Russland reagiert nervös und aggressiv auf Greenpeace-Aktion
Greenpeace-Aktivisten wollten Bohrinsel in der Arktis zu einer Protestaktion entern, Russland spricht von Terrorismus und Piraterie und kapert das Greenpeace-Schiff
Es scheint um viel zu gehen. Russland greift angesichts einer Protestaktion von Greenpeace gleich zum Terrorismusvorwurf. Greenpeace-Aktivisten wollten am Mittwochabend eine Gazprom-Bohrinsel in der Petchora-See entern, um gegen die geplanten Bohrungen in der Arktis nach Erdöl zu protestieren.
Die Greenpeace-Aktivisten scheiterten an der Erklimmung der Bohrinsel, dafür tauchten bewaffnete Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes FSB auf, der auch für den russischen Küstenschutz zuständig ist und dies offenbar mit harten Methoden praktiziert. Zwei der Aktivisten - die Finnin Sini Saarela und der Schweizer Marco Polo -, die die Plattform besteigen wollten, wurden mit gezogenen Schusswaffen verhaftet.
Angeblich sei in einem der 5 Greenpeace-Schnellboote, mit denen die Aktivisten zur Plattform gefahren waren, ein "nicht identifizierter und wie eine Bombe aussehender Gegenstand" gefunden worden. Nach Greenpeace handelt es sich um eine drei Meter lange Röhre, mit der sich die Aktivisten etwa vor dem Beschuss durch Wasserkanonen schützen wollten. Die Organisation verweist auch darauf, dass man seit 40 Jahren bekannt dafür sei, friedliche Protestaktionen zu machen. Am Donnerstag kaperten schließlich ebenfalls bewaffnete FSB-Agenten, die sich von einem Hubschrauber abseilten, das Greenpeace-Schiff "Arctic Sunrise" und nahm die nach Greenpeace 30-köpfige, nach russischen Medien 27-köpfige Besatzung in Gewahrsam. Der Vorwurf lautet nach staatlichen russischen Medien Piraterie, das Schiff habe nicht auf Warnschüsse reagiert, die die Geheimdienstküstenwache von ihrem Schiff gefeuert hatten.
Während Greenpeace berichtet, dass die Besatzung bei der Kaperung sich unter vorgehaltenen Gewehren niederknien mussten, heißt es bei Itar-Tass, dass keine Waffen eingesetzt worden seien. Greenpeace kann mit den Festgenommen nicht mehr kommunizieren. Zuvor war dem Greenpeace-Schiff, das gegen Ölbohrungen in der Arktis protestieren und etwaige Verschmutzungen dokumentieren sollte, die Weiterfahrt in die Kara-See verboten worden.
Die Festnahme geschah nach Angaben von Greenpeace, auf internationalen Gewässern, gleichwohl wird das Schiff, das unter niederländischer Flagge fährt, nun mit der Besatzung nach Murmansk verschleppt, um dort ein Verfahren einzuleiten und vermutlich kurzen Prozess zu machen. Eigentlich müsste das Schiff in die Niederlande gebracht werden, so Greenpeace, um dort den Kapitän vor Gericht zu stellen. "Unsere Kollegen werden gegen ihren Willen in internationalem Gewässer von der Küstenwache festgehalten. Das ist willkürliche Gewalt", sagt Christoph von Lieven, Sprecher von Greenpeace. "Wir fordern die russische Regierung auf, die 'Arctic Sunrise' und ihre Besatzung sofort freizulassen und die gefährliche Ölförderung in der Arktis zu stoppen."
Offenbar fürchtet man weitere Protestaktionen und will sich die Ausbeutung der arktischen Ressourcen nicht vermiesen lassen, riskiert mit der nervösen und überzogenen Reaktion damit aber internationalen Streit. In einer diplomatischen Mitteilung an die niederländische Regierung vom Mittwoch bezeichnete das russische Außenministerium die Aktion als aggressiv, provokativ und extremistisch.