Kindernacktbilderkäufer gegen Methamphetaminkonsument

In der SPD steht die Aussage von Sebastian Edathy gegen die von Michael Hartmann

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Am 23. Februar beginnt vor dem Landgericht Verden der Kinderpornographieprozess gegen den ehemaligen SPD-Hoffnungsträger Sebastian Edathy. Die Anklage wirft ihm vor, sich neben damals noch nicht strafbaren Nacktbildern von Kindern (deren Kauf der ehemalige Rechtsausschussvorsitzende offen zugab) in mindestens sieben Fällen Kinderpornographie beschafft zu haben, deren Besitz bereits zum Beschaffungszeitpunkt verboten war.

Dabei stützt sich die Staatsanwaltschaft auf Logfiles des Bundestagsservers. Aus diesen Logfiles soll außerdem hervorgehen, dass der ehemalige Vorratsdatenspeicherungs-Hardliner mit einschlägigen Begriffen und einmal sogar mit dem Zusatz "childporn" gezielt nach solchen Bildern suchte und dass er ein Programm verwendete, dass die Grafikdateien nicht nur komprimierte, sondern auch dazu geeignet war, deren Inhalt zu verschleiern.

Bei den Durchsuchungen der Wohn- und Büroräume des Soziologen hatte die Polizei lediglich jugendpornographische Bilder gefunden und den Eindruck gewonnen, dass die Räumlichkeiten "gesäubert" worden waren. Seinen Bundestags-Laptop hatte der kurz vorher aus angeblich gesundheitlichen Gründen von seinem Abgeordnetenmandat zurückgetretene Sozialdemokrat als gestohlen gemeldet.

Aufgrund dieser Merkwürdigkeiten wurde viel darüber spekuliert, ob Edathy von Parteifreunden vor den Ermittlungen gewarnt wurde. In der SPD wusste man, dass der Name des Bundestagsabgeordneten auf der Kundenliste eines ausgehobenen kanadischen Anbieters stand, weil der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel im Oktober 2013 darüber informierte.

Sebastian Edathy. Foto: Blu-news.org. Lizenz: CC BY-SA 2.0.

Edathy selbst behauptete zuerst, er habe von den Ermittlungen gegen den kanadischen Anbieter und dessen Kunden aus den Medien erfahren. Erst dieses Wochenende wartete die Illustrierte Stern mit einer eidesstattlichen Erklärung auf, in der der 45-jährige evangelische Pfarrerssohn behauptet, sein Parteifreund Michael Hartmann habe ihn auf dem Leipziger SPD-Parteitag im November 2013 davon unterrichtet, dass man gerade prüft, welche der von dem kanadischen Anbieter vertriebenen Bilder und Videos in Deutschland verboten sind. Im Monat darauf soll Hartmann Edathy mitgeteilt haben, dass er das vom damaligen Bundeskriminalamtspräsidenten Jörg Ziercke wisse, der ebenfalls SPD-Mitglied ist.

Hartmann war im Sommer 2014 in die Schlagzeilen geraten, nachdem herauskam, dass gegen ihn wegen Erwerbs und Besitzes von verbotenen Substanzen ermittelt wird. Der Pfälzer gab daraufhin zu, das Amphetamin Crystal Meth konsumiert zu haben - angeblich wegen Arbeitsüberlastung.

Ziercke, der seit Ende November in Pension ist, dementierte umgehend, Hartmann "informiert und auf dem Laufenden gehalten" zu haben. Hartmann teilte dem Stern erst mit, er wolle sich nicht äußern und verschickte nach der Veröffentlichung der Vorwürfe eine Erklärung, in der er heißt, die Darstellung Edathys sei "unzutreffend". Seinen eigenen Ausführungen zufolge "kümmerte" sich Hartmann lediglich aus einem Verpflichtungsgefühl heraus um den "langjährigen Kollegen", nachdem dieser ihm offenbarte, von dem kanadischen Versender legales Bildmaterial erworben zu haben, das man auch bei Amazon kaufen könne. Auf "angebliche Informationen" Zierckes habe er dabei "nicht zurückgegriffen".

Ein fünfter SPD-Politiker, der in dem Fall verwickelt ist, ist der SPD-Fraktionsführer Thomas Oppermann, der ebenfalls vor den Hausdurchsuchungen von den Vorwürfen gegen Edathy wusste. Er behauptete zuerst, Ziercke habe ihm die Ermittlungen gegen Edathy auf Anfrage "bestätigt". Als der BKA-Präsident widersprach, bekräftigte Oppermann seine Aussage. Kurz darauf meinte er, er habe nicht gefragt, sondern den Fall nur erwähnt und Ziercke habe nichts bestätigt, sondern wollte keinen Kommentar abgeben, worauf hin er angenommen habe, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Abgeordneten "nicht ausgeschlossen" sei. Oppermann bat Hartmann nach eigenen Angaben, sich um Edathy zu kümmern, weil der einen gesundheitlich angeschlagenen Eindruck auf ihn machte. Im Rahmen dieser Bitte seien allerdings keine Kinderpornographievorwürfe zur Sprache gekommen.

Am Donnerstag soll Edathy, der sich nach Zwischenstationen in Frankreich und Spanien in Nordafrika aufhält, vor einem Bundestags-Untersuchungsauschuss zu der nach ihm benannten Affäre aussagen. Ob dabei etwas Relevantes herauskommt, ist fraglich: Trotz ihrer Unterschiedlichkeit lassen sich die bislang bekannten Versionen der Geschichte nämlich gut unter einen Hut bringen - wenn man davon ausgeht, dass es (wie die Fernsehserie House of Cards eindrucksvoll zeigt) zur Kernkompetenz von Politikern gehört, Dinge nicht offen auszusprechen und sich trotzdem sicher zu sein, dass alle Beteiligten wissen, worum es geht und was wirklich gemeint ist.

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