Kehrseite des Lebens in der Technikblase
Kinder drohen aufgrund ihrer Ernährung immer fetter zu werden, sie können, so eine britische Umfrage, zwar bestens mit technischen Geräten umgehen, aber sich zunehmend nur noch von Fertigprodukten ernähren
Kinder und Jugendliche wachsen heute mehr und mehr in einer Technikblase auf, die sie immer begleitet. Manche fühlen sich schon ohne Handy oder iPod verloren. Zeiten, in denen es das Internet nicht gegeben hat, kennen sie nicht mehr. Ein Affront kann mitunter schon sein, wenn es irgendwo keine Breitbandanbindung gibt. Der selbstverständliche Umgang mit den technischen Geräten könnte aber eine Kehrseite haben, denn so ähnlich will man vermutlich auch mit allem anderen umgehen. Das könnte ein Ergebnis einer britischen Umfrage bei Jugendlichen sein, bei der es eigentlich um gesunde Ernährung geht.
Die Warnrufe, dass die Menschen und besonders die Kinder und Jugendlichen zu fett sind, hört man in Deutschland ebenso wie aus den USA oder aus anderen Ländern. Wissenschaftler hatten vor kurzem gemeldet, dass es erstmals mehr übergewichtige Menschen als unterernährte geben soll. Besonders kräftig wird aber in Großbritannien gewarnt (Gesundheitliche Zeitbombe). Im August wurde sogar eine Stelle für eine Staatssekretärin geschaffen, die für Fitness zuständig ist, um den Trend zur Verfettung zu stoppen. Wer jung dick ist, muss schließlich mit einem höheren Risiko rechnen, in höherem Alter zu erkranken. Junkfood, überhaupt fetthaltige Nahrungsmittel, und zuckerhaltige Getränke ergeben zusammen mit wenig körperlicher Bewegung den gefährlichen Mix, der zur Fettleibigkeit (Adipositas) führt.
Für die gerade gestartete Kampagne Food4Thought der British Heart Foundation wurden auch Umfragen durchgeführt, die das Ausmaß der ungesunden Ernährung deutlich machen. Fast 20 Prozent der Kinder im Alter zwischen 8 und 15 Jahren essen zwei Chips-Packungen täglich. Die Hälfte der Kinder isst mindestens eine Packung täglich und nimmt im Jahr alleine aufgrund des Verzehrs von Chips fünf Liter Speiseöl zu sich. Fast 75% der Mütter geben ihren Kindern mehr als drei Mal in der Woche Fertigmahlzeiten oder mitgenommenes Essen. Die Nation werde, so wird ein Ernährungswissenschaftler zitiert, in „Öl, Salz und Zucker“ ertränkt.
Kochen sollte, so die Stiftung, in der Schule zu einem Pflichtfach werden. Das könnte tatsächlich auch wichtig sein, weil nach einer ebenfalls von der Stiftung in Auftrag gegebenen Umfrage die Kinder kaum mehr ein Wissen davon haben, wie sie sich anders als mit Fertigprodukten ernähren könnten. 99% der befragten 8-15-Jährigen gaben zwar an, dass sie sich mit dem DVD-Player auskennen, aber nur 43% sagten, sie könnten ein Ei kochen. Das ist nun nicht allzu schwierig, aber vermutlich einfach zu umständlich, wenn man die Eier nicht mit einem Gerät geben kann, das man ähnlich einer der üblichen Apparaturen wie Handys oder Computer bedient. 82% sagen nämlich ganz in diesem Sinne, dass sie mit einem Mikrowellenherd umgehen können, mit einer normalen Bratpfanne können dies aber nur noch 29%. Ein Drittel könnte keinen Kuchen backen oder einen Salat machen, für 10% ist eine Rührschüssel oder ein Holzlöffel fremd, 4% meinen, sie könnten sich kein Sandwich machen.
Treffen die Umfrageergebnisse zu und stimmen sie auch noch dann, wenn die Kinder älter werden, so scheint das Zubereiten von Essen allmählich archaisch, zu einem Luxus, zu werden, während sich die Lebensmittelindustrie über einen wachsenden Markt an Fertigprodukten und –gerichten freuen kann. Dabei scheint es aber auch so zu sein, wie amerikanische Wissenschaftler herausgefunden haben, dass viele Menschen die Angaben auf den Lebensmittelpackungen etwa über die Aufnahme von Kalorien nicht wirklich verstehen können. Das hat freilich auch etwas mit Lese- und Rechenkompetenz zu tun.