Kann Glasgow das Klima noch retten?

Es gibt viele Planeten, aber nur eine deutsche Wirtschaft, oder? Symbolbild: Gerd Altmann auf Pixabay (Public Domain)

Die Weckrufe überschlagen sich - und eine neue Studie rückt die historischen Hauptverursacher der Klimakrise in den Mittelpunkt

Der Papst warnt vor der Weltklimakonferenz in Glasgow vor einer "unbewohnbaren Erde" und der Dalai Lama vor "Millionen Klimaflüchtlingen". Der UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sagt: "Wir stehen am Abgrund" und "Der Planet ist kaputt". Angela Merkel und die EU-Chefin Ursula von der Leyen sagen: "Die Klimafrage ist die Überlebensfrage der Menschheit."

Die 26. Weltklimakonferenz findet vom 31. Oktober bis 12. November 2021 unter der Präsidentschaft des Vereinigten Königreichs in Partnerschaft mit Italien in Glasgow statt.

Lauter Weckrufe

Ob die 120 Regierungschefs, die sich Glasgow bei der 26. Weltklimakonferenz treffen, diese Weckrufe auch wirklich hören und entsprechend handeln? Oder hat Greta Thunberg recht, die über die bisherigen 25 Weltklimagipfel drastisch sagt: "Alles nur blablabla"?

Der Papst fordert "radikale Entscheidungen": Jede Krise verlange nach einer Vision, Planungsfähigkeit und Schnelligkeit in der Umsetzung. "Wir müssen die politischen Mauern einreißen, hinter denen man sich verstecken kann." Der Dalai Lama fordert eine "Weltrevolution des Mitgefühls."

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ruft nach "ehrgeizigeren Zielen als bisher", denn sie sieht durch den Klimawandel die Gesundheit und das Leben von einer Milliarde Kinder gefährdet: "Der Klimawandel ist die größte Gefährdung der Gesundheit in der gesamten Menschheitsgeschichte." Die WHO fordert, dass Glasgow Gesundheit und Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen müsse. Konkret also: Bessere Lebensqualität in den Städten, Vorrang für Fußgänger, Radfahrer und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel sowie eine nachhaltige Landwirtschaft. Rechtzeitig zum Gipfel erschien eine neue Studie über die Verursacher des Klimawandels.

Welche Länder sind die größten Klimakiller?

Auch, wenn sich in Deutschland immer mehr Menschen ihrer Verantwortung bewusst sind und die Bundestagswahl 2021 als "Klimawahl" gehandelt wurde, landet Deutschland historisch gesehen immer noch auf einem der vorderen Plätze der weltweit größten Klimakiller.

Eine neue Studie des Klimaportals Carbon Brief stellt die historische Verantwortung für den Klimawandel in den Mittelpunkt der aktuellen Debatten über das Klima. Laut der für die Analyse Verantwortlichen ist dieser Fokus auf die Geschichte wichtig, denn die kumulierte Menge an Kohlendioxid, die seit Beginn der industriellen Revolution ausgestoßen wurde, hängt eng mit der bereits eingetretenen Erwärmung von 1,2 Grad Celsius zusammen.

Insgesamt hat die Menschheit seit 1850 rund 2.500 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre gepumpt. Damit ist die Studie ein weiterer dramatischer Weckruf. Sie macht deutlich, dass die bisher vom Klimawandel Betroffenen in den armen Ländern am wenigsten dazu beigetragen haben.

Die größten CO2-Verursacher

Es dürfte nicht überraschen, dass die Vereinigten Staaten, China und Russland die Liste der größten CO2-Verursacher seit Beginn der Industrialisierung anführen. Dennoch ist historisch gesehen nicht das heute bevölkerungsreichste Land China das größte CO2-Schwergewicht. Die USA haben sich bisher mit großem Abstand und mehr als 509 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen den ersten Platz gesichert und sind damit für ein Fünftel der weltweiten Gesamtemission verantwortlich.

Deutschland auf dem sechsten Platz

Deutschland landet hinter Brasilien und Indonesien auf dem sechsten Platz. Hierzulande wurden seit der Industrialisierung 88 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen. Dass Deutschland den sechsten und nicht den vierten Platz besetzt, liegt daran, dass in der Analyse von Carbon Brief auch Emissionen aus Land- und Forstwirtschaft berücksichtigt wurden. Wird etwa ein Wald gerodet, setzt das große Mengen an Kohlendioxid frei, die ursprünglich im Holz und Boden "gespeichert" waren. Brasilien und Indonesien ranken demnach nicht wegen der Emissionen aus fossilen Brennstoffen vor Deutschland, sondern aufgrund ihrer zahlreichen Rodungen.

Die "Top Ten", in diesem Fall die Flop Ten:

• 1. USA mit 509 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen seit 1850

• 2. China mit 284 Mrd. Tonnen CO2-Emission seit 1850

• 3. Russland mit 172 Mrd. Tonnen CO2-Emission seit 1850

• 4. Brasilien mit 113 Mrd. Tonnen CO2-Emission seit 1850

• 5. Indonesien mit 103 Mrd. Tonnen CO2-Emission seit 1850

• 6. Deutschland mit 88 Mrd. Tonnen CO2-Emission seit 1850

• 7. Indien mit 86 Mrd. Tonnen CO2-Emission seit 1850

• 8. Großbritannien mit 74 Mrd. Tonnen CO2-Emission seit 1850

• 9. Japan mit 68 Mrd. Tonnen CO2-Emission seit 1850

• 10. Kanada mit 66 Mrd. Tonnen CO2-Emission seit 1850

Mit den USA, Deutschland, Kanada und Großbritannien haben sich vier Länder der "Top Ten" für aktuelle und vergleichsweise konkrete Klimapläne eingesetzt, wenn auch bisher nicht für ausreichende, wie die von Greta Thunberg initiierte Jugendbewegung Fridays for Future betont.

"Mit unserer Studie fokussieren wir auf die Menschen und Länder, die für die Erderwärmung verantwortlich sind", appellierte Simon Evans von Carbon Brief an das Verantwortungsgefühl der Entscheidungsträger in den jeweiligen Nationen.

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