"Klonen" für einen guten Zweck
In den USA wurden vier Kinder mit einem schweren Erbleiden durch eine Stammzelltransplantation geheilt - mit Hilfe von eigens dafür ausgewählten und ausgetragenen Geschwistern
Bei der Erkrankung, an der die vier Kinder litten, handelte es sich um die so genannte Fanconi-Anämie, eine schwer verlaufende Form der erblichen Blutarmut. Zu dieser Gruppe von Erkrankungen zählen auch die etwas bekanntere Sichelzellanämie und die Thalassämie. Wie auf der Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie in San Diego bekannt wurde, hat der amerikanische Arzt John Wagner von der Universität Minnesota in den letzten Jahren bei diesen Kindern eine Behandlung durchgeführt, die bisher eher als Möglichkeit denn als reale Option diskutiert wurde, und zwar eine Verbindung aus Präimplantationsdiagnostik und Transplantation von blutbildenden "adulten" Stammzellen.
Ähnlich wie einige Formen der Leukämie lässt sich die erbliche Blutarmut durch eine Transplantation blutbildender ("hämatopoetischer") Stammzellen heilen. Dabei wird einem Spender Knochenmark durch eine Punktion entnommen. Dieses gesunde Knochenmark, das die begehrten blutbildenden Stammzellen enthält, wird dann nach einer medikamentösen Vorbehandlung des Empfängers wie eine Infusion transfundiert. Die Stammzellen finden selber ihren Weg ins Knochenmark und setzen sich dort fest. Letztlich wird also das blutbildende Gewebe des Erkrankten durch das eines Spenders ausgetauscht. Das funktioniert nur dann einigermaßen komplikationsfrei, wenn Spender und Empfänger kompatible Gewebsmerkmale haben, die so genannten HLA-Antigene, die sich Ärzte auch vor einer Nieren- oder Herztransplantation ansehen.
Wagner hat nun die vier Kinder mit Fanconi-Anämie durch Transplantation von blutbildenden Stammzellen geheilt, die dem Nabelschnurblut von Feten beziehungsweise neugeborenen Geschwistern der Betroffenen entnommen wurden. Das an sich ist nicht so ungewöhnlich, und die Entnahme von Nabelschnurblut ist für die Feten/Neugeborenen unproblematisch.
Doch Wagner ist einen Schritt weiter gegangen und hat die Geschwister, die im Reagenzglas mittels IVF gezeugt wurden, vor der Implantation in den Mutterleib mit Hilfe einer genetischen Präimplantationsdiagnostik (PID) so ausgewählt, dass sie nicht nur keine Fanconi-Anämie hatten, sondern auch noch von ihren Gewebsmerkmalen her dem bereits lebenden Geschwister ähnlich genug waren, um die Stammzelltransplantation wagen zu können. Kurz gesagt: Die Geschwister wurden gezielt zu Stammzellspendern herangezogen.
Interesse am Verfahren ist groß
Die erste dieser therapeutischen Schwangerschaften hat Wagners Angaben zufolge bereits 1999 stattgefunden. Die Stammzelltransplantation, mit der die zu diesem Zeitpunkt sechseinhalbjährige Schwester des Neugeborenen geheilt wurde, erfolgte 2001 (Genetisch auf geeignete Spenderzellen getestetes Wunschkind geboren). Beiden Kindern gehe es heute blendend, so Wagner in San Diego.
Angespornt von diesem Erfolg hat er in den letzten zwölf Monaten drei weitere derartige Transplantationen durchgeführt, gibt aber zu, dass ethischer Diskussionsbedarf bestehe. Das Interesse seitens der Eltern erkrankter Kinder sei riesig. Prinzipiell komme das Verfahren auch für andere erbliche Blutkrankheiten in Frage, etwa für die Sichelzellanämie, die Thalassämie, aber auch für Blutkrebserkrankungen wie die akute lymphatische Leukämie ("Kinderleukämie").
Wagner selbst sieht ethische Probleme vor allem in der großen Zahl der Embryonen, die bei seinem Verfahren erzeugt werden müssen. Genaue Angaben zu Zahlen machte er nicht, doch muss er letztlich so lange Embryonen erzeugen, bis einer dabei ist, dessen Gewebscharakteristika denen des älteren Geschwisters ähnlich genug sind, um überhaupt transplantieren zu können. Die Zahl wird dadurch erhöht, dass natürlich auch unter den IVF-Embryonen einige die jeweilige Erbkrankheit haben werden, die ebenfalls aussortiert werden müssen.