Katar: Die Franzosen sind am leichtesten zu kaufen
Hintergründe zum wohlgefälligen Verhalten französischer Politiker gegenüber den Golfstaaten und insbesondere Katar
Es war auffallend, wie sich der damalige französische Außenminister Laurent Fabius bei den 5+1-Verhandlungen über das Nuklear-Abkommen mit Iran ins Zeug legte, um auf die Gefahr hinzuweisen, die von Iran ausgehen. Man hatte den Eindruck, dass er die Rolle des vormaligen "britischen Pudels" übernommen hatte.
Auffallend ist auch, wie sehr sich die französische Regierungspolitik auf die Seite der militärischen Gegner der syrischen Regierung schlägt. Zwar hat man im Land große Sorge vor Heimkehrern aus dem syrischen Dschihad, aber den Dschihadismus in Syrien, der die Kriegspartei gegen Baschar al-Assad dominiert, will man nicht scharf genug in den Blick nehmen.
Der derzeitige Außenminister Jean-Marc Ayrault verlegt sich ebenso wie die anderen EU-Außenminister darauf, Moral-Predigen an Russland zu richten und die militante syrische "Opposition" völlig zu übergehen. Scharfe Verurteilungen gibt es gegen Putin, nicht aber gegen die dschihadistisch-salafistischen Milizen. Die großen Medien folgen, ganz ähnlich wie in Deutschland, dieser Linie.
Die zwei in Frankreich bekannten Nahost-Journalisten Christian Chesnot und Georges Malbrunot legen nun einen dieser Gründe offen. Es ist die mit reichlichen Geldgaben und entsprechenden Erwartungen gefütterte innige Beziehung zwischen französischen Politikern und der Herrscherelite in Katar.
Katar gehört zu den Financiers der syrischen Milizen. Der Golfstaat ist bekannt für seine Unterstützung der Muslimbrüder und hat sich sehr früh sehr intensiv um die "Gestaltung" der syrischen Opposition gekümmert: Zu den Profiteuren der katarischen Unterstützung gehörten stets islamistische Personen und Gruppierungen. Katar hat sich für beiden dominierenden Milizen, die al-Nusra-Front und Ahrar al-Sham eingesetzt, und für Aufsehen gesorgt, als man schon vor anderthalb Jahren versuchte, die al-Qaida-Truppe al-Nusra zur "moderaten Oppositionsgruppe" umzuschminken (Golfstaaten ermuntern Al-Nusra zum Rebranding).
Politik ist ein komplexes System von Handlungsabläufen, räumt Christian Chesnot ein. Er verwahrt sich davor, direkte Auswirkungen der beobachteten Beziehungen zwischen französischen Politikern und Vertretern Katars auf konkrete politische Maßnahmen im Nahen Osten zu behaupten. Allerdings stehe fest, dass es in der 40jährigen Beziehung eine durchgängige Linie gebe und die sei durch Geld geprägt, sagt Christian Chesnot.
"Das Alpha und Omega unserer Diplomatie im Nahen Osten"
"Um jeden Preis an Emire verkaufen, die man zum Rang der 'strategischen Partner' erhoben hat, das ist das Alpha und Omega unserer Diplomatie im Nahen Osten", lautet das zentrale Ergebnis einer Recherchearbeit in Buchform ("Unsere kostbaren Freunde") der beiden Journalisten Chesnot und Georges Malbrunot (beide wurden 2004 über Frankreich hinaus bekannt, weil sie monatelang als Geiseln von der Miliz Islamische Armee im Irak festgehalten worden waren).
Scheuen sich beide, die nun ihr Buch in den französischen Medien vorstellen, vor konkreten Schlussfolgerungen, was zum Beispiel die Parteinahmen der aktuelle französische Nahost-Politik betrifft, so nennen sie konkrete Namen und Vorgänge, wenn es ums Handaufhalten und Geldempfangen ging.
Genannt wird zum Beispiel der Staatssekretär der Regierung Valls, Jean-Marie Le Guen, zuständig für die Beziehungen der Regierung zum Parlament, der von Katar 10.000 Euro monatlich dafür verlangte, um eine Kommunikationsagentur zu schaffen, deren Ziel darin bestand, Fragen zur Regierung in Katar zu blockieren. Ein Beispiel dafür, dass auch die Sozialdemokraten vom PS sich der "Legehenne mit goldenen Eiern" bedienen wollten.
In sehr schlechtem Licht erscheinen besonders Politiker unter der Präsidentschaft Sarkozy. Der damalige katarische Botschafter Mohamed Jaham Abdul Aziz Al-Kawari (Amtszeit von 2003 bis 2013) galt als besonders freigiebig. Entsprechend waren auch die Wünsche an ihn anspruchsvoll.
So soll Rachida Dati, Justizministerin unter Sarkozy, 400.000 Euro für eine diplomatische Vereinigung gefordert haben. Als ihr diese Summe verweigert wurde, ließ sie tags darauf bei einem Radioauftritt kein gutes Haar an Katar. Auch der derzeitige Anwärter der Republikaner auf eine Präsidentschaftskandidatur Bruno Le Maire soll mehrere zehntausend Euro teuren Uhren gegenüber aufgeschlossen gewesen sein.
In einer Reihe ähnlicher, laut Autoren gut gegen juristische Schritte abgesicherter, Episoden untermauern die beiden Journalisten, was im katarischen Herrscherkreis um Hamad Bin Chalifa al Thani als Grundregel galt:
Die Franzosen sind am leichtesten zu kaufen.
Seit dem Herrscherwechsel 2013, als Tamim Bin Hamad al Thani die Macht übernahm, hat sich einiges verändert, Katars Außenpolitik wurde zurückhaltender. Auch bei den Freundschaftsgaben wurde Zurückhaltung auferlegt. Die neuen Mitglieder der katarischen Vertretung in Paris waren erstaunt darüber, dass französische Politiker in ihnen weiterhin "Verteiler von 500-Euro-Scheinen" sahen, so Malbrunot.
Nichtsdestotrotz liefen die ganz großen Geschäfte weiter. Dank des Verkaufs von französischen Kampfjets an Katar (im Wert von 6,3 Milliarden Euro) wurde das Jahr 2015 als Rekordjahr für Waffenverkäufe gefeiert.