Jugendschutz auf salafistisch
Die syrisch-irakische Rebellengruppe Islamischer Staat lässt bei Enthauptungen von Gefangenen kleine Kinder zusehen
Die Gruppe Islamischer Staat Irak und Levante ist eine al-Qaida-hörige Salafistengruppe, die in Syrien gegen die Regierungsarmee kämpft. Dass sie an der syrisch-irakischen Grenze ein Terrorcamp für Kinder betreibt, ist seit Juni bekannt. Nun zeigen neue Bilddokumente, dass die Gruppe kleine Kinder zusehen lässt, wenn sie Gefangene enthauptet.
Auf den von einem Fotojournalisten gemachten Aufnahmen vom 31. August dieses Jahres ist zu sehen, wie ein Bärtiger in der in der Nähe von Aleppo gelegenen nordsyrischen Ortschaft Keferghan einen gefesselten und knienden Gefangenen mit einem Säbel köpft, während eine Gruppe von Bewaffneten ihn anfeuert. Dann hält ein anderer Mann den abgeschlagenen Kopf des Gefangenen in die Luft. Auf einer niedrigen Mauer sieht man eine Gruppe von kleinen Jungen, die das Geschehen ebenfalls beobachtet. Ein kleiner Junge wird von einem Erwachsenen an der Hand ganz nahe an der geköpften Leiche vorbeigeführt.
Bei dem Gefangenen und vier weiteren Geköpften, deren Exekution der Fotojournalist unter Zurückhalten seines Brechreizes dokumentierte, handelte es sich um Personen, denen die Salafisten vorwarfen, Mitglieder von regierungstreuen Milizen zu sein. Ein Vorwurf, der der Volksgruppe der Alawiten von sunnitischen Rebellen häufig pauschal gemacht wird: Trägt ein Alawit eine Uniform, ist er ein Soldat und wird hingerichtet - trägt er keine, muss er ein Shabiha-Milizionär sein und wird erst recht getötet. Auf diese Weise erreicht man, dass große Bevölkerungsteile fliehen und rein sunnitische Gebiete hinterlassen.
Auch andere Minderheiten werden zunehmend Opfer von Salafisten, die häufig nicht aus Syrien selbst, sondern aus dem Kaukasus, Zentralasien, Südostasien, Nordafrika, Nordamerika, Europa und den Golfstaaten stammen. Saudi-Arabien ließ einem Bericht der Zeitschrift USA Today zufolge sogar 1.239 Schwerverbrecher unter der Bedingung frei, dass sie sich in Syrien am Dschihad beteiligen. Angeblich zahlt man den Familien der Verbrecher dafür sogar Sold.
In Maalula vertrieben solche Kommandos letzte und vorletzte Woche einen Großteil der vorher ganz überwiegend christlichen Einwohner und stellten andere vor die Wahl zwischen Tod und Konversion. In der Hafenstadt Tartus wurden mittlerweile sogar Turkmenen Opfer von Sippenmord, was in der Türkei die Begeisterung für den Aufstand im Nachbarland etwas abkühlte.
Einer neuen Studie des renommierten Militärberatungsunternehmens IHS Jane's nach sind mindestens die Hälfte der aktuell insgesamt 100.000 bewaffneten Rebellen in Syrien Dschihadisten und 10.000 stehen unmittelbar unter al-Qaida-Befehl. Der Rest folgt meist lokalen Warlords, bei denen sich schwer zwischen politischen Zielen und familiären wirtschaftlichen Interessen trennen lässt. Der belgische Politologe und Ortskenner Pierre Piccinin, der unlängst aus einer mehrmonatigen Gefangenschaft bei syrischen Rebellen entlassen wurde, hat dort sogar den Eindruck gewonnen, dass es eine "Freie Syrische Armee" (FSA), die immer noch die europäischen und amerikanischen Medien dominiert, inzwischen nur noch sehr bedingt gibt. Stattdessen hätten nun "richtige Banditen" die Führung übernommen.
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