gewannen in jeder der vier Fächerkategorien Professoren, die sich sehr darum kümmern, Studierende schon möglichst früh im Studium mit Unternehmen in Verbindung zu bringen.
Der Gewinner in der Kategorie „Geistes-, Gesellschafts- und Kulturwissenschaften“, ein Politikwissenschafts-Professor von der Uni Duisburg-Essen, durfte sich dann in der Mai-Ausgabe in einem Artikel mit dem Titel “Das Produkt 'Erkenntnis' verkaufen” über die Stellung und das Potential besagter Disziplinen auslassen. Dort lernen wir: „Professionelles Aufmerksamkeitsmanagement braucht eine Grundstimmung: attraktiv werden!“ Der Meister der Tautologie weiter: „Wer nicht selber Attraktivität ausstrahlt, kann auch keine anderen von sich überzeugen.“ Als ob Attraktivität einfach so selbst geschaffen werden könnte und nicht sowieso im Auge des Gegenübers liege. Mehrfach betont der Politikanalyst, dass sich „nicht das gesamte Fach einem Nützlichkeitsdenken beugen“ solle und müsse. Es sollte „aber dennoch über moderne Varianten beim Produkt 'Erkenntnis'“ nachgedacht werden. „Erst solche neuen Angebote ermöglichen es dann auch, traditionell wichtige Nischen selbstbewusst weiter zu pflegen.“ Als ob das Geld für die so genannten Geisteswissenschaften gekürzt wird, weil die dort Beschäftigten ihre Arbeit heimlich betrieben und unter sich bleiben wollten, verlangt er, dass sie „offensiv ihre Erkenntnisse offen legen und dafür werben.“
Die Ratschläge zum Wissens- und Bildungsmarketing münden in die Empfehlung, sich Fakultäten wie seine eigene als Vorbild zu nehmen. Dort würden „konkrete Ausbildungen für die neue administrative und politische Elite“ angeboten. Neben der „inhaltlichen Verbindung von Politikmanagement und Public Policy“ wird dort auch die „Kooperation mit der Wirtschaft“ geleistet. Welche Vorstellung von „Geist“ und „Sozialem“ solch eine Geistes- oder Sozial-„Wissenschaft“ befördert, und was sie gerade noch in „Nischen“ akzeptieren kann, dürfte klar sein. Die von diesem Professor geleistete Darstellung der Lage und seine diffusen, eher verschleiernden Devisen zeigen jedenfalls: Verwertung und Eingliederung in den herrschenden Betrieb machen in diesem Fächerspektrum mehr Spaß als die platten Auftragsforschungen für die Industrie, die in den medizinischen, natur- und ingenieurswissenschaftlichen Disziplinen üblich sind.
Außer bei UniSpiegel fällt generell auf, dass sich das Redaktionspersonal keine eigenständigen Texte zu grundsätzlicheren (hochschul)politischen Fragen zutraut. Die Magazine, die ersichtlich viele von Studierenden geschriebene Artikel beinhalten, werden so des öfteren zum Sprachrohr derer, die ohnehin schon die laufenden Reformen vorantreiben oder zumindest von ihnen profitieren. So brachte auch audimax zu Beginn des Wintersemesters 2006/07 einen Artikel zu der Einführung der Bachelor-Studienordnungen. Dort werden zwar halbwegs kritische Fragen aufgeworfen, aber überwiegend beschwichtigt.
Dazu kommt eine Propagandistin der Hochschulrektorenkonferenz sehr ausführlich zu Wort. Die Verschulung und Minderung von Wahlmöglichkeiten innerhalb des Studiums rechtfertigt diese damit, dass so nun endlich „verschiedene Aspekte, die eine Disziplin hat und die wichtig sind, auch tatsächlich zur Kenntnis genommen werden und dass man sie am Ende des Studiums beherrscht. Damit nehmen die Hochschulen ihre Verantwortung gegenüber den Studierenden wahr.“ Diese Aussage besagt implizit, dass in den vielen Jahrzehnten vor der großen Reform die Unis ihre Klientel im Stich ließen und nicht richtig an die Wissenschaft heranführten. Die an Fakultäten aller Fachrichtungen in aller Welt wissenschaftlich arbeitenden Deutschen sind also nicht Produkt einer Spitzen-Ausbildung, sondern Glückliche, die sich allen Widrigkeiten zum Trotz an einer deutschen Uni bilden konnten und dann sogar noch den Absprung geschafft haben. Positiv an den neuen Lernstrukturen sei außerdem: „Durch die studienbegleitenden Prüfungen hat man eine bessere Lernkontrolle und -disziplin.“ Am Ende des Studiums massig Wissen ordnen zu müssen lehnt sie ab – das geschehe nämlich „mehr oder minder unter Druck und eher oberflächlich“. Wir kennen ja alle diese Geschichten aus dem Bekanntenkreis, wo jemand ein halbes Jahr lang an einer Magister- oder Diplomarbeit geschrieben hat und doch nicht richtig ins Thema reingekommen ist. Wie viel Tiefgang vermitteln dagegen die verschiedenen Formen von Hausaufgaben und Essays, wie sie in vielen Bachelor-Studiengängen des öfteren eingereicht werden müssen! Dort wird ja eben ab dem ersten Semester an der Abschlussnote gearbeitet. Das entlastet dann auch von so einigem Druck!
Die Frage, ob nun die „akademische Freiheit“ und das „sorglose Studentenleben“ der Vergangenheit angehören, beantwortet die (wohl studentische) Artikelschreiberin so: „Das muss wohl jeder mit sich selbst ausmachen.“ Positiv sei jedenfalls, dass ein Studium jetzt „keine fünf, sechs Jahre mehr“ dauert. Der Text schließt mit einer fast atemberaubend frechen (oder naiven?) Prognose: „In drei Jahren werden die neuen Abschlüsse fast flächendeckend eingeführt sein und man kann von einer sehr guten Arbeitsmarktakzeptanz ausgehen.“ Es wird sicher so sein, einfach weil es in ca. fünf Jahren keine anderen Abschlüsse mehr geben wird, die den neuen Konkurrenz machen könnten. Bis vor kurzem allerdings war die Bekanntschaft der Bachelor-Abschlüsse und der damit verbundenen Fähigkeiten und Eigenschaften des dazugehörigen Menschenmaterials in der Wirtschaft nicht allzu groß, die Begeisterung darüber folglich ebensowenig. Nun gibt es kein Zurück mehr. Was das zukünftige akademische Proletariat dann aber mit seinem sechssemestrigen Studium anfangen kann, wie es angesehen und bezahlt werden wird, wird besser nicht verraten.
Besser nicht verraten wird ebenfalls, was es an grundsätzlichen, historisch und theoretisch fundierten Gegenstimmen oder -argumenten gegen die Umstrukturierungen gibt (oder gar gegen das Bildungs- oder Universitätssystem als ganzes, auch wie es vor den aktuellen Umstrukturierungen aussah). Unicum bietet ein Mal Jürgen Zöllner als Kontrapunkt auf, seinerzeit Wissenschaftsminister von Rheinland-Pfalz und heute in gleicher Funktion für das Land Berlin tätig. Er machte ein Finanzierungsmodell prominent, das zwar besuchte Lehrveranstaltungen zählt und abrechnet, aber den Studierenden ein Guthaben auf ihrem virtuellen so genannten Studienkonto einräumt, so dass sie erst bezahlen müssen, wenn das Guthaben verbraucht ist, was bei Erreichen des Studienabschlusses in einer willkürlich fest gelegten Zeit nicht passiert. Während sich dieses Modell als niedrigschwelliger Einstieg ins Bezahlstudium entpuppen könnte, schafft es Zöllner seit Jahren, sich als Gebührengegner zu profilieren – so auch in seiner Stellungnahme in Unicum.
Zu Wort kommen ansonsten auch rechtliche Bedenken zur Gebührenerhebung und -verwendung sowie Möglichkeiten, sich zu wehren – auf juristischem Weg. Es finden sich außerdem einige, teils längere und mit vielen Fotos und bei Demonstrationen eingeholten Meinungen ausgeschmückte Berichte zu den verschiedenen studentischen Protestwellen von 2006. Allerdings geht es dabei fast nur darum, dass, wann, wo und wie protestiert wurde bzw. wie Student X das Geld für die Gebühren zusammenbekommt oder sich zur Wehr setzt. Fakt ist jedenfalls, dass in der gesamten Berichterstattung aller hier analysierten Zeitschriften sowohl das überregionale Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) als auch die Organe der verfassten Studierendenschaften (Studierendenparlament, AStA) fast nie vorkommen – Fachschaftsinitiativen oder gar dauerhaft bestehende politische Unigruppen überhaupt nie –, und wenn, dann nur wegen der von ihnen geleisteten Koordination von Protesten. Selbst wenn zugestanden wird, dass die Öffentlichkeitsarbeit eines AStA manchmal zu wünschen übrig lässt, ist das keine Entschuldigung für die so gar nicht tief schürfende Befassung mit der universitären Welt oder mit den ideologischen Kräften hinter der aktuellen Politik und den Grundlagen ihrer weitgehenden Akzeptanz in der Bevölkerung.
Bezeichnend für die Nichtbeachtung der kleinen, aber mitunter durchaus feinen Welt der hochschulpolitischen Opposition an den Unis ist ein Artikel in der Juli-Ausgabe 2007 von audimax, in dem der Frage nachgegangen wird, ob die neuen Studienstrukturen keine Zeit mehr für ehrenamtliche Betätigungen lassen. Die Hälfte der darin, teils ziemlich ausführlich, erwähnten studentischen Initiativen sind Karriereplattformen, die Veranstaltungen zur Kontaktaufnahme mit Unternehmen organisieren, studentische Unternehmensberatungen und eine Gruppe, die die studentische Identifikation mit der eigenen Uni erhöhen will. Daneben werden das eine oder andere außeruniversitäre karitative Projekt vorgestellt. Wie sich die Verschulung und die neuen unmittelbaren studientechnischen Zwänge auf die elementarsten Formen der studentischen (Interessen-)Vertretungen auswirken wird – eine der bedeutsamsten Fragen, der sich die verfassten Studierendenschaften, in den meisten Bundesländern immerhin Körperschaften öffentlichen Rechts, derzeit ausgesetzt sehen –, wird hingegen nicht gefragt, hochschulpolitisches Engagement gar nicht erwähnt.
Die erwähnte Initiative zur Stärkung des studentischen Engagements für die eigene Uni durch die Schaffung von Identifikationsmöglichkeiten mit selbiger (was in diesem konkreten Fall, der Uni Dresden, u.a. durch Aufstellen zusätzlicher Bänke auf dem Campus versucht wurde) kommt nicht zufällig zur Sprache. Dieses Thema, die Erzeugung eines Verbundenheitsgefühls zur Lernanstalt, findet sich öfter im reformbewegten Diskurs zur Verschlimmbesserung der Verhältnisse sowohl an den Hochschulen allgemein als auch zwischen selbigen und den Studierenden.
Das blieb selbst den Leuten von unicompact nicht verborgen. Sie verwendeten im November 2006 eine ihrer wenigen dem reinen Hochschulgeschehen gewidmeten Seiten dafür, in ernsthaftem Ton über einen Fall zu berichten, der nicht anders als kurios bezeichnet werden kann: Eine Professorin für Design von der FH Dortmund initiierte letztes Jahr ein Projekt, im Zuge dessen Schafe auf dem Campus gehalten werden. „Die Idee zum Kauf der Schafe entstand durch einen Besuch an unserer Partnerschule in Moskau, die ein eigenes Haustier, eine Katze besitzen. Wir haben das Phänomen des dadurch entstehenden Gefühls der Verortung, der Zugehörigkeit bei den Studenten wie auch den Lehrenden gesehen und sagten uns: 'Das brauchen wir auch.'“ Auf die Frage nach der Dauer des Projektes geht die Schwärmerei weiter: „Zur Zeit funktioniert es einfach wunderbar. Die Studenten fühlen sich zuständig und übernehmen die tägliche Pflege zusätzlich zu den üblichen Lehrinhalten. Sich an unserer Hochschule zu verorten wird leichter gemacht.“
Ungeahnte Zusammenhänge zwischen Mensch und Tier werden offenbar: „Schafe schaffen Identität und Zugehörigkeit und dies in einer Zeit, in der manche Menschen Unsummen an Kilometern zurücklegen und die Zeit, die man in andere Lebewesen investiert meist über Mail, Handy und Palm definiert wird.“ Die drei eingezäunten grasenden Schafe können sogar im Internet beobachtet werden. Wer das aber mit einer üblichen Breitbandleitung tut, gerät wohl mit einer grundsätzlichen Metaphorik in Konflikt: „Das Schaf ist ein langsames Tier und wir folgen dem Trend der 'Entschleunigung'. Wir stellen die Forderung nach der neuen Langsamkeit in umgekehrter Analogie zu der Geschwindigkeit der Rechner, einem unserer Hauptwerkzeuge.“
Das hellschwarze Schaf der Zeitschriften-Herde
Wahrscheinlich ist nun das Bild entstanden, dass der bislang wenig zitierte UniSpiegel trotz aller Abstriche noch eine gute Figur abgibt, quasi mit relevantem Gewinn gelesen werden kann. Doch bekanntlich besteht die Haupttätigkeit des Magazins Spiegel seit geraumer Zeit darin, gesellschaftlich dominante Ideologien und Bewegungen eben einfach widerzuspiegeln. Auch auf den universitären Bereich bezogen wird augenscheinlich die Maxime verfolgt, dass fortschrittlich zu sein bedeutet, sich den Zeichen der Zeit nicht zu verschließen. Oder noch besser: Sie weiterzuentwickeln, selbst eine treibende Kraft dabei zu werden.
So macht sich ein Spiegel-Autor in seinen eigentlich oft gut informierten, aber überwiegend launigen UniSpiegel-Kolumnen daran, gegen den Bildungsföderalismus und die damit verbundenen Kompetenzmängel bzw. -überschneidungen, Zeitvergeudung in Arbeitsgruppen u.ä. zu hetzen. Er sieht sich zur ständigen Aufforderung veranlasst, endlich die Bildungspolitik Deutschlands „voranzubringen“, was in diesem Zusammenhang stärkeres Durchregieren bedeutet.
Auch beim weit verbreiteten Einhauen auf so genannte Langzeitstudierende – ein Begriff, der nur der Stigmatisierung dient, denn er kann willkürlich angewendet werden – wollte die Redaktion einmal mitmachen. Im Juli 2006 wird in einer Meldung mit dem Titel „Bummelnde Besserverdiener“ unter Berufung auf eine Stellungnahme der Bundesregierung festgehalten, dass über die Hälfte (57%) der Studierenden mit mindestens 14 Hochschulsemestern aus „einer gehobenen Herkunftsgruppe“ oder gar einer hohen stammt. Das soll nun als Entkräftung des Arguments taugen, so genannte Langzeitstudiengebühren seien gegenüber Studierenden mit finanzschwachem familiären Hintergrund ungerecht, weil diese ihr ganzes Studium über Geld verdienen müssen und deshalb länger brauchen.
Zwar steht in der Meldung ebenfalls, dass „auch die Mehrheit der Studierenden insgesamt aus sozial besser gestellten Schichten“ kommt. Dass es dann nur folgerichtig ist, wenn diese Relation sich auch im Segment derer mit mindestens 14 Semestern ergibt, das ist der UniSpiegel-Redaktion allerdings nicht aufgegangen. Mehr noch: Da es heißt, „aus einer niedrigen sozialen Schicht kommen dagegen nur 14 Prozent der Bummler [...]“, könnte sogar gefolgert werden, dass das eigentlich zu widerlegende Argument eher eine Bestätigung durch die Zahlen der Bundesregierung erfuhr. Denn der Prozentsatz der Studierenden aus der so genannten „niedrigen Herkunftsgruppe“ (ein soziologisches Konstrukt, in das der höchste allgemein bildende Schulabschluss, der höchste berufsqualifizierende Abschluss und die berufliche Stellung jeweils der Eltern eingehen) an deutschen Hochschulen wurde in der damals gerade wieder neu erschienenen „Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks“ mit 13 Prozent angegeben, was bedeutet, dass sich ihr prozentualer Anteil im Lauf der 14 und mehr Semester tatsächlich eher erhöht. Da sich die hohen Semesterzahlen überwiegend an Universitäten ansammeln (im Gegensatz zu Fachhochschulen), ist der Unterschied sogar noch größer. Dort ist der Anteil der „niedrigen Herkunftsgruppe“ nämlich von Anfang an noch den einen oder anderen Prozentpunkt niedriger. Zumindest in den alten Studiengängen war das so, also vor der Bachelorisierung.
Heutzutage ebenfalls in Mode ist es, von finanziellen Engpässen oder gar staatlichen Gängelungen befreite Hochschulen zu glorifizieren, die den „besten Köpfen“ alle Möglichkeiten zur Entfaltung böten. Der 'Fortschritt' (in dieser Lesart) kommt aber, wenn es um Bildungs- und Hochschulpolitik geht, meistens von außerhalb nach Deutschland. Also schaut sich ein fortschrittliches Magazin im Ausland um. Dort steht, gar nicht weit entfernt, die international bekannte Elite-Uni ETH Zürich, für die UniSpiegel in einem ausführlichen Artikel von Mai 2007 nur lobende Worte findet. So heißt es über das Fach VWL: „Die Studiengebühren von umgerechnet 660 Euro pro Semester lassen sich verkraften – die Gegenleistung stimmt.“ Später im Text werden unglaubliche Gegenleistungen offenbar. Nicht nur gute Bibliotheken und technische Ausstattung gibt es für dieses „verkraftbare“ Sümmchen: „Für die Studenten zahlt sich der Wille, immer und stets zur Elite zu gehören, aus. Am Tag der Einschreibung erhalten alle Neulinge einen E-Mail-Account und können ihr Studium vollständig online planen. Die Schweizer wollen im internationalen Wettbewerb mithalten. Jedes Semester wird jeder Kurs und der Dozent evaluiert.“
Doch leider stellt sich den elitewilligen Universitäten in Deutschland ein großes Problem: Es ist alles andere als einfach, sich das studentische Klientel selbst auszusuchen, denn bisher durften die Studienplatzzulassungen nur nach einheitlichen Regeln und Quoten vergeben werden. Da sich das nun ändert, brachte UniSpiegel im Dezember 2006 einen vierseitigen Text zur Studienplatzvergabe und dem dazugehörigen rechtlichen Hintergrund. Dort ist von Überlastung angesichts gestiegener Bewerbungszahlen und Rechtsunsicherheit die Rede. Neue Regelungen würden den Universitäten zwar mehr Freiheiten lassen, allerdings ohne den verbindlichen Rechtsrahmen mitzudefinieren. Demgegenüber hätten die Eliteunis in den USA „gleich mehrere Vorteile: Sie sind reich und können sich deshalb die besten Wissenschaftler leisten, sie sind teuer, und sie haben eine lange Auswahl-Tradition.“
Was die ersten beiden Punkte mit Zulassungsverfahren zu tun haben, warum sie diesbezüglich gar einen Vorteil darstellen sollen, bleibt unklar. Der dritte Punkt bleibt ebenfalls unausgeführt, hat aber wenigstens einen handfesten Hintergrund. Eine Spitzenposition im großen US-Uni-Ranking hängt nämlich nicht nur von nahe liegenden Faktoren wie finanzieller Ausstattung und eingeheimsten wissenschaftlichen Preisen ab, sondern zu einem beträchtlichen Teil auch von der Quote derjeniger Studienplatzbewerbungen, die die Uni negativ bescheiden kann. Mittlerweile hat es sich auch in Deutschland an vielen Unis eingebürgert, zu Semesterbeginn (v.a. im Wintersemster, wenn der Ansturm am größten ist) stolz darauf zu verweisen, wie viele Menschen sich auf die wenigen Studienplätze beworben haben. Um die Relationen zu veranschaulichen: Während hierzulande eine große Uni von vielleicht 20.000 Bewerbungen 4.000-5.000 positiv bescheidet (Tendenz sinkend), wären es an den US-Spitzenunis knapp 2.000.
Ehrfürchtig werden nun im Artikel die Zulassungsquoten einschlägig bekannter Hochschulen aus den USA, Frankreich und England angeführt (Spitzenreiter ist demgemäß Yale, wo 2006 nur 8,6 Prozent der Bewerbungen Erfolg hatten) und die Selektionsmaßnahmen geschildert. Ungebrochen wird nun, unter Berufung auf „Experten“, reine Ideologiereproduktion geleistet: „Eine vernünftige Eingangsprüfung leistet gleich mehrere Dinge auf einmal: Sie kanalisiert den Ansturm der Bewerber, sie senkt die Abbrecherquote, und sie garantiert ein gewisses Grundniveau. Die Unmotivierten treten nämlich gar nicht erst an. Die für ein Fach weniger Begabten bleiben hängen. Und die glücklich Aufgenommenen überlegen es sich sehr gut, ob sie ihren hart erarbeiteten Platz wieder hergeben.“
Der „Wirtschafts-Dekan“ der Uni Eichstätt-Ingolstadt darf sogleich die dortige „Selbstselektion der Studenten“ loben, eine „Studentensprecherin“ der gleichen Fakultät verleiht ihrer Freude darüber Ausdruck, dass hier „auch mit seiner Persönlichkeit zu überzeugen“ möglich ist. In den Auswahlgremien sitzen ihr zufolge dabei auch gerne Studenten, um ein Wörtchen mitzureden. Ein Greifswalder Medizinprofessor wird dann mit einer Aussage zitiert, die der Zweig der Soziologie, der sich kritisch mit Eliten beschäftigt (am prominentesten sind dabei wohl hierzulande Pierre Bourdieu und Michael Hartmann), seit langem als symptomatisch für Vorstellungsgespräche in verschiedenen sozialen Sektoren ansieht: „Entscheidend ist: Passen die Bewerber zu uns, und passen wir zu denen?“ Das sei wichtig, „damit gerade vor Beginn des teuersten Studiums die geeigneten Studenten auf die wertvollen Studienplätze kommen.“ Ein Münchener Bioinformatiker artikuliert eine ganz neue Logik: „Masse und Elite sind ja kein Widerspruch. Im Gegenteil: Wer sehr viele Bewerber hat, hat in der Regel auch sehr viele exzellente Studenten.“ Demnächst wird vielleicht selbst den Abgewiesenen eingeredet, Elite zu sein, weil sie beim Auswahlverfahren einer sog. Elite-Uni dabei waren.
Obwohl am Ende des Artikels auch kritische Stimmen zu Wort kommen, darunter der erwähnte Hartmann, kann sich der Autor der Verlockung der Umstrukturierungen nicht entziehen. Sein Fazit: „Solchen Grundsatzfragen müssen sich die deutschen Unis stellen, wollen sie wirklich mit der internationalen Spitze mithalten. Amerikanische Elite-Unis beispielsweise kombinieren anonymisierte Leistungstests mit persönlichen Gesprächen – das ist aufwändig, aber gerecht.“ Gerade gegen solche Ansichten und Verklärungen hat besagter Michael Hartmann in den letzten Jahren immer wieder angeschrieben und unter Zuhilfenahme einfacher Statistiken und Berechnungen die Reproduktion der bestehenden sozialen Privilegien durch das Universitätssystem der USA detailliert aufgezeigt.
Fazit: Allgemein universitätsbezogen mögen sich in den verschiedenen Magazinen interessante Themen finden. Was Hochschulpolitik betrifft, und zwar egal auf welcher Ebene, wird aber deutlich mehr Verklärung und Ablenkung als Aufklärung geboten. Die Redaktionen richten sich in den neuen (Kräfte-)Verhältnissen ein, noch bevor die überhaupt unvermeidlich und fest zementiert sind – der gleiche vorauseilende Gehorsam, den schon das wissenschaftliche Personal seit Jahren in Bezug auf die europäischen Studienreformen ausübt. Es kommen in den Heften zwar durchaus verschiedene Standpunkte zur Sprache, bisweilen auch weniger bekannte, aber generell wird die journalistische Distanziertheit am falschen Platz geübt, was zu einem Mangel an Tiefgang führt. Die vermeintliche Neutralität entlarvt sich des öfteren am unkommentierten Zitieren einschlägiger Propaganda. Darüber hinaus wird auch in den universitätsbezogen Heftabschnitten eher auf Unterhaltung Wert gelegt, auf nette Geschichten.
Interessant ist, dass sich auch ein Teil der Werbung in diesen Zeitschriften dem Trend anpasst. Gewöhnliche, meistens ganzseitige Anzeigen nehmen manchmal ideologische Diskurselemente auf und zeigen so erst Recht, was in Zukunft Normalität sein wird (und sein soll).
So wirbt ein Mobilfunkanbieter mit der Devise: „Lieber pausenlos quatschen als endlos studieren.“ Ein anderer fordert mehrfach: „Für mehr Studentenbewegung“, negiert die mit diesem Begriff verbundene erste Assoziation aber sofort, indem er kleiner darunter druckt: „Unbeschwert und kostengünstig mobil telefonieren.“ Dass es dagegen nicht sympathisch ist, unbeschwert vor sich hin zu studieren, signalisiert eine ganzseitige Anzeige für ein 12-bändiges Wirtschaftslexikon mit der Überschrift „12 Bände statt 12 Semester.“ Es versteht sich, dass der Begriff „Leistung“ auch von dieser Seite in einem ganz bestimmten Verständnis auf die Studis losgelassen wird. Der kapitalistische Effizienzbegriff passt eben nicht zu dem vorherrschenden Bild von den Werten der Universitätswelt, so dass in letzterer ein Mentalitätswandel herbeigeführt werden soll. Während ein Versicherungskonzern ohne Umschweife mit der Frage „Lust auf Leistung?“ in sein Management lockt, gibt sich eine große Krankenkasse belehrend: „Wer mehr leistet, hat die Nase vorn. Nicht nur im Studium!“ Eine Großbank wird gar richtig provokant. Ihre beiden Varianten lauten: „Man sagt: Studenten sind bequem. Wir suchen Talente, die auch außerhalb des Hörsaals zupacken können.“ „Man sagt: Studenten sind mutlos. Wir suchen Talente, die entschlossen ihre Zukunft in die Hand nehmen.“
Nur die Bundeswehr hat anscheinend etwas nicht gerafft. In einer ihrer Anzeigen zur Rekrutierung stehen die Begriffe „Eigenverantwortung, Teamwork und soziale Kompetenz“ nicht unter „Deine Voraussetzungen“, sondern unter „Deine Perspektiven“.
In die Verwertungsmaschinerie
Im Segment der Universitätsmagazine lassen sich einige der Haupterkenntnisse der Diskussion um die aktuellen Formen von Ideologie veranschaulichen. Ideologie verstanden als Stellungnahmen, die nicht unbedingt explizit politisch sind, jedenfalls aber die sozialen (Macht-)Verhältnisse unbewusst verschleiern und somit den von diesen Verhältnissen Profitierenden in die Hände spielen.
So sind manchmal Ausführungen zu finden, die deutlich im Zeichen eines vermeintlichen nach-ideologischen Pragmatismus stehen (aus dem auch die allgemein mangelnde Bereitschaft zu mehr als nur oberflächlicher Berichterstattung erwachsen dürfte). Von größerer Bedeutung sind aber jene, welche die bezüglich der Welt der Lohnarbeit vorherrschenden Bewusstseinsformen und Diskurse von ihrer Genese losgekoppelt als Grundlage des sozialen Zusammenlebens betrachten und somit ein bestimmtes Menschenbild propagieren. Auf die möchte ich näher eingehen.
Vorher sei allerdings gezeigt, dass die untersuchten Magazine im Grunde offen der Verwertung des Humankapitals zuarbeiten.
In der audimax-Februar-Ausgabe von 2007 berichtete die Chefredakteurin von einer damals aktuellen Studie, wonach Studierende in den hier behandelten Magazinen am liebsten Karriere-Orientiertes lesen. Das gefiel selbst ihr nicht so recht. Sie fragte: „Wirklich am liebsten? Ist nicht auch ein bisschen 'Leben', ein bisschen Hilfestellung für's Studium interessant?“
audimax bemüht sich zwar, wie bereits erwähnt, solche Hilfestellung zu leisten. Aber selbstverständlich wird der Karriere-Hype voll bedient. So prangt auf jeder Ausgabe groß der Hinweis auf ein „Karriere-Special“, das jeweils Infos zu einer bestimmten Branche enthält. Mindestes fünf Seiten, oft deutlich mehr, werden so gefüllt mit sehr wohl gesonnenen Firmenporträts, dazu gibt es immer auch ein paar ganzseitige Anzeigen der gleichen Firmen. Alles wird in diesem Format gehypt, ohne jegliche kritischen Sätze selbst bei Unternehmen, von denen unschöne Dinge durch die bundesweite Presse gingen. So wird die Kundschaftsdaten-Sammlerin Metro AG gerade wegen ihrer Vorreiterrolle bei der elektronischen Totalüberwachung von Lager und Verkaufshalle per an der Ware angebrachtem RFID-Funk-Chip und der Ausstattung von Einkaufswägen mit digitalen Ratgebern (die an jedem Regal automatisch Infos zur Ware geben und somit wohl auch leicht die Erstellung von Bewegungsprofilen möglich machen) gelobt. Der Stromkonzern Vattenfall wird in seiner „Unternehmenskultur“ gepriesen, denn zur „schwedischen Art des Managements“ gehört angeblich ein „demokratisches Vorgehen“. „Unternehmenswerte“ seien dort u.a. Verantwortungsübernahme und Offenheit. Wie sich das alles mit dem von Vattenfall in den letzten Jahren angestrengten und von der ansässigen Bevölkerung hart bekämpften Braunkohleabbau in der Lausitz und dem damit verbundenen Zerstören der Lacomaer Teichlandschaft verträgt, wird leider nicht gefragt. Auch Lidl – gegen den immerhin seit Jahren eine Kampagne der Gewerkschaft ver.di läuft – erhält ein sehr freundlich gesonnenes Porträt. Im hier untersuchten Zeitraum wurden darüber hinaus auf dieselbe positive Weise ausführlich Unternehmen aus Pharma- und Rüstungsindustrie sowie Mineralöl- und Atomstromkonzerne 'vorgestellt'.
Das Gleiche wird natürlich verstärkt in den audimax-Sonderausgaben für die IT- , Ingenieurs- und Wirtschaftswissenschaftsfakultäten getan.
Auf dieser Linie ist generell auch Unicum. Auslandsaufenthalte, Praktika schon im Studium, ständiges Denken an den Lebenslauf – eben die totale Verwertbarkeit – werden durchweg als unhinterfragbare Lebensbestandteile und -bedingungen dargestellt. Diesbezüglich soll das Heft Hilfestellung leisten. So wurde im Herbst 2006 unter der Überschrift „Gut gecoacht zur Karriere“ das so genannte „Student Coaching“ gepriesen. Eine 24-jährige Studentin schwärmt: „Mit Hilfe des Coaches habe ich herausgefunden, wo meine Stärken und Schwächen liegen und wie ich mich am besten vermarkten kann.“ Aber fremdbestimmte Selbsterforschung ist natürlich kein Zuckerschlecken: „'Es war anstrengend, mir so viele Gedanken über mich selbst zu machen', räumt Cindy ein, auf der anderen Seite habe es aber Spaß gemacht zu sehen, wie es persönlich vorwärts geht und sich eine Frage nach der anderen klärt.“ Dann ist ja alles geritzt – du musst ja nur wollen und schon geht alles „persönlich vorwärts“!
Zwei Coaches geben im Interview nähere Infos. Sie reden davon, wie wichtig es ist, „Ressourcen zu erkennen“, von „Profilschärfung“, „Standortbestimmung“, „Karriereentwicklung“ usw. Nicht nur über „die Wahl von Kursen“ an der Uni kann mit ihnen geredet werden (selbstverständlich kostenpflichtig). Sie wollen gar „die Frage klären: Was treibt mich?“ Von der Konkurrenzgesellschaft, dem Verwertungszwang oder Leistungs- und „Aus-mir-muss-was-werden“-Fanatismen wird dabei wohl nicht die Rede sein. Dafür bieten diese Leute auch für profanere Dinge Hilfe beim Selbst- und Studienmanagement: Studis mit finanziellen Problemen werden evtl. an „Kollegen aus der Unternehmensberatung“ verwiesen.
Wohin das Ganze 'idealerweise' führt, wird in der gleichen Ausgabe am Interview mit drei „Consultants“ (der Begriff wird gar nicht erst erklärt; es geht offensichtlich um Unternehmensberatung) klar. Nun kann aus dem von ihnen Gesagten der Redaktion kein Vorwurf gemacht werden. Ich möchte aber einige Äußerungen wiedergeben, da sie zeigen, welcher Welt und welcher Denkweise Unicum auch weiterhin unkritisch ein großes Podium einräumt. Allen drei Befragten macht die „Herausforderung“ Spaß, trotz des vielen Stresses und der erforderlichen totalen Hingabe. Selbst der 15-Stunden-Arbeitstag wird affirmiert. Mehr noch: „Am Montagmorgen ins Flugzeug zu steigen, drei Nächte in der Woche im Hotel zu leben und hauptsächlich für Kunden und Projekt da zu sein, sehe ich positiv. In anderen Städten arbeite ich intensiver und effektiver“, meint der Eine. Auf die Nachfrage nach einem schlechten Gewissen im Falle eines von ihr verordneten Stellenabbaus antwortet die Andere, dass das „natürlich sehr belastend“ sei, was seltsam wirkt angesichts dessen, wie sie den Satz zu Ende führt: „Man kann das auch positiv sehen: Ich will Abläufe effizient gestalten, Zukunftsperspektiven und Standorte sichern.“
Diesem Effizienzverständnis redet Unicum allgemein das Wort, etwa wenn an unbezahlten Praktika die „unbezahlbaren Erfahrungen und Kontakte“ gelobt werden, wenn ein ganzer Artikel nur davon handelt, dass Banken bei Einstellungen auf geleistetes „soziales Engagement“ schauen oder wenn der allgegenwärtige 'Brain Drain' beklagt wird („Die klügsten Köpfe gehen Deutschland jenseits des Atlantiks verloren.“)
Die in Unicum mehr als ein Mal vorkommenden Animierungen zu Unternehmensgründungen haben es auch UniSpiegel angetan. So enthält die Oktober-Ausgabe von 2006 einen mehrseitigen Artikel über studentische Unternehmensgründungen und Professuren für Unternehmungsgründungen, die die „theorielastigen“ deutschen Wirtschaftsfakultäten aufgemöbelt hätten. Dabei tritt Schockierendes über den Zustand dieses Landes zu Tage: „Gerade einmal 5,4 Prozent aller Deutschen zwischen 18 und 64 Jahren wagten laut einer Umfrage im Jahr 2005 eine Unternehmensgründung oder hatten sie in den drei Jahren zuvor gewagt.“ Das Problem bestehe in der mangelnden Risikobereitschaft, dabei schütze doch eine eigene Firma eventuell vor Arbeitslosigkeit. In der Folgeausgabe wird das Thema noch ein Mal aufgegriffen und mit Bedauern eine Studie der Universität St. Gallen zitiert, in der herauskommt, wie wenige deutsche Studis nach dem Abschluss ein Unternehmen gründen wollen (7,9%).
Das Problem der mangelhaften Verwertberkeit ist an anderer Stelle Grund für einen fünfseitigen Artikel über erfolgreiche Frauen in der Wirtschaft und im Bildungssystem. Natürlich jenseits von überwundenen „ideologischen Geschlechterdebatten“. Es gibt ja ganz pragmatische und geradezu zwingende – also vermeintlich völlig unideologische – Gründe für einen geschlechtsbezogenen Wandel in der Erwerbswelt, für eine Quasi-Emanzipation 'der Frau' hinein in die Mühlen der Verwertungsmaschinerie: „Eine akademische Ausbildung kostet den Staat im Schnitt über 40.000 Euro – volkswirtschaftlich gesehen ist es allein schon aus diesem Grund Unsinn, das in den Köpfen der Frauen steckende Kapital über den Arbeitsmarkt nicht wieder hereinzuholen. Wahre Schätze könnte der Fiskus im Pool der Akademikerinnen heben.“
Im Mai des Jahres 2007, das als „Jahr der Geisteswissenschaften“ ausgerufen worden war, sah sich die Redaktion dazu bemüßigt, auf wiederum fünf ganzen Seiten zweifelhafte Aufklärungsarbeit darüber zu leisten, ob (und wie) die „Geisteswissenschaften“ wichtig für „uns“, für die „Gesellschaft“ sind. Die Frage wird natürlich bejaht, aber der Artikel endet, wie so viele, mit einem Gespräch mit einer Frau aus der Personalabteilung der Unternehmensberatung McKinsey („Geisteswissenschaftler diskutieren zielgerichtet, bringen Dinge auf den Punkt und sind überaus teamfähig.“) und mit Fakten und Tipps bezüglich der Chancen, „in der Welt der Business-Class“ unterzukommen.
McKinsey schafft es übrigens in so gut wie jeder UniSpiegel-Ausgabe in eine Meldung oder einen Artikel. Sogar eine langfristige Kooperation liegt vor. Bereits im Sommer 2004 wurde nämlich im Internet „Studentenspiegel“ gestartet, eine Umfrage zur Selbsteinschätzung bei Studis der 15 Fachbereiche, die als die wichtigsten gelten. Als Belohnung wurde damals ein „persönliches Qualifikationsprofil“ geboten. Studium und Berufseinstieg ließen sich durch Vergleiche mit anderen besser planen, so das Argument. Damals nahmen nach Angaben von UniSpiegel 50.000 Menschen Teil. 2006 wurde das Ganze wiederholt, mit einer Erweiterung, die sich nur an „Berufseinsteiger“ richtete. Auch durften sich nun Studierende aller Fachrichtungen beteiligen und Noten, Anzahl der geleisteten Praktika und geschriebenen Bewerbungen sowie Selbsteinschätzungen angeben. Der Internetdienstleister AOL war dieses Mal nicht mehr als Kooperationspartner dabei, McKinsey schon. Zu gewinnen gab es u.a. einen „Zugang zur eigens eingerichteten Premium Group 'Berufseinsteiger – das Netzwerk von Studentenspiegel 2' bei der Karriere-Plattform OpenBC.“
Als im Februar 2007 die Ergebnisse vorgestellt wurden, konnte gar eine auf der Homepage befindliche Erfindung präsentiert werden, die die Selbstverwertung noch weniger dem Zufall überlassen soll: „Ob ein weiteres Praktikum den Lebenslauf aufpoliert oder lieber ein schneller Abschluss hersollte, zeigt seit kurzem der 'Lebenslaufsimulator': Alle Teilnehmer können verschiedene Variablen in ihrem Studienverlauf ändern und unmittelbar sehen, wie sich das auf das Qualifikationsprofil auswirkt.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Glücklicherweise sind die Reihen der karrieristischen Studierenden nicht ganz geschlossen. So druckte audimax im Frühjahr 2007 zwei Mal deutlich kritische Zuschriften bezüglich ihrer Themenwahl ab. Es würden „viel zu oft Hochglanzkarrieren und Spitzenleister beschrieben“, was den weniger Karrieregeilen Angst mache, so die Kritik an dem Heft, das gar als „Werbeblatt der Unternehmensberatungs- und Großunternehmen“ bezeichnet wurde. Im Folgemonat wurde die Kritik noch deutlicher. In einem Brief war von durch die Lektüre verursachten „Quasipanikattacken und Existenzängsten“ die Rede. Die Redaktion solle sich „von der 'Arbeitsmarktidee' abwenden und stattdessen vom Leben schreiben“.
Marktwirtschaft leben
Aus Unbedarftheit und dem Willen zu Pragmatismus wird leicht ein Reden über soziale Verhältnisse in personalisierenden und psychologisierenden Kategorien. Unter Absehung von grundsätzlichen sozialen Mechanismen, versteht sich. Da wird einerseits Persönlichkeit gefordert, als ob die nach kapitalistischen Maßstäben organisierte Lohnarbeit eine ehrvolle und manierliche Angelegenheit sei; andererseits werden mögliche und vermeintliche persönliche Entwicklungen und Freiheiten beschworen. Vor allem in den reinen Karrierezeitschriften wird das praktiziert.
In high potential beispielsweise ist es geradezu eine Konstante, von Selbstverwirklichung, Lebenszielen, Sozial- oder Kommunikationskompetenz und allen möglichen Innovationen zu schwärmen, während gegen Fremdbestimmung, Unzufriedenheit und Orientierungslosigkeit angeschrieben wird. Gut formuliert hat das ein Unternehmer und Motivationstrainer in der Juli/August-Ausgabe 2006: Er behandelte nämlich „die entscheidendste Frage unseres Lebens überhaupt: 'Wie schaffe ich es, zu diesen erfolgreichen Menschen zu gehören, die ihr Leben bewusst und eigenständig gestalten?' Wie beantworte ich für mich ganz persönlich die Frage: 'Wofür lohnt es sich zu leben? Auf welchem Gebiet möchte ich Spitzenleistungen erzielen? Mit welchen Leistungen möchte ich aus der Masse der Namenlosen heraustreten? (...)'“
Die Vorgehensweise ist immer gleich: Allgemeine Fragen und Begriffe werden unter der Hand in einen ganz bestimmten Kontext gestellt (meistens: Lohnarbeit in einem Unternehmen oder eigene Unternehmensgründung). Die auf der Grundlage von besonderen, stillschweigenden Voraussetzungen kommunizierten Ratschläge und Suggestionen werden dann universalisiert und auf das ganze Leben übertragen. Eine Grenze zwischen 'Leben' und 'Beruf' soll gar nicht mehr existieren. Das ist zwar bei positiven sozialen Utopien auch so. Dort wird allerdings die fremdbestimmte Arbeit zu Gunsten des 'Lebens' abgeschafft. Hier wird das Leben, die gesamte persönliche Existenz, dem Beruf angepasst und angeglichen, also ein spezifisches Menschenbild konstruiert. Nennen wir es Anthropologie in wirtschaftlicher Absicht.
Was für 'Empowerment'-Gedöns aus diesem Ansatz erwachsen kann, zeigt ein vor Kraft- und Motivationsbegriffen strotzender Artikel, ebenfalls aus der high potential, der außerhalb des hier eigentlich betrachteten Zeitraums liegt, aber wegen seiner Prägnanz ausführlich zitiert zu werden verdient. Im November 2005 stellte ein Professor für Erziehungswissenschaft und Kriminologie sein gerade erschienenes Buch „Die Peperoni-Strategie“ vor, in dem er dem Humankapital nahe legt, „scharf, feurig und nur mit Vorsicht zu genießen“ zu sein. Die Unternehmen klagten nämlich darüber, dass „Personality“, „Charisma“ und „Profil“ der Universitätsabsolventen in einem schlimmen Zustand seien. Die jungen Leute hätten ständig Angst anzuecken, würden kaum mehr selbstständig und innovativ denken. Klar: „Für Deutschland ist das keine gute, weil nicht Zukunft weisende Perspektive.“ Wenn das so weitergehe, sei das „nicht nur gesellschaftlich, sondern auch unternehmerisch schlecht“.
Ob er diese Reihenfolge wirklich ernst meint? Der Autor sieht sich jedenfalls zu einem, so die Unterzeile der Überschrift, „Plädoyer für Zivilcourage“ veranlasst. Der Begriff „Zivilcourage“ kommt dann auch insgesamt neun weitere Male in dem eineinhalbseitigen Text vor – immer mit der Bedeutung, sich aktiv in Entscheidungsfindungen einzubringen. Wem diese Begriffswahl übertrieben erscheint, macht der Professor klar, dass der Hintergrund ein denkbar ernster ist: „Diese Obrigkeitshörigkeit widerspricht dem kritischen Erbe der Aufklärung und mündet in Verhaltenskatastrophen, wie sie im Milgram-Experiment dokumentiert wurden: von wissenschaftlichen Autoritäten ermutigt waren Normalbürger bereit, Dritte massiv zu quälen.“ Die oben angesprochene Anthropologie äußert sich so: „Träume und Ideen umzusetzen“ wird als wichtig erachtet, aber nur im unternehmerischen Sinn thematisiert; „positiv Aggressive sind zufriedene Menschen“, denn sie können sich durchsetzen: „Gute Ziele – also Ziele, die im Sinne des Unternehmens und seiner Mitarbeiter sind – werden auch gegen den Widerstand Dritter durchgeboxt.“ Dabei seien „Fairness“, „Mitgefühl“ und Ähnliches wichtig, bürgerlicher Anstand wird natürlich hoch gehalten und vorausgesetzt – bis der Sachzwang zuschlägt. Der Autor weist nämlich darauf hin, dass das alles keine Erfolgsgarantie ist. „Aber der sporadische Misserfolg stört wenig, denn sie haben es immerhin versucht.“
Diese Eigenverantwortung wird auch bei UniSpiegel groß geschrieben. So endet der bereits erwähnte Artikel zu studentischen Unternehmensgründungen mit der vielsagenden Einsicht eines (damals noch) erfolgreichen Firmengründers: „Wenn wir es am Ende nicht schaffen, dann weiß ich wenigstens: Es lag allein an mir.“
Der Drang zur Menschenformung gemäß dem liberalen Ideal des Aktivbürgers führte bei Unicum gar zu einer Buchveröffentlichung im eigenen Verlag. Ein Absolvent der Wirtschaftswissenschaften verfasste nämlich einen „Studi-Survival-Guide“, der als eine Kombination aus pragmatischem, aufgabenorientiertem Studienratgeber und einer Zeit- und Persönlichkeitsmanagement-Hilfe bezeichnet werden kann. Auch hier soll bei der „persönlichen Entwicklung“ nachgeholfen werden, „Selbstverantwortlichkeit“ gilt als zentraler Begriff. Dafür sind laut Autor sieben „Tugenden“ nötig, deren ideologischer Charakter sogar indirekt benannt wird. Sie sollen nämlich nicht nur „Ansporn sein, die Leser in ihren Zielen und ihrem Studium voranzubringen“, sondern „auch ein Trostpflaster bieten, wenn es mal nicht so klappt.“
Es ist ja auch wirklich ein Wert an sich, ein „proaktives Handeln“ an den Tag zu legen („selbstbestimmte, optimistische und zukunftsgerichtete Handlungsweise“), oder „Exploration“ seiner selbst und der eigenen Ziele zu betreiben und kontinuierlich an der eigenen „Produktivitätssteigerung“ zu arbeiten – was dabei an irdischen Gütern herausspringt, ist angesichts dieser Persönlichkeitsentwicklung gar nicht mehr so wichtig, der Moral-Masochismus von Immanuel Kant lässt grüßen. Damit auch wirklich nichts wegen etwaiger profaner Missgeschicke schief geht, enthält das Buch sogar „hilfreiche Tipps zur Ordnung und Organisation des eigenen Arbeitsplatzes bzw. PCs“.
Alles in allem: inhaltlich höchst bedenklich
Wie in dem ganzen Artikel gesehen, ergeben sich in den verschiedensten Bereichen immer wieder die eine oder andere Überschneidung zwischen den Themen oder Ausrichtungen der verschiedenen Zeitschriften. Es wäre aber falsch, von einer Einheitlichkeit dieses Genres auszugehen (das trifft nur für die rein karrieristisch orientierten und auf bestimmte Branchen zugeschnittenen Publikationen zu).
Während UniSpiegel sich mehr um Politisches bemüht, machen die anderen (in je unterschiedlichem Ausmaß) eher in Lifestyle und Unterhaltung – verzapfen aber dafür weniger ideologischen Mist. Wie ein politisch eher unbedarftes Magazin gewaltig 'daneben' greifen kann, wenn es denn einmal das Unterhaltungs- und Ratgeber-Terrain verlässt, mögen zwei Beispiele aus audimax veranschaulichen. Zum einen wurde dort im Dezember 2006 ein langes Interview mit einem Evolutionsbiologen abgedruckt. Die rein biologistische Herangehensweise an die Themen Liebe und Geschlechterbeziehungen sowohl auf Seiten des Interviewten als auch der Journalistin wird bereits in der ersten Frage deutlich: „Sie forschen seit Jahren zum Thema Attraktivität und Anziehung zwischen Frau und Mann – was zieht uns an am anderen Geschlecht?“ Leider stellt sie nicht die Zusatzfrage, was bei Schwulen, Lesben und anderen sexuell Verwirrten schief gelaufen ist. Der Professor jedenfalls antwortet darauf etwas über Schönheit im Allgemeinen. Und: „Männer wählen Frauen eher nach dem äußeren Erscheinungsbild und Frauen wählen Männer eher nach ihrem Status.“
Dabei gehe es, wenn auch unbewusst, um Fortpflanzung, weswegen noch heute Sex so einen wichtigen Platz in unserem Denken einnehme, schließlich war er ja früher automatisch mit ersterer verbunden. Der Forscher will sogar festgestellt haben, dass Frauen an ihren fruchtbaren Tagen häufiger „fremdgehen“. Wie die 'betrogenen' Männer diesen Zusammenhang mitkriegen, ist zwar noch nicht geklärt (es seien sicherlich „viele subtile Hinweise“ im Verhalten der Frau, welches wiederum hormonell bedingt sei). Als Reaktion darauf versuchen sie aber angeblich, „den Zeitpunkt der Ovulation herauszufinden und verstärken dann ihr Bewachungsverhalten: Sie rufen häufiger an, bringen Geschenke, holen die Frau unerwartet von der Arbeit oder von der Uni ab.“
Die letzte Frage der Interviewerin bezieht sich auf ein Forschungsergebnis des Biologen, wonach ein Ringfinger, der länger als der dazugehörige Zeigefinger ist, von erhöhtem pränatalem Testosteron zeuge, was auch Implikationen für das Verhalten und die physische Leistungsfähigkeit mit sich bringe. Als sie hinzufügt, dass dieses Verhältnis der Finger bei ihr vorliege, sie aber weder gut in Mathe sei, noch „perfekt einparken“ könne, antwortet er nur: „Sie müssten in Ihrer Drei-D-Wahrnehmung besser sein, als Ihre Kolleginnen – also sollten Sie eigentlich einparken können.“ Der Professor kommt zu diesem biologistischen Fokus, da alle Menschen „historische Dokumente“ sind. „Wir leben nicht erst die letzten 100 Jahre, sondern sind vier Millionen Jahre alt.“ Vielleicht sollte er sich mehr mit den letzten (paar) 100 Jahren beschäftigen und feststellen, dass deren Einfluss auf unser sexualitätsbezogenes Verhalten und unsere Wahrnehmung überhaupt entscheidender ist als unsere von der Gattungsgeschichte geprägten Hormone.
Einen noch krasseren Fall, der das erschreckend niedrige Reflexionsvermögen der Redaktion einer 20 Jahre alten Unizeitschrift darlegt, gab es im Frühjahr 2007. Eines der Titelseitenmädchen (manchmal ist daneben noch ein junger Mann zu sehen, meistens aber nur eine Frau alleine) hatte nämlich Teile der männlichen Leserschaft zu Begeisterungsstürmen und Bitten um die Telefonnummer des Models bewogen, was die Redaktion in mehreren Ausgaben in der Leserbrief-Rubrik dokumentierte. Noch 5 Monate nach dem Erscheinen des betreffenden Heftes wurde dann der mit Abstand längste Leserbrief des hier analysierten Zeitraums überhaupt abgedruckt, in dem ein gewisser Thomas die von der Redaktion aufgeworfene Frage nach dem Grund der Attraktivität des Titelbilds beantworten will.
Nicht die Haarfarbe, sondern die Zöpfe seien der springende Punkt, sie seien nämlich nicht „abgedroschen mainstream“, sondern versprächen „eine gewisse Exotik“. Das wirre Urteil ausführlich und ohne Auslassungen: „Blonde Zöpfe sehen auch nicht nach Multikulti aus, die Zeit, wo man diese als 'nazideutsch' abtituliert hatte, abtitulieren musste, sind doch nun so langsam wirklich auch vorbei. Ich erinnere mich an Kalifornien so Ende der Siebziger, da hatten die Mädels der älteren Hippiegeneration oft Zöpfe getragen. Diese Gedanken mag noch der Ethnoschmuck ergänzen: Haben wir hier nicht auch eine 'Ethnokultur', die unglücklich verschüttet ist? Ich denke da gerade an keltische und germanische Kunstformen. Ich bin eben auch nicht der Meinung, dass Deutschland am Hindukusch veteidigt werden müsse! Lassen wir doch diese Völker in Ruhe, drängen wir ihnen doch nicht mit 'aller Gewalt' unsere (sehr fragwürdige) industriell-westliche Lebensart auf! Und dieses Covermodel drückt auch dies aus.“
Es fragt sich, warum gerade diese Fantasien höchst ausführlich und kommentarlos abgedruckt werden, wo die Redaktion ansonsten oft auf abgedruckte Zuschriften direkt antwortet.
Obwohl nicht alle in diesem Artikel formulierten Vorwürfe auf alle behandelten Zeitschriften zutreffen und auch keine exakte Darstellung, keine wissenschaftliche Inhaltsanalyse geleistet werden sollte, dürfte doch klar geworden sein, dass die den Studierenden in Deutschland angebotenen Periodika ihnen wenig wirklich Gutes bringen. Salopp ausgedrückt: Es handelt sich um "Jugend gefährdende Schriften", die unsere Kids ideologisch versauen! Bei Publikationen für den Bildungssektor ist es besonders bedauerlich, wenn sie weder das aufklärerische Potential der Massenmedien nutzen, noch auf die den heutigen Bildungsprozessen immer noch innewohnende Möglichkeit zur Selbsterkennung und zumindest teilweisen Selbstbefreiung hinweisen.
Leider gibt es bisher keine bundesweite Alternative. Kritische Hefte in großen Auflagen wurden zwar von verschiedenen Verfassten Studierendenschaften (AStA, StuRa oder wie sie jeweils heißen) bereits kooperativ erstellt. Das waren aber einmalige Projekte, die außerdem schwerlich in die ganze Republik ausstrahlen konnten. Die von Zeit zu Zeit erscheinende Zeitung des Bündnisses linker und radikaldemokratischer Hochschulgruppen namens lira ist auch erst mal eingegangen. Die Gründung eines bundesweiten, regelmäßig und nicht nur ein Mal pro Semester erscheinenden kapitalismuskritischen Uni-Magazins steht also noch aus. Sie erscheint um so dringender, als der Zeitungsmarkt ja schon seit Jahren stark kriselt und Gratiszeitungen an Boden gewinnen (von denen die nötige Kritik sicherlich nicht kommen wird).
Eine Chance zu solch einem Magazin wurde auch mit dem Verlag Evoluzione Media verpasst. Das klingt jetzt überraschend, schließlich kommen aus diesem Verlag Publikationen, die hier gar nicht lange analysiert werden mussten, um ihren eigentlichen Hintergrund aufzuzeigen. Allerdings befindet sich mit Stefan Müller-Doohm ein Soziologieprofessor im Aufsichtsrat dieses Unternehmens, der international für die Vermittlung und Weiterführung des Werkes von Theodor W. Adorno bekannt ist. Da wäre doch eigentlich gänzlich Anderes zu erwarten als das, was in Unicompact und high potential stark überwiegend geboten wird. Auf die schriftliche Anfrage, wie er zu diesem Aufsichtsratmandat kommt, antwortet Müller-Doohm kurz und knapp, die journalistische Qualität eines der Hefte habe ihn überzeugt und der Herausgeber sei sein Schwiegersohn. Die telefonische Nachfrage fördert zu Tage, dass er die beiden erwähnten Zeitschriften des öfteren liest. Aufgefallen ist ihm dabei, dass high potential manchmal zu akademisch, zu anspruchsvoll sei – was tatsächlich an entsprechenden Gastbeiträgen liegen mag –, aber anscheinend nicht, dass unicompact vor Niveaulosigkeit fast schon im Boden versinkt.
Dass die Verlagspublikationen sehr karrieristisch und nur auf bestimmte, leichter verwertbare Fächer ausgerichtet sind, sehe er auch so. Er wünsche sich auch mehr kritische Auseinandersetzungen mit den Hochschulreformen. Die Werbekooperationen und Produktplatzierungen seien gar ein „Dauerthema“ zwischen ihm und dem Herausgeber, denn als in der Tradition der „Kritischen Theorie“ stehender Kommunikationssoziologe könne er das nicht gut finden. Diesen Dauerkonflikt müsse er aber hinnehmen – sonst könnten solche Zeitschriften gar nicht erscheinen. Auf den Einwurf, dass das ja aus einer kritischen Perspektive vielleicht gar nicht schlecht wäre, fällt ihm nur ein, dass an so einem Unternehmen ja eine Menge Arbeitsplätze hängen.
Ohne behaupten zu wollen, dass die hier analysierten Publikationen einen entscheidenden Einfluss auf das studentische Bewusstsein ausüben – tatsächlich hat sich eher der Eindruck ergeben, dass sie hauptsächlich andere Einflüsse verstärken, also nur geringe eigene Prägungskraft haben (wollen) –, erscheint es doch als eine grobe Vernachlässigung, sich nicht ernsthaft und kritisch mit ihnen zu befassen. Die mangelhafte Problematisierung bei Müller-Doohm ist nur ein Beispiel dafür. Die hier kritisierten Punkte, zur Sicherheit sei es noch ein Mal gesagt, finden sich nicht in allen Artikeln dieser Zeitschriften und auch nicht in allen Zeitschriften gleich stark oder gleich oft.
Zu diesem Beitrag gibt es eine Gegendarstellung der UNICUM Verlag GmbH. Der Heise Zeitschriften Verlag ist nach den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags verpflichtet, unverzüglich eine Gegendarstellung der Person oder Stelle, die durch eine in ihrem Angebot aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist, zu veröffentlichen.
Gegendarstellung der UNICUM Verlag GmbH
1. Mit Datum vom 27.4.2008 erschien in TELEPOLIS ein Artikel von Rolf Hutter mit dem Titel „Jugend gefährdende Schriften“ (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/27/27653/1.html ). In diesem Beitrag wird auf knapp 16 DIN A4-Seiten u.a. auf unsere Zeitschrift UNICUM eingegangen. Dazu stellen wir fest: Die Überschrift des Beitrags ist falsch und beleidigend. UNICUM ist keine „Jugend gefährdende Schrift“.
2. Der Autor unterstellt unserer Zeitschrift auf Seite 6 seines Artikels „Käuflichkeit“. Er führt als Beleg dazu das Titelbild der UNICUM Ausgabe 7/2007 sowie die Titelgeschichte zur Fernsehsendung „Germany’s Next Topmodel“ an. Er sagt außerdem.“ Es sieht ganz danach aus, dass der eigentlich geplante Schwerpunkt durch eine Werbeaktion für das TV-Ereignis ersetzt wurde.“ Dazu stellen wir fest: Die UNICUM-Redaktion ist nicht käuflich. Das Titelbild und die Titelgeschichte zu „Germany’s Next Topmodel“ erschienen, weil die Siegerin des Wettbewerbs eine Studentin war. Ein Werbeerlös oder andere wirtschaftliche Vorteile sind damit nicht erzielt worden.
3. Auf Seite 11 behauptet der Autor, dass „die untersuchten Magazine“, also auch UNICUM, „offen der Verwertung des Humankapitals zuarbeiten.“ Dazu stellen wir fest: Dieses tut UNICUM nicht. Das mit diesen Worten ausgedrückte Menschenbild entspricht in seiner Herabwürdigung und Reduzierung auf den ökonomischen Faktor nicht dem Bild, das wir von unseren Lesern als mündigen Menschen haben und in unserer redaktionellen Arbeit anwenden.
4. Auf Seite 12 behauptet der Autor, dass UNICUM „an unbezahlten Praktika die unbezahlbaren Erfahrungen und Kontakte gelobt“ habe. Dazu stellen wir fest: UNICUM ist gegen unbezahlte Praktika. In unserem Verlag erhält jeder Praktikant ein monatliches Honorar, und dieses empfehlen wir allen Arbeitgebern.
5. Auf Seite 14 behauptet der Autor, „der Drang zur Menschenformung gemäß dem liberalen Ideal des Aktivbürgers führte bei UNICUM gar zu einer Buchveröffentlichung im eigenen Verlag“. Dazu stellen wir fest: Die UNICUM-Redaktion besitzt keinen Drang zu Menschenformung. Die Unicum Verlag GmbH, in der die Zeitschrift UNICUM erscheint, veröffentlicht keine Bücher im eigenen Verlag. Das genannte Buch ist in einem anderen Verlag erschienen.
6. Auf Seite 15 behauptet der Autor über die von ihm untersuchten Zeitschriften, also auch über UNICUM: „Es handelt sich um Jugend gefährdende Schriften, die unsere Kids ideologisch versauen!“. Dazu stellen wir fest: UNICUM ist keine Jugend gefährdende Schrift. UNICUM weist die Unterstellung und den beleidigenden Inhalt der Formulierung „ideologisch versauen“ scharf zurück.
Bochum, 29. April 2008
Manfred Baldschus
Herausgeber UNICUM
Geschäftsführer UNICUM Verlag GmbH
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Kommentar des Autors:
Der zweite Punkt in der Gegendarstellung von Herrn Baldschus ist in zweierlei Hinsicht fehlerhaft. Erstens werfe ich unicum nirgendwo Käuflichkeit vor, im Gegenteil: "Dass kostenlose Zeitschriften Werbung beinhalten müssen, ist offensichtlich." Somit ist unicum käuflich in dem von mir gemeinten Sinne, dass gegen Geld Werbeanzeigen gedruckt werden. Das kritisiere ich aber an keiner Stelle, sondern nur die verschleierte Form, die diese Werbung sehr oft annimmt. Darüber hinaus schreibe ich mit Bezug auf einen konkreten, von mir belegten und von unicum nicht abgestrittenen Fall (und sehr wohl in vorwurfsvollem Ton): "Sogar politisch käuflich scheint Unicum zu sein."
Zweitens kann die von Herrn Baldschus zitierte Stelle kein "Beleg" für diesen imaginierten Vorwurf sein. Ein Beleg ist auch gar nicht intendiert, wie Herr Baldschus selbst zitiert: "Es sieht ganz danach aus, dass der eigentlich geplante Schwerpunkt durch eine Werbeaktion für das TV-Ereignis ersetzt wurde." Meine Aussage ist somit eindeutig keine Tatsachenbehauptung, sondern eine auf von mir erklärten Indizien beruhende Vermutung, die natürlich abgestritten werden darf.
Ralf Hutter, 7.5.2008