Kohlendioxid aus der Luft soll in Gestein gespeichert werden

Seite 4: Blaues Erdöl: Autarkie-Revival mit grünem Anstrich

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Da in der näheren Zukunft nicht unbedingt mit einem sprunghaften Anstieg von praktikablen CCS-Lösungen zu rechnen ist, findet zunehmend die Idee einer stofflichen und ganz nebenbei werbewirksamen Verwertung des abgetrennten Kohlendioxids Gefallen.

Climeworks hat neben der Lebensmittel- und Getränkeindustrie sowie der Landwirtschaft weitere Abnehmer im Boot. Zum Beispiel den Partner Audi - hier träumt man von Kohlendioxid-neutralen Kraftstoffen: von den Audi e-fuels im Allgemeinen und vom Audi e-diesel im Besonderen. Der Treibstoff wird aus Kohlendioxid, Wasser und Elektrizität aus erneuerbaren Quellen gebildet.

Zunächst wird das Wasser in einer Hochtemperatur-Elektrolyse in seine Bestandteile zerlegt. Anschließend bilden der dabei entstandene Wasserstoff und das vorher gefilterte Kohlendioxid Synthesegas, dass Kohlenmonoxid und Wasserstoff enthält und im Fischer-Tropsch-Prozess schließlich zum sogenannten Blue Crude reagiert, blauem Erdöl, von der Branche als grüner und nachhaltiger Ölersatz gepriesen, lediglich gemacht aus grüner Energie, Luft und Wasser.

Die Palette der erhaltenen Reaktionsprodukte reicht vom Methan zu Wachsen mit hohem Molekulargewicht. Blue Crude kann anschließend zu e-diesel raffiniert werden, der frei von Schwefel und Aromaten ist.

Die Fischer-Tropsch-Synthese kam während der Autarkiebestrebungen des Dritten Reichs zu einer ersten Blüte. Um den Mangel an Erdöl auszugleichen, wurden mit Wasserstoff und Kohlenmonoxid aus der Vergasung von Kohle und Koks längere aliphatische Ketten aufgebaut - eine Variante der Benzinsynthese. Sie wurde in den 1950er Jahren in Südafrika perfektioniert, als sich das Land wegen seiner Apartheid-Politik mit Sanktionen konfrontiert sah.

Heute ist sie wieder im Gespräch, zum Beispiel bei der Nutzung der Reaktionsprodukte aus der Totalvergasung von Biomasse. Und eben auch als Teilschritt beim Kohlendioxid-Recycling zu synthetischen Kraftstoffen. Ab 2020 soll eine Anlage im norwegischen Industriepark Herøya jährlich 8000 Tonnen Blue Crude herstellen. Der Strom für den Elektrolyseschritt des von Sunfire entwickelten Power-to-Liquid-Verfahrens (PtL) wird durch Wasserkraft erzeugt. Climeworks ist als einer der Kohlendioxid-Lieferanten vorgesehen. Der Großteil des Gases wird jedoch vermutlich vom Düngemittelhersteller Yara kommen.