Kiesewetter-Mord: Gibt es einen Zeugen für einen Waffendeal am Tatort?
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NSU-Ausschuss von Baden-Württemberg beantragt Ordnungsgeld für Anwältin, die ihren Informanten nicht offenbart
Eine Rechtsanwältin meldet sich freiwillig als Zeugin - und fängt sich ein Strafverfahren ein. So endete die jüngste Sitzung des Untersuchungsausschusses (UA) von Baden-Württemberg. Die Obleute dieses Gremiums lieferten damit ein weiteres Beispiel, wie man Spuren zerstört und Zeugen verjagt. Und es drängte sich der Eindruck auf: Das war gewollt.
Um diese Fragen geht es: Waren am 25. April 2007, als die Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter erschossen und ihr Kollege Martin Arnold lebensgefährlich verletzt wurde, Vertreter eines US-Dienstes vor Ort und wurden Zeugen des Anschlages? Stand ihre Anwesenheit in Zusammenhang mit der terroristischen Sauerlandgruppe, die damals observiert wurde? Sollte auf der Theresienwiese in Heilbronn eine Waffenübergabe stattfinden?
Einem solchen möglichen Szenario gab die Rechtsanwältin Ricarda L. jetzt im Untersuchungsausschuss von BaWü neue Nahrung. Die 47-jährige Strafrechtlerin vertrat im Sauerlandverfahren einen der Beschuldigten, Adem Yilmaz. Im Zusammenhang mit diesem Terrorverfahren will L. von einer Kontaktperson Informationen bekommen haben, die sie jetzt und nach Absprache mit einem Kollegen, der über ähnliche Informationen verfügt, dem U-Ausschuss zur Verfügung stellen wollte.
Jene Kontaktperson habe ihrer Erinnerung nach im Februar 2009 im Zusammenhang mit dem Polizistenmord davon gesprochen, dass die sogenannte "unbekannte weibliche Person" nicht der Täter gewesen sei. Damals verfolgten die Ermittler eine unbekannte Frau, deren DNA an vielen Tatorten in Deutschland, aber auch in Österreich sichergestellt wurde, so auch in Heilbronn. Erst Ende März 2009 entpuppte sich die Spur als eine Trugspur. Die Wattestäbchen waren mit der DNA einer Verpackerin kontaminiert.
Sowohl für den türkischen Geheimdienst MIT als auch für den amerikanischen Geheimdienst CIA gearbeitet
Entscheidend: Die Kontaktperson der Rechtsanwältin Ricarda L. hätte demnach schon Wochen vor der Aufdeckung dieser Trugspur gewusst, dass keine Frau unmittelbar an dem Mord beteiligt war. Ihr Informant, so Ricarda L. im Ausschuss weiter, habe stattdessen geschildert, dass damals in Heilbronn eine Waffenübergabe stattfinden sollte. Daran sei ein Mann beteiligt gewesen, den er nur als "den Türken" bezeichnete, der aber sowohl für den türkischen Geheimdienst MIT als auch für den amerikanischen Geheimdienst CIA gearbeitet habe. Auch die CIA sei vor Ort gewesen.
Einen Namen nannte ihr Informant nicht, so Ricarda L., für sie handelte es sich um den Deutsch-Türken Mevlüt Kar. Kar soll die Sauerlandgruppe mitbegründet haben. Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) soll Kar am 22.4.2007 in der Türkei Sprengzünder entgegen genommen haben, die dann nach Deutschland gebracht wurden. Anschläge verübte die Gruppe nicht. Sie flog im Herbst 2007 auf. Kar jedoch wurde nicht festgenommen (vgl. Das Arbeitsleben des V-Manns Mevlüt Kar in Deutschland).
Selbst wenn jener "Türke" mit Geheimdienstverbindungen nicht Kar gewesen sein sollte, hätte in Heilbronn laut Schilderung jenes Informanten eine Aktion stattgefunden, die in der offiziellen Version des Polizistenmordes nicht vorkommt. Sie korrespondiert aber mit jenem behördeninternen Schriftverkehr zwischen Bundesnachrichtendienst (BND), Militärischem Abschirmdienst (MAD) und Bundesanwaltschaft (BAW) von Dezember 2011, in dem Folgendes festgehalten ist:
Laut Mitteilung eines US-Verbindungsbeamten seien zwei FBI-Agenten Zeugen der Schüsse auf die zwei Polizisten geworden. Die US-Seite habe der deutschen Seite angeboten, darüber zu sprechen. Der BND soll das abgelehnt haben.
Telepolis hat den Schriftwechsel veröffentlicht (siehe: Dokumente zum Mordanschlag auf Michèle Kiesewetter und Martin Arnold in Heilbronn).