KI am Scheideweg – Ende des Hypes in 2024?
Künstliche Intelligenz wird vielfältig eingesetzt, vom Recruiting bis zum Aktienmarkt. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass der Hype sich einem Ende nähert.
Künstliche Intelligenz hat eine große Rolle bei der Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas, der größten Technologiemesse, gespielt. Ein KI-Kühlschrank soll nicht nur 30 Lebensmittel und ihr Verfallsdatum erkennen, sondern auch Rezepte liefern, die "eine gesunde Lebensweise unterstützen". Viele Produkte werden als KI-Innovation angeboten.
KI-Marktwachstum: Zahlen, die beeindrucken
Auch hierzulande zeigen Zahlen nach oben. Die Ausgaben für KI-Software und -Dienstleistungen sowie die dazugehörende Hardware stiegen nach Schätzungen des Digitalverband Bitkom auf 6,3 Milliarden Euro im letzten Jahr.
Für 2024 erwartet der Verband einen weiteren Zuwachs um 30 Prozent. "Wir werden verstärkt Investitionen in KI sehen", betont Lukas Klingholz, Leiter Cloud & KI beim Digitalverband Bitkom. Denn die versprechen sich davon einen "Produktivitätsschub".
KI im Recruiting: Die Zukunft der Personalbeschaffung
Der Technik-Einsatz beginnt bereits bei Bewerbungen für Jobs. Die Suche nach Fachkräften wird digital unterstützt. Beim E-Recruiting bieten Betriebe die Bewerbung per Internet-Portal an. Da Personaler je nach Position mehrere Bewerbungen am Tag erhalten, könne nicht jede Anfrage und E-Mail rechtzeitig beantwortet werden.
"Automatisierte Chatbots oder ein KI-Plugin können dabei helfen, den Kontakt mit dem Bewerber aufrechtzuerhalten", erläutert Shy Ying Lam, Online-Marketing Managerin bei Management Circle.
KI in der Bewerberauswahl: Effizienz trifft auf Intelligenz
Mit Chatbots sparen sich Unternehmen die Bereitstellung von menschlichen Ansprechpartnern. KI ermögliche "eine effizientere Vorauswahl von Bewerbern, da sie Daten analysieren und auswerten können. Durch das automatisierte Screening von Lebensläufen und Bewerbungen werden Recruiter in diesem Schritt entlastet und können sich auf vielversprechende Kandidaten konzentrieren", so Shy Ying Lam.
Durch die Analyse von Online-Profilen und beruflichen Netzwerken kann KI passende Kandidaten identifizieren, die möglicherweise nicht aktiv nach Stellen suchen.
Kritische Betrachtung der KI: Grenzen und Herausforderungen
Gleichzeitig häufen sich kritische Stimmen. Die Suche nach Krankheitsursachen wird häufig als Anwendungsgebiet der neuen Technik hervorgehoben. Denn die Fähigkeit großer Sprachmodelle wie ChatGPT, Informationen zu verarbeiten und Erkenntnisse aus riesigen Datenmengen zu liefern, macht sie gut geeignet für die automatische Problemlösung.
KI in der Medizin: Ein zweischneidiges Schwert
Eine aktuelle Untersuchung des Cohen Children's Medical Center in New York warnt jedoch vor Euphorie. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass KI zu Fehleinschätzungen bei Krankheiten führt, die vorwiegend Kinder betreffen.
Lediglich 17 Prozent der Krankheiten wurden richtig erkannt. "Die KI übersah dabei Zusammenhänge, die einem Arzt aus Fleisch und Blut wohl aufgefallen wären, etwa die Verbindung zwischen Autismus und Vitamin-C-Mangel", bemängelt der Bayerische Rundfunk (BR).
In 47 der 83 inkorrekt diagnostizierten Fälle wurde immerhin eine Krankheit im richtigen betroffenen Organsystem diagnostiziert. KI lernt anhand von Trainingsdaten und stellt auf dieser Basis Zusammenhänge fest. Nimmt die Qualität dieser Trainingsdaten jedoch ab oder herrschten in der Vergangenheit bestimmte Tendenzen, kann die KI anhand dieser Daten fehlerhafte Aussagen treffen. "Kinderärzte werden also auf absehbare Zeit nicht durch eine KI ersetzt werden können", meldet der BR.
KI und der Aktienmarkt: Eine neue Ära der Investitionen
ChatGPT ist die erste beeindruckende KI-Anwendung für Konsumenten und führte zu einem Medienhype. Das große öffentliche Interesse für KI macht sich auch am Aktienmarkt bemerkbar. "An der Börse, wo bekannterweise die Zukunft eine große Rolle spielt, schlägt sich das KI-Narrativ bereits in den Erwartungen der Anleger und in den Unternehmensbewertungen wider", erläutert Jonas Fadel, Anlagestratege in der Vermögensverwaltung.
Fadel warnt vor übergroßen Erwartungen im neuen Jahr:
Anfänglich ist die hohe Aktienrendite und Bewertungsausdehnung meist noch durch realistische Wachstumserwartungen gerechtfertigt. Diese positiven Renditen und Aussichten ziehen natürlich eine Menge Geld an und viele neue Unternehmen betreten den kompetitiven Markt. Euphorie baut sich auf und lässt Bewertungen durch Spekulationen und überschüssigen Kapitalfluss auf ein unrealistisches Niveau ansteigen.
Vorsicht vor der KI-Aktienblase: Ein historischer Blick
Einer Studie der Historiker E. Chancellor und C. Kramer zufolge, in welcher Einführungen neuer Technologien über die letzten 200 Jahre analysiert wurde, konnte in 73 Prozent aller Fälle eine Aktienblase festgestellt werden, so der Experte. "Künstliche Intelligenz: Die nächste Aktienblase?", fragt die Wirtschaftswoche deshalb mit Bick auf das neue Jahr.