Kohleausstieg: Wofür soll Mühlrose in der Lausitz noch sterben?

Bild: Dorothe auf Pixabay

Energie und Klima – kompakt: Trotz Kohleausstieg soll in der Lausitz noch ein Dorf abgebaggert werden. Warum das den Steuerzahler teuer zu stehen kommen könnte.

Nicht nur im Rheinland wird in großem Stil die Erde aufgegraben, um Braunkohle aus bis zu 400 Meter tiefen Löchern zu fördern. Auch in der Lausitz im Süden Brandenburgs und in Sachsen wird der energetisch minderwertige Brennstoff seit Langem gefördert und in benachbarten Großkraftwerken mit Wirkungsgraden von meist nicht viel mehr als 30 Prozent zur Stromerzeugung verbrannt.

Betrieben werden Kraftwerke und Tagebaue heute von der Leag, einem undurchsichtigen Geflecht von Gesellschaften, hinter dem die tschechische Holding EPH steckt, die überall in der EU alte Kohlekraftwerke aufkauft.

Das Braunkohlegeschäft hatte man 2016 vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall geschenkt bekommen und noch 1,8 Milliarden Euro zusätzlich für die Rekultivierung erhalten.

Die Leag würde nun gerne am Tagebau Nochten die Förderungen ausweiten und auch das Feld unter dem Dorf Mühlrose abbaggern. Miłoraz nennen es die Sorben der Region. Der Tagebau heißt in ihrer Sprache Wochozy. Die Dörfer gehören zum sächsischen Kreis Görlitz an der polnischen Grenze.

Derzeit wird verhandelt, ob er Tagebau Nochten noch über das Jahr 2026 hinaus betrieben werden darf. Die Umweltschutzorganisation Grüne Liga weist darauf hin, dass noch bis zum morgigen 4. Mai beim zuständigen Oberbergbauamt in Freiberg Einwendungen abgegeben werden können. Allerdings akzeptiere das Amt keine E-Mails.

In einer ausführlichen Stellungnahme warnt die Grünen Liga unter anderem davor, dass durch den Tagebau Ewigkeitskosten anfallen könnten, die letztlich von der öffentlichen Hand zu tragen seien.

Auf jeden Fall sei klar, dass weit über das Jahr 2150 hinaus etwa das Wasser im Tagebausee chemisch neutralisiert werden müsse. Aus den Antragsunterlagen sei nicht im Ansatz ersichtlich, "dass die Verpflichtung zur Wiedernutzbarmachung der von dem Tagebaubetrieb betroffenen Flächen tatsächlich und dauerhaft finanziell abgesichert ist."

Mühlroses Schicksal ist also wieder einmal in der Schwebe. Noch im Januar hatte Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (Grüne) betont, dass die Situation in Mühlrose/Miłoraz eine ganz andere als im rheinländischen Lützerath sei, das im Januar trotz heftiger Proteste abgerissen worden war.

Das Bündnis "Alle Dörfer bleiben", in dem sich betroffene Anwohner aus den verschiedenen Tagebau-Regionen in Ost und West zusammengeschlossen haben, berichtet allerdings, dass der Tagebau-Betreiber Leag Häuser in dem sorbischen Dorf aufkaufe und nach Auszug der Bewohner unverzüglich abreiße, und zwar, obwohl er noch keine Genehmigung für den Abbau der dortigen Kohle habe.

Dennoch war bereits vor zwei Jahren ein Vertrag zwischen der Gemeinde Mühlrose und dem Nachbarort Schleife unterzeichnet worden, der den Umzug der Mühlroser in eine neue Siedlung besiegelt, berichtete im Januar nd-aktuell.de.

Nicht Trauer, sondern Erleichterung habe geherrscht, nachdem die Bewohner jahrzehntelang nicht gewusst hatten, wie es weitergehen sollte. Mehrmals habe sich das Schicksal des Ortes seit den 1960er-Jahren gewendet. Die lange Ungewissheit habe die Dorfgemeinschaft zerrüttet, schreibt die Zeitung.

Einige wollen jedenfalls trotz allem bleiben und sich nicht mit dem Abriss abfinden. Zumal der Kohleabbau bisher weder genehmigt noch nötig ist. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

In einer Studie hat es 2021 errechnet, dass selbst bei dem für den Klimaschutz viel zu späten Ausstiegsdatum 2038 aus der Kohlenutzung, wie es das Kohleausstiegsgesetz vorsieht, "keine Notwendigkeit für den Aufschluss des Sonderfeldes Mühlrose am Tagebau Nochten" besteht.

Am kommenden Sonntag organisiert eine Allianz aus Anwohnern und verschiedenen Umweltschutzorganisationen eine Demonstration am Tagebau.

Für Ostdeutschland wird ein vorgezogener Kohleausstieg gefordert, der mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar ist und dem Beitrag Deutschlands zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau entspricht. Der Strukturwandel müsse sozial gerecht gestaltet werden und den Menschen in der Region zukunftsfähige Arbeitsplätze und sichere Perspektiven bieten.

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