Können Menschen manipulierte "Fake-Bilder" erkennen?
Ziemlich schlecht, sagen Wissenschaftler nach Versuchen
Viel ist die Rede derzeit von Fake News. Gemeint sind damit bewusste Falschdarstellungen, um die öffentliche Meinung zu manipulieren. Vorgeworfen wird in der Regel jeweils anderen, Fake News zu produzieren, Selbstkritik ist auch bei denjenigen, die sich wie die Nato, manche deutsche Medien oder ebenso russischen Medien der Aufklärung widmen, eher selten. Noch viel häufiger als Fake News dürften aber manipulierte Bilder sein, auch wenn etwa die auf ihnen zu sehenden Menschen nur aufgehübscht wurden.
Fallen die Menschen auf Fake News herein, so mindestens ebenso auf manipulierte Bilder. Wissenschaftler der University of Warwick sind nach Versuchen zur Überzeugung gekommen, dass viele Menschen nicht in der Lage sind, veränderte (photoshopped) Bilder auch dann zu erkennen, wenn sie diese mit dem unveränderten Bild vergleichen können. Bei zwei Versuchen mit 707 und 659 Versuchspersonen im Alter zwischen 13 und 70 Jahren wurden veränderte und nicht veränderte Bilder mit der Frage vorgelegt, ob sie glauben, dass das Bild manipuliert wurde. Die Studie wurde in der Zeitschrift Cognitive Research: Principles and Implications veröffentlicht.
66 Prozent der Bilder wurden korrekt als Original oder manipuliert identifiziert. Mit 72 Prozent wurde im Vergleich das Original und mit 60 Prozent das manipulierte korrekt erkannt. Ob man daraus ableiten kann, dass viele Menschen nur schlecht manipulierte Bilder erkennen können, ist wahrscheinlich Ansichtssache, allerdings würde bei einer Zufallsentscheidung auch die Hälfte richtig sein. Insgesamt gab es von jedem Bild sechs Versionen: das Original, vier spezifisch manipulierte (Schatten, Airbrushing, Hinzufügen/Entfernen, Geometrie) und ein Foto, in dem alle Manipulationsarten ausgeführt wurde. Das wurde dann auch am besten als Fälschung erkannt. Wer sich selbst testen will, kann dies hier machen.
Normalerweise sehen die Menschen nur die manipulierten Bilder, nicht die Originale, weswegen sie dann weitaus öfter glauben werden, sie würden ein korrektes Bild einer Szene oder einer Person sehen. Viele der Veränderungen waren allerdings nicht sonderlich auffällig, wenn beispielsweise ein Gegenstand gelöscht oder kosmetische Details wie die Farbe der Zähne oder die Falten im Gesicht einer unbekannten Person verändert wurden. Es gab aber auch eigentlich ins Auge fallende Manipulationen etwa bei einem physikalisch unmöglichen Schatten eines Körpers oder wenn die Schatten von verschiedenen Dingen implizieren, dass es eigentlich zwei Sonnen geben müsste. Auch wenn die Menschen richtig tippten, konnten sie meist nicht sagen, was und wo manipuliert worden war.
Die Autoren gehen davon aus, dass im digitalen Zeitalter immer bessere Bildverarbeitungsprogramme entwickelt werden, so dass "die Erzeugung von visuell überzeugenden fotografischen Fakes mit einer unglaublichen Geschwindigkeit wächst". Bildmanipulationen hätten fast überall, "von der Strafverfolgung und der nationalen Sicherheit bis zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen, Politik, Medien und Werbung", Folgen - auch deswegen, weil Bilder noch stärker den Eindruck vermitteln, dass sie zeigen, was sich vor dem Objektiv befand, während man bei Texten leichter skeptisch ist. Fotojournalisten haben in einer Umfrage zugegeben, gerne mal die Rohbilder zu "optimieren", 25 Prozent der Befragten gaben auch zu, deren Inhalte gelegentlich manipuliert zu haben.
Hilft Skepsis?
"Wenn die Menschen Zeitungen oder Magazine lesen oder online sind, werden sie manipulierten Bildern ausgesetzt", sagt Mitautorin Sophie Nightingale. "Unsere Studie hat gezeigt, dass die Menschen eher nicht zwischen Realität und Fake unterscheiden können." Das betrifft auch Experten, wie die Autoren sagen, so wurde beim renommierten Fotopreis World Press Photo die Regeln verändert, um Fakes identifizieren zu können. Allerdings gibt es ja nicht nur manipulierte Bilder, sondern Fakes können auch ohne Bildverarbeitungsprogramme durch entsprechende Bildbeschreibungen, durch das Positionieren in einen Kontext oder durch den Ausschnitt oder die Schärfe entstehen.
Wer stärker davon ausgeht, dass Bilder digital manipuliert werden, erkennt manipulierte Bilder auch ein wenig besser, aber nicht, wo diese manipuliert wurden. Männer konnten ein wenig besser angeben, wo ein Bild manipuliert wurde, als Frauen. Wer schneller antwortet, ist auch besser im Erkennen. Allerdings sagen die Autoren, dass individuelle Faktoren keine große Rolle dabei spielen, Fakes besser erkennen zu können. Es sei für Menschen schwierig, Manipulationen entdecken zu können, gleich ob sie plausibel sind oder nicht. Je mehr Pixel verändert werden, desto eher werden Manipulationen erkennt, auch wenn kein direkter Vergleich mit dem Original möglich ist. Seltsam war bei den Versuchen, dass Menschen offenbar dazu neigen, wenn sie dazu angehalten werden werden wie beim zweiten Versuch, Veränderungen zu lokalisieren, dies besser können, als sie zu entdecken.
Die Schlussfolgerung der Autoren ist, dass eine aufmerksamere Betrachtung einer Szene die Menschen dazu führen könne, skeptischer gegenüber deren Authentizität zu werden: "Natürlich ist eine zunehmende Skepsis", so schreiben sie, "nicht perfekt, weil sie mit Kosten verbunden ist: einem Verlust des Glaubens an authentischen Fotos." Aber das ist halt eine Folge von Aufklärung, die alles hinterfragt, also auch das, was als Wahrheit gilt, aber eben auch nur die der Masse sein könnte.