Seite 4: Rechte Rocker

Neu im Geschäft ist der im April 2015 gegründete Osmanen Germania BC. Das "BC" ist die Abkürzung für "Boxer-Club". Doch bei der Vereinigung, die mittlerweile 22 Ortsgruppen in Deutschland unterhält, handelt es sich um einen Rockerclub.

Zunächst gingen die Behörden davon aus, dass es sich bei Osmanen Germania um eine Abspaltung der Hells Angels handele, und eventuell gewalttätig auszutragende Rivalitäten zu befürchten seien. Das hat sich bislang indes nicht bestätigt. Stattdessen fielen Symbole der Osmanen Germania bei Anti-PKK-Demos türkisch-nationalistischer Gruppierungen in Hamburg und Mannheim im September 2015 auf, die Ordner bzw. Security-Angehörige Symbole zierten.

Auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten der Partei DIE LINKE, Ulla Jelpke, antwortete die Bundesregierung jedoch, von solchen politischen Aktivitäten keine Kenntnis zu haben.Jelpke hingegen erklärt, diese seien als Ordner auf Demos der extremistischen türkischen Grauen Wölfe aktiv gewesen. Es ist bekannt, dass der Osmanen Germania BC sein Erscheinen bei der Pro-Erdo?an-Demo am vergangenen Sonntag angekündigt hatte.

Befürchtungen ins Visier zu geraten

Viele hier lebende Menschen mit türkischen Wurzeln beschäftigt die aktuelle Lage in der Türkei sehr. "Für die türkeistämmigen Menschen in Hamburg endet der Tag aber nicht nach Feierabend. Der geht weiter, wenn es massive Repressionen in der Türkei gibt. Dann sitzt man zu Hause und telefoniert mit Verwandten und fragt: Geht's euch gut? Ich habe befreundete Journalisten, die im Knast sitzen und dort versuchen, ihre Arbeit fortzusetzen. Das beschäftigt einen" erläutert Özdemir in dem Streitgespräch mit Mustafa Yoldaş in der Welt.

Auf die Frage, ob auch in Hamburg mit gewaltsamen Auseinandersetzungen zu rechnen sei, antwortete sie:

In der linken demokratischen Szene gibt es nicht die Bestrebungen, sich in Hamburg mit Erdo?an-Anhänger Gefechte zu liefern. Ich gehe eher davon aus, dass die Erdoğan -Anhängern ein Interesse daran haben. Ich empfinde diese als nicht kontrollierbar und befürchte, dass sie - wie bereits in anderen Städten geschehen - Einrichtungen der Erdoğan -Gegner angreifen könnten. … Natürlich haben Menschen Angst, sich offen kritisch zu äußern. Die haben Verwandte drüben, Freunde. Sie wollen mal wieder in die Türkei in den Urlaub reisen, ohne gleich festgenommen zu werden. Und die, die hier ihre Geschäfte haben, ihre Teestuben, die fürchten um ihre Existenz, dass sie von ihrer Kundschaft ausgegrenzt werden. Der verlängerte Arm Erdoğans reicht bis nach Hamburg.

Außerdem wies die Linken-Politikerin daraufhin, dass die Konflikte bereits unter den Jugendlichen in der Schule ausgetragen würden. "Für mich ist es deshalb sehr wichtig, dass in den Schulen über die Konflikte in der Türkei gesprochen wird. Das bewegt die Schüler. ...Wir müssen die Kinder damit beschäftigen und nicht mit der Meinung allein lassen, die sie von zu Hause mitbekommen."

In Ruhe drüber reden, statt medial inszenierter Jubelshow, das hätten sich sicher so manche Kölnerinnen und Kölner am vergangenen Sonntag gewünscht …