Kein Alkohol und keine Pornos für die Aborigines
… aber dafür verpflichtende Untersuchungen für Kinder und Jugendliche
Preisfrage: Welches Land verbietet einer Minderheit Alkohol und Pornografie? Kleiner Tipp: Das fragliche Land liegt nicht im Nahen Osten. Es ist, erstaunlicherweise, Australien, und die Minderheit sind rund 60 Indigenengemeinschaften (= Aborigines) im Nordterritorium.
Begründet wird die Maßnahme mit der Bekämpfung des weitverbreiteten Missbrauchs von Kindern. Ein Bericht zufolge, sollen in allen von dafür 45 besuchten Eingeborenengemeinschaften sexuell missbrauchte Kinder vorgefunden worden sein. Gleichzeitig seien dort Alkoholismus und Pornographiekonsum weit verbreitet gewesen. Zur den Details der Methodologie des Berichts und darüber, wie der Missbrauch der Kinder festgestellt wurde, schweigen die Verantwortlichen. Dafür gibt es ab jetzt verpflichtende Untersuchungen für alle Eingeborenenkinder unter 16.
Aborigines und Amerikaner
Fraglos ist Kindsmissbrauch eine schreckliche Sache, aber andererseits darf dieses Thema nicht dazu missbraucht werden, beliebige andere Freiheitsrechte zu zertrümmern. Laut einer kürzlich erhobenen Studie über das Sexualverhalten in den USA haben 16% der Amerikaner insgesamt (und 28% der Schwarzen ohne Hispano-Hintergrund) das erste Mal Geschlechtsverkehr vor ihrem 15. Geburtstag. Würde man also Amerikaner zu solch einer Zwangsuntersuchungen schicken, so würden dort sehr viele Mädchen auffallen, weil sie nicht mehr virgo intacta sind und könnten dieses Faktum dann ihren Eltern erklären (wenn die nicht schon ganz andere Probleme haben, weil der Vater, Onkel, große Bruder oder alle zusammen längst beim Verhör sind).
Ähnlich verhält es sich mit dem Alkohol. Alkohol enthemmt - keine Frage. Aber die Länder, die Alkohol erfolgreich verbieten, tun dies aufgrund religiös-kultureller Grundlage - und dagegen lässt sich bekanntlich schwer argumentieren. Alle Länder, die eine Prohibition aufgrund der sozial- und gesundheitsschädlichen Auswirkungen des Alkohols versuchten, scheiterten mit diesem Experiment. Wer würde sich sein Bierchen oder seine Flasche Rotwein verbieten lassen, nur weil eine alkoholkranke Minderheit im Rauschzustand durchdreht? Müsste man nicht aufgrund derselben Argumentation sofort den Individualverkehr abschaffen, der letztes Jahre immerhin 6.606 Tote verursachte?
Spekulationen statt Studien
Was die Pornographie angeht, so sind die Zusammenhänge zwischen Konsum und möglichem strafbaren Verhalten besonders schlecht untersucht. Pornographiebefürworter argumentieren mit der Druckablass-Theorie, die Gegner betonen, dass die Konsumenten dazu verleitet würden, das Gesehene in der Realität am nächstbesten Opfer auszuprobieren. Welche Position tatsächlich die realistischere ist, müsste eingehend untersucht werden.
Die Pornographiegesetzgebung in Europa weist geradezu skurrile Unterschiede auf:
- in der Schweiz sind Kinder-, Tier- und Exkrementpornos gleichermaßen verboten (Art. 197 4.3 Schweizerisches Strafgesetzbuch); dafür ist einfache Hardcore-Pornographie im Supermarkt erhältlich
- Deutschland hat, was Exkremetenpornos angeht, keine gesetzlichen Auflagen (was im Ausland zu dem Ruf beitrug, das dies eine nationale Obsession sei); dafür ist der Versandhandel mit Pornographie verboten, und deutsche Erotik-Webangebote müssen sich mit großem Aufwand gegen minderjährige Besucher schützen.
- Tierpornos sind in Deutschland verboten, nicht aber der geschlechtliche Verkehr mit Tieren (solange das Tier dabei nicht gequält wird und man dabei nicht mitfilmt).
- In den Niederlanden sind sowohl Tierpornos als auch Sex mit Tieren erlaubt; seit sich 2004 ein älterer Herr über ein dreijähriges Pony her machte und die Polizei den verstörten Besitzern des Tiers erklären musste, das nichts zu machen sei, weil keine Straftat vorliege, wird über eine Anpassung der Gesetzgebung nachgedacht. Gleiches gilt für Tierpornos. Aber auch in Schweden ist Tiersex in Praxis und Film legal.
Argumentiert man also mit dem Strafrecht als Präventionsinstrument ("eine strengere Pornogesetzgebung führt zu weniger sexueller Gewalt"), so müsste man sich die Mühe machen und die Kriminalitätsstatistiken der verschiedenen Länder mit der jeweiligen Gesetzgebung abgleichen. Dann nämlich müsste es in Schweden und den Niederlanden deutlich mehr sexuelle Gewalt geben als in der Schweiz oder in Deutschland.
Allerdings scheinen derartige Studien bislang weder Gegnern noch Befürwortern vorzuliegen - und insofern sind beide Position spekulativ. Aber immerhin ein gesichertes Ergebnis könnte es bald geben: Die Aborigines werden zur unfreiwilligen Testgruppe, wie sich ein strenges Alkohol- und Pornographieverbot in der Praxis auswirkt.