Kreuzritter ohne Pferd und Tadel
Der Hippophobiker Bush mit Messias-Komplex
Die Geschichte des "kleinen Hans", eines Jungen mit einer Pferdephobie, gehört zu den klassischen Fallbeschreibungen Sigmund Freuds. Der Begründer der Psychoanalyse interpretierte das Pferd als Vater und die übermäßige Furcht des kleinen Hans als Kastrationsangst durch den drohenden Konkurrenten im "ödipalen" Kampf um die Mutter. Freud hat den Fall des kleinen Hans als Musterbeispiel für seine Sexualtheorie auch in seinem Spätwerk oft zitiert - und ein Blick auf diese Patientengeschichte mag auch bei der Analyse eines aktuellen Patienten hilfreich sein: des Kriegsherrn, "Cowboys" und heimlichen Hippophobikers George W. Bush.
Den Fall des kleinen Hans, der von Freud in seiner "Analyse der Phobie eines fünfjährigen Knaben" 1909 ausführlich beschrieben wurde, skizziert das Handbuch "Klinische Psychologie" (Davison/Neal, 1988) wie folgt:
Zwei Jahre vor Ausbruch seiner Phobie zeigte der seinerzeit dreijährige Hans 'ein besonders lebhaftes Interesse für den Teil seines Körpers, den er als "Wiwimacher" zu bezeichnen gewohnt war.' Als er dreieinhalb Jahre war, ertappte ihn seine Mutter mit der Hand am Penis und drohte, man werde ihm den Penis abschneiden, wenn er das noch einmal tue.
Mit viereinhalb Jahren, so wird weiter berichtet, habe Hans während eines sommerlichen Ferienaufenthaltes versucht, seine Mutter zu 'verführen'. Als die Mutter ihn einmal jede Berührung peinlich vermeidend um den Penis herum puderte, sagte Hans: 'Weshalb gibst du denn nicht den Finger hin?' 'Weil das eine Schweinerei ist,' antwortete die Mutter. Darauf Hans: 'Was ist das, eine Schweinerei? Warum denn?' Mutter: 'Weil es unanständig ist.' Hans, lachend: 'Aber lustig.' (...)
Erstmals bemerkbar machte sich die Phobie etwa sechs Monate später während eines Spaziergangs mit dem Kindermädchen. Hans wurde Zeuge, wie ein Pferdefuhrwerk umstürzte, fing an zu weinen und wollte nach Hause, um mit der Mutter zu 'schmusen'. Später erklärte er, er fürchte sich, aus dem Haus zu gehen, weil ein Pferd ihn beißen könne, und bald wurden seine Ängste detaillierter und richteten sich gegen das, 'was die Pferde vor ihren Augen haben und das Schwarze vor ihrem Mund'.
Soweit Freuds Musterbeispiel für eine Angstneurose und die Verwandlung libidinöser, auf die Mutter gerichteter Energie in Angst vor dem Vater und ihre Verschiebung auf Pferde. Wir wissen nicht, ob zwischen der starken Mutter Barbara, dem kleinen George W. und seinem "Wiwimacher" Ähnliches vorgefallen ist - dass er aber als erwachsener Präsident und mächtigster Mann der Welt immer noch Angst vor Pferden hat ist eines seiner wohlgehüteten Geheimnisse.
Unterstützer der Präsidentschafts-Kampagne des Demokraten Wesley Clarke hatten bereits gefordert, dass der General sich in seinen Spots hoch zu Ross zeigen solle, um den hippophoben Bush zu demütigen und den selbsternannten Cowboy definitiv als Fake zu entlarven. Der Schauspieler Ronald Reagan gerierte sich als Präsident zwar nicht als Westernheld, ließ sich aber gern und selbstverständlich zu Pferde auf seiner kalifornischen Ranch ablichten - im karierten Hemd, beim Ausbessern der Zäune: Willkommen im Marlboro-Land. Dass von dem reitunfähigen George W. Bush solche Aufnahmen nicht existieren, obwohl ihm als "freedom fighter" doch derlei Geschmack von Freiheit und Abenteuer bestens zu Gesicht stünde, ist also kein Zufall. Und es lässt tief blicken, dass die PR- und Image-Berater Bushs es nicht einmal mit einem valiumgetränkten Gaul versuchten, wo doch ein Cowboy ohne Pferd etwas ist wie Bayern ohne Bier oder die Alpen ohne Berge, also völlig unmöglich...
Auch wenn man die Freudsche Psychoanalyse nicht für der Weisheit letzten Schluss hält und eher mit James Hillman & Michael Ventura zustimmt: 100 Jahre Psychotherapie - und der Welt geht's immer schlechter, scheint der Zusammenhang der Pferdeangst des Präsidenten mit seinem Vater nicht so einfach von der Hand zu weisen. In seinem neuen Buch über die Hintergründe der Entscheidung zum Irakkrieg hat Bob Woodward Erstaunliches berichtet:
Hat Mr.Bush seinen Vater um Rat gefragt? Ich fragte den Präsidenten dazu und Präsident Bush sagte - "Well, no" - und ging darüber in die Defensive. Und dann sagte er etwas, was mich sprachlos machte: "Er ist der falsche Vater, um ihn um Rat zu bitten. Der falsche Vater, um zu ihm zu gehen und um Stärke zu bitten." Und dann sagt er: "Da ist ein höherer Vater, den ich darum bitte."
Außerdem erfuhr Woodward zu seinem Erschrecken auch noch, dass der Präsident auch keines seiner führenden Kabinettmitglieder um Rat gefragt hatte:
Bei seiner Entscheidung, in den Krieg zu ziehen, fragte der Präsident weder den Verteidigungsminister für eine grundsätzliche Empfehlung noch den Außenminister... Aber der Präsident fragte Condi Rice, die nationale Sicherheitsberaterin, und Karen Hughes, seine politische Kommunikations-Beraterin. Beide, so Woodward, unterstützten den Kriegszug."
Neben dem Pferde- und Vaterkomplex und einem Hang zu Übermuttis hat sich Bush in seiner Neurotikerkarriere offenbar auch noch einen schweren Messias-Komplex eingefangen und glaubt tatsächlich - in erschreckender Parallelität zu seinem terroristischen Gegenspieler Osama Bin Laden - in göttlicher Mission unterwegs zu sein.
Wenn Bomben im Namen des Herrn explodieren, ist irdischer Rat, gar von erfahrenen Ministern und Militärs, nicht mehr vonnöten. Und so scheinen in Bushs Weißem Haus rationale Kommunikation und Konsultationen weitgehend außer Kraft - und ersetzt durch die Eingebungen höherer metaphysischer Instanzen auf der einen, sowie durch primatenhafte Körpersprache auf der anderen Seite. Der Präsident erklärte Woodward, dass er mit Tommy Franks persönlich über den Kriegsplan für den Irak sprechen wollte:
"Ich beobachte seine Körpersprache sehr genau", erinnerte sich Herr Bush. Er betonte die Körpersprache, die Augen, die Haltung. ... "Ist das gut genug für den Sieg?", erinnerte er sich, Franks gefragt zu haben, während er sich dabei in seinem Stuhl nach vorne beugte und seine Hand in einer Geste des Schneidens vor meinen Gesicht sausen ließ, um die Szene darzustellen.
Seit Jane Godalls Beobachtungen von Affen, so die Kolumnisten der New York Times, Maureen Dowd hätte es "eine derart lebendige Studie nonverbalen Primatenverhaltens", wie sie derzeit von den Alpha-Männchen in Washington zelebriert würde, nicht mehr gegeben. Neben dem kleinen George, als Kreuzritter ohne Pferd und Tadel, dominiert da vor allem der starke Dick - Vizepräsident Cheney - das Feld.
Zu einer luxuriösen Jagdparty ließ er nicht nur den wichtigsten Verfassungsrichter samt Familie auf Staatskosten einfliegen, sondern auch 500 Fasane und Enten einkaufen, die den Hobbykillern vor die Flinte getrieben wurden. Nicht erst seit Hermann Göring eine durchaus übliche Methode, höheren Jagdherrschaften Befriedigung zu verschaffen.
Doch bevor wir anhand des Verhältnisses von Mensch und Tier hier weiter auf den Charakter schließen - und am Ende noch ins Grübeln geraten, warum ausgerechnet Israels Premier Ariel Scharon ein Liebhaber deutscher Schäferhunde ist -, rufen wir doch lieber nach den Experten. Primaten-Therapeuten, übernehmen Sie!