"Keine Piraten" - in Russlands arktischer Wirtschaftszone aber trotzdem unerwünscht
Ein Gericht im nordrussischen Murmansk verurteilte 22 Aktivisten vom Greenpeace-Aktions-Schiff Arctic Sunrise zu zwei Monaten Untersuchungshaft
Mit einer ungewöhnlichen Aktion solidarisierten sich am Freitag Kreml-kritische russische Medien wie Echo Moskau, der Internet-Fernsehkanal Doschd und das Internetportal Gazeta.ru mit dem russischen Fotografen Denis Sinjakow. Der von Greenpeace angeheuerte Presse-Fotograf hatte die Aktion vor der Öl-Bohrplattform Priraslomnaja in der Petschora-See am 18. September fotografiert.
Am Donnerstag wurde der Fotograf zusammen mit 21 Greenpeace-Aktivisten zu zwei Monaten Untersuchungshaft verurteilt. Die Haft wurde unter anderem damit begründet, dass Fluchtgefahr bestehe. Die kritischen russischen Medien verzichteten aus Solidarität mit dem Fotografen ganz oder teilweise auf die Veröffentlichung von Fotos und brachten statt Bildern Schwarzflächen.
Putin spielt auf Ereignisse in Kenia an
Das russische Ermittlungskomitee ermittelte gegen die Aktivisten bisher wegen Piraterie, was Gefängnisstrafen von 15 Jahren zur Folge haben könnte. Wladimir Putin hatte das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte auf der Öl-Bohrplattform, die auch Warnschüsse abgegeben hatten (Russland reagiert nervös und aggressiv auf Greenpeace-Aktion, mit Hinweise auf die Geiselnahme in Kenia gerechtfertigt. Man habe ja nicht gewusst, wer da in Schlauchbooten angefahren kommt. Der Kreml-Chef erklärte jedoch, bei der Aktion in der Petschora-See habe es sich nicht um Piraterie gehandelt.
Nach dieser Erklärung des Kreml-Chefs deutete das russische Ermittlungskomitee an, dass man die Ermittlungen auf andere Straftatbestände ausweiten werde. So wurde den Aktivisten nach russischen Medienberichten vorgeworfen, dass sie die Mitarbeiter der Ölplattform in Gefahr gebracht und russische Hoheitsrechte verletzt haben.
Westliche Diplomaten halten sich mit öffentlicher Kritik zurück
Rein juristisch ist die Beurteilung der Greenpeace-Aktion schwierig. Die Aktion fand in der russischen Wirtschaftszone statt. Nach Meinung russischer Experten müssen in dieser Zone die Interessen des angrenzenden Staates - in diesem Fall Russland - beachtet werden. Allerdings waren 2012 bei einer ähnlichen Aktion von Greenpeace in der Petschora-See Aktivisten, die ein Transparent an der Öl-Bohrplattform Priraslomnaja angebracht hatten, ohne Strafen freigelassen worden.
An der Greenpeace-Aktion am 18. September 2013 waren Aktivisten aus 18 Ländern beteiligt. Wie die Zeitung Kommersant schreibt, haben die Botschaften der Länder, aus denen die Aktivisten stammen, bisher nicht öffentlich gegen die Festnahme protestiert. Nach Angaben des Blattes hänge das mit der "unklaren Rechtslage" zusammen. Ein Grund für die Zurückhaltung wird aber auch sein, dass nicht nur Gasprom sondern auch Shell, Exxon-Mobil und andere westliche Konzerne an Russlands Nordküste nach Öl und Gas bohren wollen.
Harte Worte kamen bisher nur vom niederländischen Außenminister, Frans Timmermans. Dieser drohte nach Angaben des Internet-Portals Gazeta.ru Russland vor dem Internationalen Seegerichtshof zu verklagen. Der Heimathafen des beschlagnahmten Greenpeace-Schiffes Arctic Sunrise ist Amsterdam.
Zurzeit befindet sich das Schiff im nordrussischen Hafen von Murmansk. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Russland das 49 Meter lange Schiff nicht mehr herausgibt, schreibt die Iswestija. Mit seiner harten Reaktion will Russland offenbar zeigen, dass es sich von Rohstoff-Förderung in dem von Russland beanspruchten Teil der Arktis nicht abbringen lassen will.
Mit der Kampagne Free our Activists fordert Greenpeace die sofortige Freilassung der Aktivisten, die Rückgabe des Schiffs und das Ende der Offshore-Ölbohrungen in der Arktis.
Unzureichende Sicherheits-Standards
Die Öl-Bohrplattform Priraslomnaja, die am 18. September Ziel der Protestaktion von Greenpeace war, gehört einer Tochterfirma von Gasprom. Die Anlage, welche ihren Betrieb bisher nicht aufgenommen hat, soll insgesamt 6,6 Millionen Tonnen Öl von einem unter dem Meeresboden liegenden Ölfeld fördern. Die Greenpeace-Aktivisten hatten sich mit Schlauchbooten der Öl-Bohrplattform genähert und versucht, an der Außenwand der Plattform ein Transparent gegen Öl-Bohrungen in der Arktis anzubringen. Greenpeace ist der Meinung, dass das empfindliche Öko-System der Arktis durch die russischen Öl-Bohrungen gefährdet ist. Die Ausrüstung der Öl-Bohrplattform für Katastrophen-Fälle lagere im 1.000 Kilometer entfernten Murmansk. Der Transport zur Plattform dauere drei Tage. Außerdem seien die Sicherheitsbestimmungen für russische Offshore-Anlagen ungenügend