Kroatische Zustände
Nicht nur Serbien kämpft im Medienkrieg
Einer meiner Freunde aus meiner Studienzeit ist heute Sprecher des kroatischen Außenministeriums. Wie Clinton hatte auch er eine außereheliche Beziehung mit einer Angestellten, mit der er ein Kind machte. Aber in Kroatien nahmen die Medien davon kaum Notiz - nicht weil die öffentlichen Personen in Kroatien weniger aufmerksam beobachtet werden, sondern einfach weil außereheliche Beziehungen im Vergleich mit schlimmeren Fällen ethischen Fehlverhaltens von vielen öffentlichen Personen verblassen.
Letzte Woche stellten sich zwei Angestellte der Zagrebacka Banka der Polizei, nachdem die Bank eine Belohnung von einer Million Kuna (167000 Dollar) für jede Informationen über Personen in Aussicht gestellt hatte, die das Bankgeheimnis verletzt und die Konten von Ankica Tudjman, der Frau des kroatischen Präsidenten, bekanntgegeben hatten. Die beiden müssen jetzt mit fünf Jahren Gefängnisstrafe rechnen. Frau Tudjman hingegen, eine Rentnerin und Vorstand einer Stiftung für Kinder, hat natürlich nichts zu befürchten.
Ankica Tudjman hat neun Konten auf der Zagrebacka Banka. Erst kürzlich zahlte sie Beträge von insgesamt einer halben Million Dollar auf zwei Konten ein. Sie erklärte, daß es sich dabei um die Einkünfte ihres Mannes aus Buchverkäufen handelt. Bei der Bekanntgabe der Eigentumsverhältnisse, die unlängst von allen Regierungsangestellten vom kroatischen Parlament verlangt wurde, gab Tudjman dieses Einkommen nicht an - und auch kein Einkommen seiner Frau. Selbst wenn sie also die Wahrheit sagt, daß diese für Kroatien außergewöhnlichen Geldbeträge aus Buchverkäufen stammen, liegt ein Versuch des Präsidenten Tudjman vor, diese Guthaben dem Parlament gegenüber zu verheimlichen (Überweisungen auf die Konten seiner Frau waren auch Bestandteil der Parlamentsuntersuchung).
Tudjman könnte so gehandelt haben, weil er sich als ärmer, als er wirklich ist, darstellen wollte, so daß er ein jährliches Einkommen erzielen würde, daß dem Jahresgehalt des amerikanischen Präsidenten entspricht. Das Parlament aber strich die Regierungsgehälter sowieso zusammen, und Tudjman erhält jetzt ein monatliches Gehalt von etwas mehr als 5000 Dollar (was noch immer die durchschnittlichen Monatsbezüge eines 76jährigen pensionierten Intellektuellen in Kroatien weit übersteigt, der ungefähr 250 Dollar erhält).
Dieser Skandal war der Gipfel einer Reihe von Ereignissen:
1) Die kroatische Regierungspartei verlor in den letzten Wahlen trotz Wahlkreisschiebungen und politischer Manipulation in Dubrovnik. Die Stadt gilt als wertvoll, weil ihr Name in der ganzen Welt bekannt ist.
2) Der Papst kam zum zweiten Mal nach Kroatien. Dieses Mal milderte er seine Kritik und sprach den umstrittenen Erzbischof Stepinac aus dem Zweiten Weltkrieg heilig. Danach stellte sich heraus, daß Kroatien ein Abkommen mit dem Heiligen Stuhl unterzeichnet hatte, um gesellschaftlich nützliche Kirchenaktivitäten aus dem öffentlichen Haushalt zu bezahlen (gutes Bargeld scheint also auch Woytilas Position und Glauben zu ins Wanken zu bringen).
3. Regierungsangestellte setzen offensichtlich Geheimdienste ein, um sich gegenseitig auszuspionieren. Manche setzen die Geheimdienste und ihre Medienableger ein, um einen Anschlag auf die Persönlichkeit von anderen vorzunehmen. Die Geschichte kam auf, als Tudjmans Personalchef Sarinic an die Öffentlichkeit trat, um dessen Sicherheitsberater anzuklagen, Haßartikel gegen ihn zu finanzieren.
4) Tudjman entließ seinen Personalchef, der zur sogenannten gemäßigten Fraktion der HDZ gehörte. Zwei weitere Gemäßigte kündigten. Die Differenz zwischen den Gemäßigten und den Hard-liners in der HDZ, der das internationale Ansehen Kroatiens am meisten betrifft, ist ihre unterschiedliche Meinung bei dem Thema, das Dayton-Abkommen in Bosnien umzusetzen. Indem Tudjman Sarinic zugunsten von Pasalic entließ, schmälerte er die europäischen Integrierungsbemühungen Kroatiens entscheidend.
5) In der letzten Ausgabe der Feral Tribune schrieb der Herausgeber Viktor Ivanvic einen Artikel, in dem er Tudjman beschuldigte, das Durcheinander zu benutzen, um dieselben Methoden in Kroatien zu praktizieren, die Serbiens Milosevic gegen die unabhängigen Medien in seinem Land einsetzt. Auch wenn Kroatien nicht von einer NATO-Bombardierung bedroht wird, ist die Toleranz der Politiker gegenüber Kritik in den Medien minimal. Sie können eine Anklage erheben, auch wenn der Artikel über sie wahr ist, sofern er ihnen geistiges Leiden bereitet. Daher können sie stehlen und lügen, ohne daß man darüber schreiben darf, weil sie dann leiden müssen ...
Der Verlierer im Balkan. Die UCK versagt im "Medienkrieg".