Katastrophen und katastrophale Politiker
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Die Energie- und Klimawochenschau: Von Waldbränden, Waldstädten, frühen Erkenntnissen, eigenartigen Mindestabständen und einem Protestreigen für Klimaschutz und Verkehrswende
Ja, es könnte abstumpfen, aber in diesem Jahr jagt ein tropischer Wirbelsturm den nächsten - am Dienstag waren es allein vier über dem Nordatlantik und an der US-Golfküste, einer über dem Ostpazifik und einer westlich der Philippinen - und auch die Wälder brennen weiter.
In Brasilien, in Kalifornien. Von dort gab es in den vergangenen Tagen wahrlich dystopische Bilder, wie zu Beginn des Jahres schon von den Bränden in Australien: Ein tief orange gefärbter Himmel über San Francisco und Berichte von Menschen, die wegen des Rauches Fenster und Türen fest verschlossen halten müssen.
Die Feuer sind nicht nur für die Tier- und Pflanzenwelt sowie für die Landwirtschaft eine immense Katastrophe, sie bedeuten auch eine erhebliche gesundheitliche Belastung für Millionen Menschen in den angrenzenden Regionen, weil sie die Luft mit Schwebstoffen sättigen.
Der Sender CNN spricht davon, dass "nie zuvor gesehene, katastrophale Brände auf die intensivste Hitzewelle in der Geschichte der Westküste", gefolgt seien. Im Westen herrsche "eine der schlimmsten Megadürren der letzten 1200 Jahre". Der Spiegel schreibt von 500.000 Menschen auf der Flucht vor den Flammen.
Die Augen fest verschlossen
Schon der im Auftrag der US-Regierung erstellte Klimabericht 2018 hatte davor gewarnt, dass Waldbrände mit den höheren Temperaturen zunehmen und zur wachsenden Gefahr für Landwirtschaft, Infrastruktur sowie menschliche Gesundheit werden. US-Präsident Donald Trump meinte hingegen laut Zeit bei einem Besuch in der Krisenregion dieser Tage auf die Frage nach dem Klimawandel die Ansicht: "Ich denke nicht, dass die Wissenschaft es wirklich weiß." Ansonsten werde es bald kälter werden, man werde es schon sehen.
An anderer Stelle hatte Trump sich zur Ursache der Waldbrände in Kalifornien und den anderen Westküstenstaaten geäußert (hier im Original). In Europa gebe es viel mehr Wald, aber weniger verheerende Brände. (Was man in Griechenland oder im spanischen Andalusien sicherlich jederzeit bestätigen wird.) Dort und insbesondere in Österreich gebe es viele "Waldstädte" und die Bäume seien noch "explosiver", ohne dass es zu solchen Bränden käme.
Trump ist in Deutschland, wie jüngste Umfragen zeigen, extrem unbeliebt, wird aber unter AfD-Anhängern eher geschätzt. Das ist nicht weiter verwunderlich: Wie bei Anhängern der Rechten und im Programm der rechtsextremen Partei paaren sich bei Trump Fremdenfeindlichkeit und Rassismus mit einer aggressiven Gegnerschaft zu Wissenschaft und Klimaschutz. Die einende Klammer scheint eine sehr weitgehende Empathielosigkeit zu sein.
Fakten seit langem bekannt
Wen hingegen Fakten interessieren und wer seinen Kindern und Enkeln nicht die Hölle auf Erden hinterlassen möchte, könnte es schon lange wissen. Was zu unternehmen wäre, was schon lange hätte gemacht werden müssen, ist längst kein Geheimnis mehr.
Vor nunmehr 33 Jahren hat zum Beispiel der westdeutsche Bundestag über die Einrichtung einer Enquete-Kommission "Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" debattiert. Im Juni 1987 hatten die seinerzeit gemeinsam regierenden Fraktionen der Union und der FDP einen entsprechenden Antrag formuliert, im Oktober 1987 wurde er schließlich angenommen.
Die Kommission hat die Aufgabe, eine Bestandsaufnahme über die globalen Veränderungen der Erdatmosphäre vorzunehmen und den Stand der Ursachen- und Wirkungsforschung festzustellen sowie mögliche nationale und internationale Vorsorge- und Gegenmaßnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt vorzuschlagen.
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP
Schon ein knappes Jahr später wurde ein erster Zwischenbericht vorgelegt, ein zweiter Bericht folgte im Mai 1990. Die Schlussfolgerungen der Kommission, der neben verschiedenen Abgeordneten eine Reihe damals namhafter Klimawissenschaftler angehörten, waren schon vor 32 Jahren ziemlich eindeutig.
Zur Vermeidung des Klimawandels müsste die Emission der Treibhausgase, vor allem das CO2 drastisch reduziert werden. Dies sei weder durch den Ausbau der Atomkraftnutzung allein oder zusammen mit den erneuerbaren Energieträgern möglich, sondern müsse vor allem auch Energieeinsparungen und Steigerung der Effizienz beinhalten.
Energiesparen sollte zur Priorität der Energiepolitik gemacht werden, so eine der Empfehlungen der Kommission seinerzeit. Insbesondere wurde auf diesen Zusammenhang auf die besonders geringe Effizienz der Energienutzung im Verkehrssektor hingewiesen. Lediglich 17 Prozent der eingesetzten Energie würden letztlich als Nutzenergie verwendet.
Daran hat sich bis heute nichts geändert. Noch immer findet der Personen- und Güterverkehr überwiegend auf der Straße und zwar mit Verbrennungsmotoren statt, die nur einen Bruchteil der in den Kraftstoffen gebundenen chemischen Energie tatsächlich nutzen. Entsprechend sind, trotz aller Verbesserungen an den Motoren die CO2-Emissonen nach einem leichten Rückgang zu Beginn des Jahrtausends wieder auf dem Niveau von 1990.
Ursache ist dafür nicht nur, dass immer mehr Güter immer weitere Strecken über die Straßen transportiert werden. Auch immer größer und schwerer werdende Pkw steigern den Kraftstoffverbrauch und damit die Emissionen. Von dem Downsizing der Pkw, wie er 1994 von der zweiten Enquete-Kommission "Schutz der Erdatmosphäre" vorgeschlagen wurde, kann 26 Jahre später keine Rede sein. Auch sonst wurden die wenigsten der im Bericht "Mobilität und Klima" gemachten Vorschläge umgesetzt. Zu groß war der Widerstand der Industrie.
Lobby-Netzwerke
Zur gleichen Zeit, wie in Westdeutschland der Bundestag sich über den Stand der Klimawissenschaften und die drohenden Klimaveränderungen schlau machte - die globale Mitteltemperatur hat sich seit dem um rund 0,7 Grad Celsius erhöht und die Gesamtsumme aller CO2-Emissionen in etwa verdoppelt - begannen auch internationale Verhandlungen über den Klimaschutz. 1992 mündeten sie schließlich in die UN-Klimaschutzrahmenkonvention.
Mit den Verhandlungen begann, zunächst vor allem in den USA, auch die mit den Jahren immer umfangreichere Tätigkeit von Lobbyorganisationen der Industrie. Öffentlichkeit und Politiker wurden und werden bearbeitet, um Klimaschutz zu verhindern, um geplante Maßnahmen zumindest abzuschwächen. Beliebtes Mittel dabei ist es Zweifel an den Ergebnissen der Klimawissenschaften zu säen, gerne auch verbunden mit persönlichen Angriffen und Beleidigungen gegen deren Akteure.
Eines der Zentren dieser Kampagnen ist das US-amerikanische Heartland-Institut. Journalisten vom ZDF-Magazin Frontal und dem Recherche-Netzwerk Correctiv haben kürzlichumfassend untersucht, wie dieses auch in Deutschland wirkt.
Zu den zentralen Projekten der US-Amerikaner gehört der Aufbau einer jungen Youtuberin, der das hiesige Volkswirtschaftsstudium zu "sozialistisch" war, die Mitglied der AfD-Jugend ist und die auf der Video-Plattform als sogenannte Influencerin gegen die Klimabewegung wirken soll. Inzwischen hat sie es tatsächlich auch in diverse eher bürgerliche Medien als vermeintliche Anti-Greta geschafft.
Ansonsten arbeitet das Heartland-Institut auch mit dem Verein EIKE zusammen, der die hiesige Szene der Klimaschutzgegner regelmäßig mit Argumenten versorgt. Genutzt wird er vor allem gerne von der AfD, für deren Ex-Chef Alexander Gauland der Kampf gegen den Klimaschutz ein wichtiges Schwerpunktthema seiner Partei ist. Aber auch Teile der FDP und der Unionsparteien bedienen sich immer wieder gerne bei den Wissenschaftsfeinden.