Klimatismus und der Mythos vom 97%-Konsens

Seite 3: 3. Interventionen der Mindermeinung

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Über 30 Jahre hinweg (1991-2020) wurden, wie im ersten Teil aufgezeigt, immer wieder Untersuchungen mit der Absicht durchgeführt, einen wissenschaftlichen Konsens zu den Ursachen des Klimawandels konstatieren zu können. Man liegt nicht falsch in der Annahme, dass die oben aufgeführten 17 Konsens-Studien mit Ausnahme der zwei Gallup-Befragungen von Anhängern des AGW-Ansatzes angefertigt wurden. Einschlägige gegenläufige Konstellationen und Interventionen müssen aber wohl dazu Anlass gegeben haben, einen Konsens immer wieder aufs Neue zu bestätigen. Insoweit ist es interessant zu erfahren, inwieweit die Mindermeinung mit Stellungnahmen und Befragungen versucht hat, ihre Auffassung in der Öffentlichkeit zur Geltung zu bringen.

Interventionen der Mindermeinung
Jahr Intervention Unterzeichner
1992 Heidelberg Appeal 4000
2001 Global Warming Petition Project 31.487
2007 Open Letter to UN (erster Brief) 100
2008 U. S. Senate Minority Report 700
2008 Manhattan Declaration 825
2009 Open Letter to UN (zweiter Brief) 195
2017 Lindzen Petition 411
2019 Open Letter to UN (dritter Brief) 502
2019 Clima, una petizione controcorrente 91

Heidelberg Appeal

1992, etwa ein Jahr nach der Veröffentlichung des ersten IPCC Assessment Reports, erfolgte die erste größere Intervention der Mindermeinung im sog. Heidelberg Appeal. Der Appell wurde am letzten Tag des IPCC-Rio-Gipfels 1992 veröffentlicht und warnte die Regierungen, die für das Schicksal unseres Planeten zuständigen Behörden vor Entscheidungen, die durch pseudowissenschaftliche Argumente von falschen und nicht relevanten Daten gestützt werden. Bis zum Ende des Gipfels von 1992 hatten 425 Wissenschaftler und andere Intellektuelle den Appell unterzeichnet. Zuletzt hatten mehr als 4.000 Unterzeichner aus über 100 Ländern unterschrieben, darunter 74 Nobelpreisträger. 66 der 74 Nobelpreisträger hatten den Preis in den Disziplinen Physik, Chemie und Medizin erhalten. Von Kritikern wurde der Vorwurf erhoben, dass die Konferenz, auf der der Appell verabschiedet wurde, von der Industrie finanziert worden sei.

Global Warming Petition Project

2001 startete das Global Warming Petition Project, auch als Oregon Petition bekannt. Anlass war der IPCC-Kongress im Dezember 1997 in Kyoto. Ein Autorenteam vom Oregon Institute of Science and Medicine hatte in Auswertung von Fachliteratur eine längere fachliche Stellungnahme ausgearbeitet, die sie nachfolgend zur Abstimmung stellten. Mit dem Petitionsprojekt sollte gezeigt werden, dass die Behauptung eines überwältigenden "Konsenses" zugunsten der Hypothese der vom Menschen verursachten globalen Erwärmung und der daraus resultierenden klimatologischen Schäden falsch ist. Es gebe keinen solchen Konsens oder eine solche festgelegte Wissenschaft. In ihrer Stellungnahme führen sie aus, dass keine experimentellen Daten die Hypothese stützen würden, dass eine Zunahme des menschlichen Kohlenwasserstoffverbrauchs oder des atmosphärischen Kohlendioxids und anderer Treibhausgase ungünstige Änderungen der globalen Temperaturen, des Wetters oder der Landschaft verursacht. Es gebe keinen Grund, die Produktion von Treibhausgasen durch den Menschen einzuschränken. Wärmeres Wetter würde vielmehr die Vegetationsperiode verlängern und im Allgemeinen die Bewohnbarkeit kälterer Regionen verbessern.

Insgesamt wurde die Petition von 31.487 Amerikanern mit Universitätsabschluss in Naturwissenschaften - darunter 9.029 Doktoranden unterzeichnet. Die aktuelle Liste der Petitionsunterzeichner umfasst 9.029 Doktoranden, 7.157 MS, 2.586 Medical Doctor (MD) und Doctor of Veterinary Medicine (DVM) und 12.715 BS oder gleichwertige akademische Grade. Die meisten MD- und DVM-Unterzeichner sollen auch einen Abschluss in Grundlagenwissenschaften haben.

Open Letter to the Secretary-General of the United Nations (erster Brief)

2007 wurde aus Anlass der Verabschiedung des vierten Assessment Reports des IPCC in Bali ein offener Brief an den UN Generalsekretär Ban Ki Moon veröffentlicht. Er war von hundert internationalen Wissenschaftlern aus den einschlägigen Bereichen Physik, Geologie, Atmosphärenwissenschaft, Meteorologie usw. unterzeichnet, darunter 50 Professoren. Es wird darin ausgeführt, dass die IPCC-Zusammenfassungen für politische Entscheidungsträger (Summary for Policymakers) die meist gelesenen IPCC-Berichte unter Politikern und Nichtwissenschaftlern seien und die Grundlage für die meisten Formulierungen der Klimapolitik bildeten. Diese Zusammenfassungen würden jedoch von einem relativ kleinen Kernteam erstellt, dessen endgültige Entwürfe von Regierungsvertretern Zeile für Zeile genehmigt würden. Die große Mehrheit der IPCC-Mitarbeiter und -Rezensoren sowie die Zehntausenden anderen Wissenschaftler, die qualifiziert sind, zu diesen Fragen Stellung zu nehmen, seien an der abschließenden Erstellung dieser SPM-Dokumente nicht beteiligt. Die Zusammenfassungen könnten daher unter Experten nicht angemessen als Konsensansicht dargestellt werden.

Ban Ki Moon ist auf die Stellungnahme der Wissenschaftler und Fachleute nicht weiter eingegangen, etwa durch Gewährung eine Diskussionsforums. Er hat nicht einmal den Briefeingang bestätigt, geschweige denn inhaltlich eine Antwort gegeben, da "der Einfluss von Leugnern oder Skeptikern des Klimawandels" für ihn nicht relevant war (siehe Zitat weiter oben).

U.S. Senate Minority Report

Ein Jahr später, im Jahr 2008 (ergänzt 2009) wurde der an den US-Senat gerichtete "Minority Report" veröffentlicht (auch Inhofe Report). Darin stellen über 700 (Stand 2009) internationale Wissenschaftler, darunter auch aktuelle und ehemalige IPCC-Wissenschaftler, den vom IPCC im 4. Assessment Report vertretenen anthropogen verursachten Klimawandel in Frage und äußern Skepsis gegenüber dem sogenannten "Konsens" zur globalen Erwärmung. Die unterzeichnenden Wissenschaftler im Minority Report seien Experten auf verschiedenen Gebieten wie Klimatologie, Geologie, Glaziologie, Meteorologie usw. Diese 700 abweichenden Wissenschaftler seien mehr als 12-mal so viel wie die 52 UN-Wissenschaftler, die die IPCC-Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger 2007 verfasst haben. Der Minority Report enthält nicht - wie das Global Warming Petition Project - eine zusammenhängende Abhandlung zum Klimawandel, sondern unter Nennung der Biografien der einzelnen Wissenschaftler äußern sie ihre Ansichten in eigenen Worten und es wird auf ihre Veröffentlichungen verwiesen sowie Links zur weiteren Lektüre gegeben. Es wird auf eine wachsende Zahl von Peer-Review-Studien hingewiesen, die die grundlegende Treibhausgas-Hypothese des IPCC widerlegen würden. Ein Herausgeber der American Physical Society hätte eingeräumt, dass eine "beträchtliche Präsenz" wissenschaftlicher Skeptiker besteht.

Manhattan Declaration on Climate Change

Ebenfalls im Jahr 2008 wurde in New York auf der Internationalen Konferenz zum Klimawandel eine Erklärung von Wissenschaftlern verabschiedet, die Manhattan Declaration on Climate Change. Sie wurde von 114 an der Konferenz teilnehmenden Wissenschaftlern und 711 weiteren fachlich versierten Personen unterstützt. Die Ursachen und das Ausmaß des kürzlich beobachteten Klimawandels seien Gegenstand intensiver Debatten in der klimawissenschaftlichen Gemeinschaft, aber die oft wiederholten Behauptungen eines vermeintlichen "Konsenses" unter Klimaexperten seien falsch. Das globale Klima habe sich unabhängig von den Handlungen des Menschen immer verändert und werde sich immer ändern. Kohlendioxid sei kein Schadstoff, sondern eine Notwendigkeit für alles Leben. Es gebe keine überzeugenden Beweise dafür, dass die CO2-Emissionen moderner industrieller Aktivitäten in der Vergangenheit, jetzt oder in Zukunft einen katastrophalen Klimawandel verursacht haben bzw. verursachen werden. Der vom Menschen verursachte Klimawandel sei keine globale Krise. Versuche der Regierungen, kostspielige Vorschriften für die Industrie und einzelne Bürger zu erlassen, um die Reduzierung der CO2-Emissionen zu fördern, würden die wirtschaftliche und soziale Entwicklung verlangsamen und keine nennenswerten Auswirkungen auf die künftige Entwicklung des globalen Klimawandels haben.

Open Letter to Secretary-General of the United Nations (zweiter Brief)

2009 wurde zum zweiten Mal ein offener Brief an den UN Generalsekretär Ban Ki Moon gerichtet. Dieser Open Letter to UN Secretary-General wurde von 195 Wissenschafts- und Technologieexperten, die in Klimawissenschaften bzw. verwandten Disziplinen qualifiziert sind, unterstützt (hier und hier). Es gebe keinen stichhaltigen Grund, den Völkern der Erde teure und restriktive politische Entscheidungen aufzuerlegen, ohne zuvor überzeugende Beweise dafür zu liefern, dass menschliche Aktivitäten einen gefährlichen Klimawandel verursachen, der über die natürlichen Ursachen hinausgeht. Bevor Gegenmaßnahmen ergriffen würden, müssten solide Beobachtungsdaten vorliegen, aus denen hervorgeht, dass sich die jüngsten Klimaveränderungen erheblich von den in der Vergangenheit beobachteten unterscheiden und sie die normalen natürlichen Schwankungen, die durch Sonnenzyklen, Meeresströmungen, Änderungen der Erdumlaufbahnparameter und der Erde verursacht werden, weit übertreffen. Die Vereinten Nationen werden aufgefordert, überzeugende BEOBACHTUNGSBEWEISE für die Behauptungen einer gefährlichen vom Menschen verursachten globalen Erwärmung und anderer Klimaveränderungen vorzulegen. Projektionen möglicher Zukunftsszenarien aus unbewiesenen Computermodellen des Klimas seien kein akzeptabler Ersatz für Daten aus der realen Welt, die durch unvoreingenommene und strenge wissenschaftliche Untersuchungen erhalten wurden.

Lindzen Petition

2017 startete Richard Lindzen, Professor (em.) der Atmosphärenphysik, eine an die Regierung der Vereinigten Staaten gerichtete Petition. Sie wurde von 411 mindestens mit PhD ausgezeichneten Wissenschaftlern unterzeichnet, darunter über 60 Professoren aus klimarelevanten Wissenschaften. Darin wird die Regierung der Vereinigten Staaten und andere aufgefordert, sich vom 1994 in Kraft getretenen Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC/ United Nations Framework Convention on Climate Change) zurückzuziehen. Die Unterzeichner würden einen angemessenen und kostengünstigen Umweltschutz unterstützen. Aber Kohlendioxid, das Reduzierungsziel des UNFCCC, sei kein Schadstoff, sondern ein großer Vorteil für die Landwirtschaft und anderes Leben auf der Erde. Beobachtungen seit der Erstellung des UNFCCC vor 25 Jahren würden zeigen, dass die Erwärmung durch erhöhtes atmosphärisches CO2 harmlos sein wird - viel weniger als die ursprünglichen Modellvorhersagen.

Open Letter to Secretary-General of the United Nations (dritter Brief)

2019 wurde der bislang dritte offene Brief an den UN-Generalsekretär, jetzt António Guterres, gerichtet. Die sog. European Climate Declaration wurde von insgesamt 506 Wissenschaftlern und Fachleuten aus dem Bereich Klima und verwandten Bereichen unterzeichnet, davon allein 335 aus dem europäischen Raum. Die Deklaration benennt sechs entscheidende Kritikpunkte: 1. Sowohl natürliche als auch anthropogene Faktoren verursachten die Erwärmung, 2. die Erwärmung sei weitaus langsamer als vorhergesagt, 3. die Klimapolitik beruhe auf unzureichenden Modellen, 4. (zusätzliches) CO2 sei pflanzliche Nahrung und damit die Grundlage allen Lebens auf der Erde, 5. die globale Erwärmung habe die Zahl von Naturkatastrophen nicht erhöht und 6. die Klimapolitik müsse die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Realitäten berücksichtigen. Es gebe daher keinen Klimanotfall und es bestehe kein Grund zur Panik. Daher sei es unklug, die Verschwendung von Billionen Dollar auf der Grundlage der Ergebnisse solcher unzureichenden Modelle zu befürworten und zugleich das Leben in Ländern, denen der Zugang zu erschwinglicher, zuverlässiger elektrischer Energie verweigert wird, zu gefährden.

Abschließend bitten die Unterzeichner den Generalsekretär, die Erklärung auf die Tagesordnung der bevorstehenden Sitzung in New York zu setzen und laden ihn außerdem ein, Anfang 2020 ein konstruktives hochrangiges Treffen von Wissenschaftlern von Weltrang auf beiden Seiten der Klimadebatte zu organisieren [Die Sitzung in New York wurde wegen der Corona-Pandemie abgesagt und auf 2021 verschoben]. Ein solches Treffen würde im Einklang mit den historisch nachgewiesenen Grundsätzen solider Wissenschaft und natürlicher Gerechtigkeit stehen, dass beide Seiten vollständig und fair gehört werden sollten. Der Brief endet mit "Audiatur et altera pars!" [Übersetzt: bevor ein Urteil gefällt wird, sind alle am Prozess Beteiligten zu hören].

Offene Petition an die Repräsentanten der Italienischen Republik

Im Jahr 2019 wurde die Petition "Clima, una petizione controcorrente" (Klima, eine Petition der Gegenströmung) von Prof. Uberto Crescenti an den Präsidenten der Italienischen Republik, den Premierminister sowie weitere staatliche Funktionsträger gerichtet. Unterschrieben wurde die Petition von 83 renommierten Wissenschaftlern aus Universitäten und Forschungseinrichtungen, darunter 46 Professoren aus den Bereichen Physik, Geologie, Astronomie usw.

Die verbreitete These, dass die ab 1850 beobachtete Erwärmung der Erdoberfläche anomal wäre und ausschließlich durch menschliche Aktivitäten verursacht würde, sei eine unbewiesene Hypothese, die nur von einigen Klimamodellen abgeleitet wird. Alle Beweise würden darauf hindeuten, dass diese Modelle den anthropogenen Beitrag überschätzen und die natürliche Klimavariabilität unterschätzen, insbesondere die, die durch die Schwankungen von Sonne, Mond und Ozean hervorgerufen wird. Klimasimulationsmodelle würden nicht die beobachtete natürliche Variabilität des Klimas reproduzieren und rekonstruierten insbesondere nicht die Warmzeiten der letzten 10.000 Jahre. Diese Perioden der Vergangenheit seien auch wärmer als die Gegenwart gewesen, obwohl die CO2-Konzentration unter der aktuellen lag, während sie mit den tausendjährigen Zyklen der Sonnenaktivität zusammenhängen würden. Darüber hinaus könnten die Modelle die bekannten Klimaschwankungen von etwa 60 Jahren nicht reproduzieren. Dagegen habe die wissenschaftliche Literatur zunehmend das Vorhandensein einer natürlichen Klimavariabilität herausgestellt. Diese natürliche Variabilität erkläre auch einen wesentlichen Teil der seit 1850 beobachteten globalen Erwärmung.

Das Klimasystem sei insgesamt noch nicht ausreichend verstanden. Obwohl CO2 laut IPCC selbst ein Treibhausgas sei, sei dessen Klimasensitivität für die Zunahme der Atmosphäre immer noch äußerst ungewiss. Bei der Schätzung, dass bei einer Verdoppelung der CO2-Konzentration sich die Temperatur von einem Minimum von 1° C auf ein Maximum von 5°C erhöhen könnte, sei die Unsicherheit angesichts dieser Spanne enorm. In vielen neueren Studien, die auf experimentellen Daten beruhten, sei die Klimasensitivität gegenüber CO2 ohnehin erheblich niedriger als die von den IPCC-Modellen geschätzte. Aus diesen Gründen sei es wissenschaftlich unrealistisch, den Menschen die Verantwortung für die Erwärmung zuzuschreiben.

Die Medien würden verbreiten, dass es einen fast einstimmigen Konsens unter den Wissenschaftlern über den gegenwärtigen Klimawandel geben und daher die wissenschaftliche Debatte geschlossen würde. Die wissenschaftliche Methode schreibe aber vor, dass es die Fakten und nicht die Anzahl der Anhänger sind, die eine Vermutung zu einer konsolidierten wissenschaftlichen Theorie machen.

Kritik an den Kritikern

Wie nicht anders zu erwarten, sind reziprok auch diese Interventionen der Mindermeinung stark kritisiert worden. Die Unterzeichner seien nicht ausreichend wissenschaftlich bzw. nicht im einschlägigen Bereich qualifiziert, seien emeritiert, würden die wissenschaftlich bestätigten Fakten ignorieren und damit zu falschen Schlussfolgerungen kommen. Und richtigerweise sind diese Stellungnahmen nicht repräsentativ, da die Abstimmungstexte inhaltlich nicht offen waren, sondern ausschließlich eine Gegenposition zum Mainstream bezogen. Sie stellen aber dennoch sowohl inhaltlich als auch angesichts der Zahl und Qualifikation der Interventionisten durchaus für die Öffentlichkeit beachtenswerte Stellungnahmen dar.

Schließlich wird öfter darauf hingewiesen, dass die Stellungnahmen im Hintergrund von großen Konzernen der Kohlenstoffindustrie und von Stiftungen, die von diesen Konzernen maßgeblich finanziert werden, beeinflusst wurden. Dazu nur so viel: Wenn Wirtschaftseinfluss nachweislich vorgelegen hat, muss diese Interessenlage zwingend zu Vorsicht gebieten und bei der Interpretation der Stellungnahme berücksichtigt werden. Sie macht aber die Stellungnahmen von Wissenschaftlern, die in interessierten Unternehmen arbeiten, deshalb nicht per se von vornherein unwahr. Schließlich haben bekanntermaßen Wissenschaftler von EXXON mit als erste über die Auswirkungen von CO2 geforscht; dass die Ergebnisse nicht sofort an die Öffentlichkeit drangen, war nicht die Entscheidung der Wissenschaftler, sondern die des EXXON-Vorstands. Wissenschaftler in Unternehmen können durchaus zu richtigen Erkenntnissen kommen, wie wir aktuell von den gewinnorientierten und börsennotierten Pharmafirmen zum Corona-Impfstoff hoffen.

Im Übrigen eröffnet die Transformation hin zu klimaneutralen Technologien neue Wachstumschancen, so dass sich seit einigen Jahren eine Billionen Dollar schwere grüne Industrie herausbildet ('Climate change industry' now a $1.5 trillion global business). So etwa der Betrieb CO2-freier Anlagen zur Erzeugung von Strom, Chemie und Stahl, CO2-freier Güterverkehr (Schifffahrt, Flugverkehr, Schwerlast- und Individualverkehr), CO2-freie Heizungsanlagen etc. Es ist zwar eine grüne Industrie, die aber auch ihre eigene gewinnorientierte Interessenslage hat. Genau aus diesem Grund wollen umgekehrt diese grünen Unternehmen nicht, dass ihre Investitionen und Gewinnperspektiven durch Umkehrung oder Relativierung der Dekarbonisierungs-Begründungen und -Konzepte wieder zunichte gemacht oder geschmälert werden. Ein Interesse an der Nichtberücksichtigung der Mindermeinung bzw. an der alleinigen Fokussierung auf das AGW-Modell haben diese Unternehmen spiegelbildlich.

Und diese Interessenlage teilen mittlerweile auch große Investmentgesellschaften, Versicherungskonzerne, Banken und Pensionskassen, da auch sie ihre gewinnorientierten Anlagen in grüne Aktien gesichert sehen wollen. So bieten etwa die Branchenriesen Dow Jones oder Morgan Stanley Capital International nachhaltige Indexfonds an ("MSCI ex Fossil Fuels"). Große Banken wie JP Morgan unterstützen Kunden bei der Ausrichtung ihres Geschäfts an den Emissionszielen des Pariser Abkommens und HSBC kündigt eine Finanzierung von bis zu 1 Billion US-Dollar für grüne Energie an. Auch in diesen Wirtschaftskreisen will man im Eigeninteresse grünen Kurs halten; eine Änderung der herrschenden CO2-Logik nur wegen kritischer Interventionen einer bloßen Mindermeinung soll vermieden werden. Bei erzwungener Aufgabe von noch profitablen CO2-Geschäften wird entsprechender Schadensersatz verlangt (Kohleausstieg). Die Ausrichtung auf Geschäfte mit oder ohne CO2 ist für die involvierten Unternehmen im Grundsatz egal, entscheidend ist die Perspektive gesicherter Profitabilität.

Nach Allem

Fasst man die Erörterung zusammen, herrscht in der politisch-medial aufbereiteten Öffentlichkeit fast ausnahmslos die These vom nahezu 100%igen Konsens der Klimawissenschaftler zum nahezu 100%ig anthropogen verursachten Temperaturanstieg. Das staatlich konstituierte IPCC gilt gemeinhin als abwägender Verkünder der Wahrheit, obschon es auch nur bereits qua Programmatik sowie Personal- und Literaturauswahl nur die herrschende Meinung wiedergibt. Orchestriert wird die öffentliche Klimapräsentation durch Nichtbeachtung oder Diskreditierung der Wissenschaftler, die diese Interpretation nicht teilen. Dabei wird die AGW-These sehr wahrscheinlich, wie Studien offenbaren, von (nur) 66% der Klimawissenschaftler geteilt. Das ist durchaus auch eine deutliche bzw. qualifizierte Mehrheit. Ein Hochbeamen des Konsenses auf nahezu 100% zwecks größerer Überzeugungskraft ist eigentlich nicht nötig. Aus 66% Konsens folgt aber auch, dass gut ein Drittel anderer Meinung ist. Und diese Strömung vertritt nicht nur unbeachtliche Argumente.

Auch wenn Prozente nichts über den Wahrheitsgehalt der Meinungen aussagen, bildet ein wissenschaftlicher Konsens von 66% in der gesamtgesellschaftlichen, insbesondere aber der politischen Debatte, in der am Ende entschieden werden muss, einen gewichtigen orientierenden Faktor.

Aber dennoch: Zumindest Gesellschaften, die sich programmatisch Offenheit, Meinungsvielfalt, aufgeklärte Bürgerschaft, Entscheidungsfindung durch Dialog und Transparenz zu Gute halten, stände es meines Erachtens gut an, ein konstruktives hochrangiges Treffen von Wissenschaftlern von Weltrang auf beiden Seiten der Klimadebatte zu organisieren. Dann kann sich die demokratische Öffentlichkeit selbst ein unmittelbares Bild machen und darauf ihre künftigen Entscheidungen stützen.

Zum Autor Friedrich Homann: geboren 1953, Studium der Rechtswissenschaften und Soziologie, Erstes und Zweites juristisches Staatsexamen, langjährige leitende Tätigkeit im Umweltbereich (öffentliche Einrichtungen sowie Unternehmen). Mit Erreichen der Altersgrenze nutze ich die gewonnene Zeit, gesellschaftlich relevante Themen eingehender zu studieren. Letzte Veröffentlichungen auf Telepolis: Flygskam - Scham und Schande für das Fliegen mit dem Flugzeug, Das CO2-Syndrom, Energiepolitische Mobilitätskonzepte für die Räume, wo "die Vielen" leben.