Kann die Atomkriegsuhr jetzt zurückgestellt werden?
Zwei Minuten vor Mitternacht zeigt die Doomsday-Clock, um anzudeuten, dass es für einen möglichen Atomkrieg kurz vor Zwölf ist. Kann es nach dem Treffen von Kim und Trump Entwarnung geben?
Die Süddeutsche Zeitung stellte diese Frage, ohne sie zu beantworten. Ist die Welt tatsächlich sicherer geworden, wie die beiden Egomanen behaupten? Ich denke, dass unsere Frage spätestens nach der Pressekonferenz des US-Präsidenten in Singapur vorläufig beantwortet werden kann.
Die Atomkriegs-Uhr oder Weltuntergangs-Uhr wird beim Bulletin of Atomic Scientists von 17 Nobelpreisträgern eingestellt. Der US-Präsident erteilte außerhalb des Protokolls auf seiner Pressekonferenz den nächsten US-Militärmanövern in Südkorea immerhin eine Absage. Sie seien jetzt nicht mehr nötig und auch viel zu teuer.
Und der Nordkoreaner stimmte - wenn auch ganz allgemein und ohne Terminplan - der Abrüstung seiner Atomwaffen zu. Das deutet zumindest auf ernsthafte Entspannungsbemühungen beider Seiten hin. Ein überraschender Fortschritt, wenn man bedenkt, dass sich die beiden bisherigen Todfeinde noch vor wenigen Monaten mit gegenseitiger atomarer Vernichtung gedroht haben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg haben Atomwissenschaftler die Atomkriegs-Uhr eingerichtet, um auf die Gefahr eines drohenden Atomkriegs hinzuweisen. Sie zeigte immer auf wenige Minuten vor Zwölf. Nach dem Ende des Kalten Krieges Anfang der Neunziger Jahre wurde der Zeiger auf 17 Minuten vor Zwölf gestellt.
Wegen der weltweiten Aufrüstung in den letzten Jahren stand die Uhr 2016 auf drei Minuten vor 12. Durch den Konflikt zwischen Trump und Kim wurde sie im Januar 2018 dramatisch auf zwei Minuten vor Zwölf vorgestellt (So gefährlich wie auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs).
An diesem bedrohlichen Punkt stand sie zuletzt in den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts, als das atomare Wettrüsten begann, und nach dem Bau der Wasserstoffbombe. Der Uhrzeiger deutet nach Ansicht der Atomwissenschaftler auf die jeweilige bedrohliche Weltlage.
Die Wissenschaftler Anfang 2018: "Die Welt ist nicht nur gefährdeter als vor einem Jahr, sie ist so bedroht wie nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr." Und jetzt nach Singapur?
Bisher orientierten sich die Atomphysiker an den US-Geheimplänen für den Ernstfall. Trump selbst und - auch etwas zurückhaltender - Kim sehen die Welt nach ihrem historischen Treffen "sicherer als vorher".
Freilich: Beide Politiker sind extrem unberechenbar und schnell beleidigt. Die Erklärung von Singapur ist recht allgemein und ohne konkreten Zeitplan. Von atomarer Abrüstung der USA ist überhaupt nicht die Rede. Und das ist wohl langfristig das Hauptproblem (Singapur: Medienspektakel der Dealmacher).
Aber immerhin hat Trump in Singapur einen Satz gesagt, der auch von Gandhi stammen könnte: "Einen Krieg kann jeder führen, aber nur die Mutigsten schaffen Frieden."
Daran wird man künftig den Egomanen im Weißen Haus und den Diktator in Nordkorea messen können und müssen. Vielleicht kann nun die Atomkriegs-Uhr wieder auf fünf Minuten vor 12 zurückgestellt werden. Aber erst die nächsten Schritte werden zeigen, ob der erste Schritt von Singapur in eine neue Richtung nachhaltig und ernst zu nehmen ist.
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