Kalifornischer Hochgeschwindigkeitszug wird nicht nur der teuerste, sondern auch der langsamste der Welt
Der ehemalige Chef der High-Speed Rail Authority hat sich einer Klage gegen das Projekt angeschlossen
In den 1960er Jahren entwickelten Unternehmen wie Hitachi und Kawasaki in Japan den Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen, der bis zu 320 Stundenkilometer schnell ist. Das versucht man seitdem überall auf der Welt zu imitieren. So erfolgreich, dass profitable Verbindungen entstanden, wenn man Subventionen und Baukosten berücksichtigt, war man dabei bislang allerdings in lediglich zwei Fällen, ein weiterer Zug fährt Baruch Feigenbaum von der Reason Foundation nach immerhin kostendeckend.
Der US-Bundesstaat Kalifornien will trotzdem eine Hochgeschwindigkeitsschienenstrecke bauen, die seine beiden wirtschaftlichen Zentren verbindet: Das Silicon Valley und die Metropolregion Los Angeles. 2008 stimmten nach viel Werbung 52 Prozent der Wähler für diesen Plan und bewilligten dafür 9,95 Milliarden Dollar Startkapital. Seitdem hat sich die offizielle Schätzsumme der Gesamtkosten von 33 auf jetzt 64 Milliarden Dollar fast verdoppelt. Die zwölf bis 16 Milliarden Dollar, die aus dem US-Bundeshaushalt kommen sollten, sind nach mehreren Kongresswahlen und einen Gerichtsprozess weggefallen. Und das Interesse privater Investoren, die sich mit siebeneinhalb Milliarden Dollar an den Baukosten beteiligen sollten, blieb eher gering. 2014 beschlossen die kalifornischen Politiker deshalb, jährlich dreieinhalb bis fünf Milliarden US-Dollar aus den Emissionshandelseinnahmen für das Projekt abzuzwacken.
Treibhausgasausstoß könnte in 80 Jahren nicht hereingeholt werden
Vor neun Jahren hatte man den kalifornischen Wählern außerdem in Aussicht gestellt, dass der Zug nicht nur kostendeckend fahren, sondern jährlich eine Milliarde Dollar Gewinn erwirtschaften würde. Dem widersprechen aktuelle Analysen, die von mindestens 100 Millionen Dollar jährlichem Subventionsbedarf ausgehen. Dafür wird der Zug die versprochenen drei Stunden zwischen Los Angeles und San Francisco wohl nicht annähernd schaffen. Laut Quentin Kopp, der die Verbindung damals als Chef der High-Speed Rail Authority durchsetzte, ist das, was aktuell geplant wird, entweder der langsamste Hochgeschwindigkeitszug der Welt oder überhaupt kein Hochgeschwindigkeitszug mehr.
Kopp hat sich deshalb einer Klage des Anwalts Stuart Flashman angeschlossen, der das Projekt im Auftrag von Naturschützern stoppen will. Die angeblichen Umweltvorteile, mit denen die Zugverbindung beworben wurde, existieren seinen Zahlen nach nur auf dem Papier. Alleine der Bau erzeugt ihm zufolge so viel zusätzliches Treibhausgas, dass man den Ausstoß auch durch einen 80 Jahre langen Betrieb nicht ausgleichen könnte. Zudem hätten bereits fertiggestellte große Bahnverbindungsbauten in anderen Gegenden der Welt gezeigt, dass sich die Erwartung, der Autoverkehr nehme dadurch in relevantem Umfang ab, nirgends erfüllt.
Chinesen, Franzosen und Deutsche
Wird an der Verbindung trotz der Klage weiter gebaut, spekulieren ausländische Konzerne auf Großaufträge: Vor allem der chinesische Weltmarktführer CRRC, dem eine gestern bekannt gegebene Fusion der deutschen Siemens-Bahntechniksparte mit dem französischen Hersteller Alstom Konkurrenz machen soll. Alstom stellt den französischen TGV her, der im Gegensatz zum (inzwischen in Velaro umbenannten) deutschen Pannenzug ICE einen eher guten Ruf hat und außer in Europa auch in den USA und Südkorea fährt (vgl. Lernen aus der ICE-Katastrophe und Diskrepanz zwischen Werbeaussagen und Realität).
Der schlechte Ruf des ICE liegt aber nicht nur an Siemens, sondern auch an der deutschen Bahn. Ändern könnte man das nach Überzeugung des Bundesrechnungshofs, indem man "die Kosten- und Termintreue bei Schienenprojekten über Bonus- und Malus-Regeln direkt mit der variablen Bezahlung des obersten DB-Managements verknüpft." Spitzenmanager wie Ronald Pofalla oder Richard Lutz bekämen dann keine Boni oder müssten sogar Gehalt zurückzahlen. Der Bericht, in dem die Prüfer diesen Vorschlag machen, wurde der Stuttgarter Zeitung nach bereits im Juli an das Bundesverkehrsministerium geschickt. Dessen Chef Alexander Dobrindt folgte der Forderung jedoch nicht, sondern entschied sich stattdessen für Vertragsstrafen, die nach Ansicht der Prüfer kaum jemals greifen und letztendlich nur den Steuerzahler treffen werden.