Kann Öko die Welt ernähren?
Die industrielle Landwirtschaft zerstört über kurz oder lang ihre eigenen Grundlagen. Ist der Ökoanbau eine globale Alternative?
Die moderne Landwirtschaft verändert das Antlitz der Erde in einer Art und Weise, wie sie unseren Kindern und Enkeln eigentlich nicht zuzumuten ist. Monokulturen mindern die Biodiversität, ganze Ökosysteme werden zerstört. Die Qualität des Bodens sinkt, großflächige Erosion ist die Folge, wenn landwirtschaftliche Flächen frühere Wälder ersetzen. Die Fleischproduktion trägt erheblich zum Klimawandel bei.
Und Besserung ist nicht abzusehen, im Gegenteil: Wenn die Bewohner von Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien ihr Recht wahrnehmen, sich ähnlich wie der Westen zu ernähren, wird das die Probleme drastisch verschärfen. Die industrielle Landwirtschaft zerstört damit über kurz oder lang ihre eigenen Grundlagen.
Echte Alternativen, könnte man meinen, gibt es jedoch nicht. Ökologischer Landbau, so die Vorstellung, ist zwar schön und gut - aber im Grunde ein Luxus, den sich nur der reiche Westen leisten kann, der sowieso vor einem Überfluss an Nahrung steht. Vor allem deshalb, weil ein Verzicht auf die Technik der industrialisierten Nahrungsmittel-Produktion unweigerlich zu niedrigeren Erträgen führt. Angesichts des Hungers auf der Welt und der Aussichten für das Bevölkerungswachstum bis 2050 sind aber niedrigere Erträge das Gegenteil von dem, was sich aufgeklärte Bürger wünschen sollten.
Nun kann und sollte man allerdings auch nicht vergessen, das Klischee zu hinterfragen. Ist Bio-Landbau tatsächlich so ineffizient, dass an ihm die Welt verhungern müsste? Ein Forscherteam der University of California in Berkeley hat das getan. Die Proceedings of the Royal Society B veröffentlichen jetzt die Ergebnisse einer Metastudie, in der die Wissenschaftler 115 Studien mit insgesamt rund 1000 Beobachtungen zusammenfassen. Das ist eine etwa dreimal so große Datenbasis wie bei früheren Meta-Untersuchungen.
Wie Unterschiede verringert werden können
Die Ergebnisse der Forscher sind spannend. Zunächst einmal sinken die Erträge durch ökologischen Landbau tatsächlich. Allerdings ist der Rückgang von rund 19 Prozent geringer als bei früheren, kleineren Studien errechnet. Die Forscher haben allerdings gleichzeitig Maßnahmen identifiziert, die den Unterschied zwischen konventionell und ökologisch angebauten Nahrungsmitteln noch weiter verringern: Sowohl der gleichzeitige Anbau mehrerer Arten als auch der zeitlich regelmäßige Wechsel des Anbaus führen dazu, dass Bio-Landwirtschaft nur noch zehn Prozent weniger Ertrag erbringt.
Die höchsten Unterschiede fanden die Wissenschaftler dabei bei Getreide. Hier lagen die Erträge in konventioneller Landwirtschaft bis zu 50 Prozent höher. Bei Hülsenfrüchten hingegen waren die Unterschiede vernachlässigbar. Eine wirksame Strategie könnte deshalb wohl darin bestehen, zum einen stärker auf die oben genannten Anbaumethoden zu setzen, zum anderen aber auch die Zusammensetzung der Nahrungsmittelproduktion zu ändern.
Wichtig ist es auch, so die Autoren, bei der Weiterentwicklung der Sorten auf Eignung für Bio-Landwirtschaft zu achten. Viele Pflanzen sind derzeit durch Zucht auf konventionellen Anbau ausgerichtet. Zudem hat die Landwirtschaft ein Verteilungsproblem. Tatsächlich wachsen auf den Feldern weltweit mehr Kalorien, als die derzeitige Erdbevölkerung vertilgen könnte - nur landet ein großer Teil davon statt in hungrigen Mägen auf dem Nahrungsmittel-Müll der Industrieländer.