Kanada: Bayer-Konzern will Verbot von Imidacloprid verhindern
Das Pestizid steht im Verdacht, ein "Bienenkiller" zu sein
Imidacloprid ist ein Insektizid, das in den 1980er Jahren von der Bayer AG entwickelt wurde. Seit einer 2012 veröffentlichten Studie der Harvard School of Public Health gilt die Substanz als einer der Hauptverdächtigen für das Bienensterben. Nun hat die kanadische Regierungsbehörde Health Canada bekannt gegeben, dass sie vorhat, das Schädlingsbekämpfungsmittel als erstes Land binnen einer Übergangsphase von fünf Jahren zu verbieten.
Begründet wird das Verbotsvorhaben allerdings nicht wegen der möglichen Wirkung auf Bienen (Stiller Tod - warum Bienen sterben), sondern wegen der erwiesenen Wirkung auf Insekten, die im Wasser leben oder sich dort fortpflanzen, und wegen der langen Dauer bis zum Abbau der Moleküle, weil die im Wasser schlüpfenden Fliegen und Mücken später von Fischen, Vögeln und anderen Lebewesen gefressen werden. In Untersuchungen hatte sich vorher herausgestellt, dass die Konzentration von Imidacloprid im Oberflächenwasser mit bis zu 11,9 Teilen pro Milliarde den als Bedenklichkeitsgrenze festgesetzten Wert von 0,041 teilweise um mehr als das Zweihundertachtundsiebzigfache überschreitet.
Agrarwissenschaftler: "Wirklich mutiger Schritt"
Für den an der Simon-Fraser-Universität forschenden Agrarwissenschaftler Mark Winston ist das geplante Verbot "ein wirklich mutiger Schritt", was er mit entsprechendem Lobbydruck begründet. Dieser Lobbydruck kommt nicht von Ron Bonnett, dem Präsidenten der Canadian Federation of Agriculture, der einem Verbot von Imidacloprid gelassen entgegensieht, weil seiner Ansicht nach genügend andere Neonicotinoide erhältlich sind, mit denen sich Schädlinge bekämpfen lassen. Ähnlich äußerte sich Mark Brock, der Vorsitzende der Grain Farmers of Ontario.
Derrick Rozdeba, der stellvertretende Unternehmenssprecher des Bayer-Konzerns, zeigte sich dagegen kanadischen Medien gegenüber "extrem enttäuscht" und kündigte an, die Entscheidungsträger bis zum Ablauf der Konsultationsfrist im Frühjahr mit "Input" zu versorgen, der ein Verbot verhindern soll. Zur Beantwortung der Frage, um welchen Input es sich dabei konkret handelt, war Rozdeba ebenso wenig erreichbar wie die von Bayer beschäftigte PR-Agentur Scholz & Friends.
US-Umweltbehörde EPA prüft noch
Pierre Petelle vom Agrochemieverband CropLife Canada warnte vor Alleingängen ohne Absprache mit der US-Umweltbehörde EPA, da kanadischen Farmern sonst Wettbewerbsnachteile entstehen könnten. Die EPA veröffentlichte Anfang des Jahres einen Zwischenbericht, aus dem hervorgeht, dass Imidacloprid im Baumwoll- und Zitrusfruchtanbau Bienen schädigt und sich negativ auf die Produktion von Honig auswirkt. Für Sojabohnen, für die das meiste Imidacloprid verwendet wird, habe man noch nicht genügend Daten, um das beurteilen zu können.
Health Canada verwies hinsichtlich des geplanten Verbots von Imidacloprid auf neue Insektizide, die derzeit geprüft würden und in weniger als fünf Jahren zur Verfügung stehen könnten, sowie auf eine mögliche Erweiterung der zugelassenen Anwendungsgebiete für bereits genehmigte Pflanzenschutzmittel.
Syngenta und Dow hoffen mit Neuentwicklungen auf Marktanteile
Allerdings haben die Entdeckungen zu Imidacloprid die Behörde auch dazu veranlasst, die Zulassung zweier anderer Neonicotinoide, Clothianidin und Thiamethoxam, zu überprüfen. Das im Rapsschutzmittel Prosper, im Maisschutzmittel Poncho und im Kartoffelschutzmittel Titan enthaltene Clothianidin wird - ebenso wie Imidacloprid - vom Bayer-Konzern hergestellt.
Thiamethoxam ist der Wirkstoff im Weizenschutzmittel Cruiser Maxx und im Rapsschutzmittel Helix. Es wird vom chinesischen Agrochemiekonzern Syngenta angeboten. Der hat mit Fortenza bereits ein Nichtneonicotinoid registrieren lassen, das als Ersatz in Frage kommt. Auch Dow, ein anderer Konkurrent des IG-Farben-Nachfolgers Bayer, erhofft sich mit seinem Produkt Isoclast Active mehr Marktanteile.