Kinderarbeit in den USA: Wenn Zwölfjährige in der Fabrik Gabelstapler fahren
Zehnjährige arbeiten nachts bei McDonald’s, Zwölfjährige bedienen Schweißgeräte. Kinderarbeit ist in den USA nicht selten. Warum Konservative sie fördern.
Kinderarbeit ist ein Phänomen, das in den USA wieder häufiger zu beobachten ist. In den Fokus der Öffentlichkeit geriet nun deswegen die Fast-Food-Kette McDonald’s. Das US-Arbeitsministerium hatte am Dienstag erklärt, dass Kontrolleure 305 Fälle von illegaler Kinderarbeit festgestellt hätten.
Betroffen waren drei Unternehmen, die in mehreren US-Bundesstaaten Franchise-Filialen für McDonald’s betreiben. Aus der Masse der festgestellten Fälle stachen besonders zwei hervor: Kinder im Alter von zehn Jahren arbeiteten demnach in einer Filiale in Louisville in Kentucky.
Sie waren manchmal bis zwei Uhr nachts in der Filiale. Sie nahmen die Essensbestellungen entgegen, verteilten das Essen, reinigten den Laden und bedienten die Kasse. Eines der Kinder hatte sogar die Fritteuse bedient, obwohl dies aus Gründen des Arbeitsschutzes erst ab 16 Jahren erlaubt ist.
Kinderarbeit ist in den USA nicht prinzipiell verboten, ab einem Alter von vierzehn Jahren ist sie unter bestimmten Bedingungen zulässig. Doch der Fall der beiden zehnjährigen Kinder ist ein eindeutiger Verstoß gegen geltendes Recht.
Der Betreiber der Franchise-Filiale versuchte, sich zu rechtfertigen. Dem US-Sender CBS sagte er, die Kinder hatten nur ihre Eltern während der Nachtarbeit besucht. Dass sie sich im Arbeitsbereich aufhalten, sei von der Geschäftsleitung nicht genehmigt gewesen. Und jegliche Arbeit, die sich verrichteten, hätten sie auf Anweisung ihrer Eltern ausgeführt.
Die anderen registrierten Fälle betrafen Jugendliche im Alter zwischen 14 und 15 Jahren. Sie arbeiteten länger als erlaubt war oder führten Tätigkeiten aus, die eigentlich für Jugendliche verboten sind.
Die Gesetze schreiben etwa vor, dass Jugendliche an Schultagen nicht mehr als drei Stunden dürfen, maximal 18 Stunden in der Woche. An anderen Tagen darf die Arbeitszeit acht Stunden betragen, und in den Ferien dürfen sie bis zu 40 Stunden in der Woche ihre Arbeitskraft zu Markte tragen.
Die drei Unternehmen kamen noch glimpflich davon. Gegen sie wurde eine Strafe von insgesamt rund 212.000 US-Dollar verhangen. Auch die vorenthaltenen Zahlungen für die Überstunden mussten sie nachzahlen. In einigen Fällen wurden auch Schadensersatz fällig.
Man stelle eine Zunahme von Verstößen gegen die Bundesgesetze zur Kinderarbeit fest, erklärte eine Beamtin aus dem US-Arbeitsministerium am Dienstag. Minderjährige müssten teils Geräte bedienen und Arbeiten ausführen, die sie gefährden.
Die Firma Packers Sanitation Services Inc. (PSSI) bot zuletzt reichlich Beispiele dafür. Sie ist ein Dienstleister für Fleischfabriken und bei ihr wurden mehr als 100 Fälle von Kinderarbeit festgestellt. Jugendliche im Alter zwischen dreizehn und 17 Jahren mussten teilweise in Nachtschichten arbeiten.
Dabei kamen sie mit gefährlichen Chemikalien in Kontakt oder mussten gefährliche Geräte säubern, etwa scharfe Brustsägen oder Kopfspalter.
Reuters berichtete kürzlich von einem Jugendlichen aus Mexiko, der mit vierzehn Jahren beim koreanischen Autobauer Hyundai anheuerte. In der Fabrik im US-Bundesstaat Alabama gab er sich allerdings als volljährig aus.
Das Bild auf dem Ausweis, den er vorzeigte, war nicht seins. Und seine Sozialversicherungskarte sei gefälscht gewesen. Der Beschreibung nach hätte man das auf den ersten Blick erkennen können, denn sie war mit unterschiedlichen Schriftarten bedruckt. In der Personalagentur, die ihn an Hyundai vermittelte, hat man aber offenbar darüber hinweggesehen.
Für Reuters ist dieser Fall ein anschauliches Beispiel dafür, dass die Aufsichtsbehörden in den USA die Lage nicht mehr unter Kontrolle haben. Seit dem Ausbruch der Coronapandemie gebe es einen Mangel an erwachsenen Arbeitskräften, was einen Anstieg der illegalen Kinderarbeit verursacht habe.
Und die zuständigen Behörden hätten nicht die notwendigen Ressourcen, um effektiv dagegen vorgehen zu können. Die Zahl der registrierten Verstöße gegen die Kinderarbeit sei in der Zeit von 2018 bis 2022 um fast 70 Prozent gestiegen.
Newsweek schrieb im Februar, dass manche Kinder, die bei Zulieferern von Hyundai arbeiteten, erst zwölf Jahre alt gewesen seien. Sie fuhren demnach Gabelstapler und bedienten Schweißgeräte. Teilweise erlitten sie schwere Verletzungen am Arbeitsplatz.
Im Kampf gegen den Mangel an Arbeitskräften und gegen die illegale Kinderarbeit geht man teils einen anderen Weg – man legalisiert sie. Newsweek hatte im Februar über die entsprechenden Initiativen einzelner, meist von Konservativen regierten Bundesstaaten berichtet.
Im Bundesstaat Iowa etwa machten es die Gesetzgeber möglich, Kinder in gefährlichen Berufen einzustellen. Sie können im Bergbau, in der Holzfällerei und in der Tierschlachtung eingesetzt werden. Und man schützt dort die Unternehmen auch vor der Haftung im Falle von Verletzung oder Tod am Arbeitsplatz.
Manche konservative Politiker verteidigen die Lockerung der Kinderarbeitsgesetze. Sie argumentieren, heißt es bei Newsweek, dass die Änderungen eine Win-win-Situation ermöglichten. Die Wirtschaft könne Arbeitsplätze besetzen und die Jugendlichen könnten praktische Arbeitserfahrungen sammeln.
Wissenschaftler sehen das allerdings anders: Die Tätigkeiten, in denen Kinder und Jugendliche eingesetzt werden, sind nur selten auf echte Berufsleben übertragbar. Lange Arbeitszeiten hätten zudem negative Auswirkungen auf die Bildungskarriere und das Verhalten von Teenagern.
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