Juncker bei Trump

Das Weiße Haus. Bild: TP

Der US-Präsident will mit Zöllen "fairere" Handelsabkommen erzwingen

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Heute trifft EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Washington US-Präsident Donald Trump. Anschließend finden Gespräche zwischen jeweils zehn Handelspolitikdelegierten der EU und der USA statt, an denen unter anderem EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström teilnimmt.

Juncker, der sich am Wochenende vor seinem USA-Besuch mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron getroffen hatte, ließ gestern über seinen Sprecher ausrichten, er fahre ohne das von Trumps Wirtschaftsberater Larry Kudlow geforderte größere Angebot nach Washington, sondern wolle lediglich die Lage "entdramatisieren". Das glaubte dem unter anderen für seinen Ausspruch "Wenn es ernst wird, muss man lügen" bekannten EU-Kommissionspräsidenten allerdings nicht jeder.

Vorschlag zur WTO-Reform?

Das Handelsblatt und die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) gehen vielmehr davon aus, dass Juncker dem US-Präsidenten für einen Verzicht auf die angekündigten Zölle auf deutsche Autos anbietet, die Welthandelsorganisation WTO umzubauen, zu der Malmström verlautbarte, die EU und die USA seien sich einig, dass man sie nach 23 Jahren "modernisieren" müsse.

Einem in die Hände des Handelsblatts gelangten Papier der EU-Kommission nach beinhaltet das Angebot eine stärkere Beschäftigung der WTO mit dem Thema Technologietransfer, einem Streitpunkt zwischen den USA und China. Außerdem soll am WTO-Schiedsgericht zukünftig eine Bearbeitungsfrist von 90 Tagen gelten, damit Fälle nicht erst nach vielen Jahren entschieden werden. Damit das Schiedsgericht diese Frist einhalten kann, will man die Zahl der Richter von sieben auf neun erhöhen.

Europaabgeordneter Daniel Caspary will mit TTIP ähnlich umgehen wie mit der EU-Verfassung

Trump hatte am Dienstagabend auf Twitter verlautbart, die EU könne den Handelsstreit ganz einfach beenden, indem sie alle bestehenden Zölle, Handelsbarrieren und Subventionen abschafft. Das, so der US-Präsident, "wäre dann endlich das, was man freien Markt und fairen Handel nennt!" Da er jedoch nicht glaube, dass sie das tun werden, seien Zölle kurzfristig die wahrscheinlichere Alternative dazu.

Längerfristig will er über diese Zölle ein "mindestens vernünftiges, mindestens faires Handelsabkommen" durchsetzen, das sich von den seiner Ansicht nach "dummen Handelsabkommen, die wir seit 25 Jahren dulden" deutlich unterscheidet. Ob ihm dazu ein anderer Name reicht, wie ihn der (bereits in der Debatte um die Wiedereinführung einer Sperrklausel als phantasievoll aufgefallene) Europaabgeordnete Daniel Caspary vorschlug, ist fraglich. Der CDU-Politiker meint, die EU solle den Inhalt des von Trump beerdigten TTIP-Freihandelsabkommen einfach als "TTTTIP" verkaufen, als "Tremendous Trump Transatlantic Trade and Investment Partnership".

Wahlbeeinflussungsversuch der EU als Bumerang?

Dass Juncker nach Washington reiste, ist für Trump ein Zeichen dafür, dass seine auf Stahl und Aluminium verhängten Zölle bereits wirken. Auf Twitter verkündete er: "Länder, die uns jahrelang im Handel unfair behandelt haben - sie kommen alle nach Washington, um zu verhandeln. Das hätte bereits vor vielen Jahren passieren sollen - aber, wie man sagt: besser spät als nie!"

Bislang versucht die EU, dem durch die Zölle aufgebauten wirtschaftlichen Druck nicht mit einer Bereitschaft zu anderen Abkommen, sondern mit Gegenzöllen entgegenzutreten. Auf die Zölle auf Stahl und Aluminium reagierte sie mit einer sehr bunten Mischung aus Zöllen auf Whiskey, Jeans und Harley-Davidson-Motorräder, die nur dann Sinn zu ergeben scheint, wenn man sie in erster Linie als Versuch einer Beeinflussung der US-Wahlergebnisse im Herbst betrachtet. Sollte das der Fall sein, schlug der Versuch bislang fehl: Aktuell führen Trumps Republikaner sowohl in den Umfragen für die Kongress als auch in den für den Senat.

Zudem könnte sich ein Wahlbeeinflussungsversuch der EU als Bumerang erweisen, wenn Trump sie offensiv zum Thema macht. Dann müssten sich US-Medien fragen, ob sie mit einem Einflussnahmeverdacht, der Brüssel und Berlin betrifft, nicht genauso umgehen müssen, wie mit einem, in dessen Zentrum Moskau steht.

Auch hinsichtlich des letzteren Verdachts ging Trump vor einigen Tagen in die Offensive und verkündete überraschend, er sei "sehr besorgt, dass Russland sehr hart dafür kämpfen wird, Einfluss auf die bevorstehende Wahl zu nehmen". Aber: "Angesichts der Tatsache, dass kein Präsident härter gegenüber Russland war als ich, werden sie sehr hart dafür kämpfen, die Demokraten zu pushen. Sie wollen Trump definitiv nicht!".

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